Die Waffenbrüder von Antares
einen vielsagenden Ton an. »Ein Wort – und du erleidest dasselbe Schicksal!«
19
Ich, Dray Prescot von der Erde und von Kregen, versehen mit einem blumigen Kranz gutklingender Namen, schritt in meiner Zelle auf und ab – vier Schritte nach Süden, vier Schritte nach Norden, immer wieder, und wenn ich ab und zu mit der Faust gegen die Steinmauern hämmerte, bis mir die Knöchel schmerzten, so war das ein äußeres Zeichen für mein Empfinden. Zair und Opaz und Djan hatten mich schmählich im Stich gelassen.
Mancher Kreger wäre in meiner Lage davon überzeugt gewesen, Havil der Grüne oder Lem der Silber-Leem hätten endgültig gesiegt. Ich aber brachte es nicht über mich, mir vorzustellen, daß der verhaßte Grodno auch nur dieselbe Luft atmete wie Zair – obwohl ich hier Dinge gesehen hatte, an deren Realität ich nicht vorbeischauen konnte. Ich war in dem übelriechenden Palast der Königin Thyllis von Hamal eingesperrt. Ich hatte Szenen erlebt, die mich auf den Gedanken gebracht hatten, daß die verdammten Grodnim der grünen Nordküste des Binnenmeeres vielleicht doch nicht so übel waren wie andere Kreger. In dieser Burg herrschte das Böse. Königin Thyllis wußte von den lohischen Königinnen des Schmerzes – sie kannte die Überlieferungen. Bewußt richtete sie sich nach den Schreckenslegenden, die sich mit Namen und Taten dieser Herrscherinnen verbanden. Im Vergleich zur lebendigen, intelligenten Bosheit von Königin Thyllis war die dicke Königin Fahia von Huringa in Hyrklana ein ahnungsloser Engel. Auch Königin Lilah aus Hiclantung, mit der ich so manches erlebt hatte, machte rückblickend auf mich einen geradezu charmanten Eindruck. Königin Thyllis übertraf sie alle. Ich, Dray Prescot, Lord von Strombor, Krozair von Zy, war allen Ernstes entschlossen, den Kopf einzuziehen, solange sie in der Nähe war. Daß ich es letztlich doch nicht dazu kommen lassen würde, munterte mich wieder etwas auf. Was würde Thyllis tun, wenn ich ihr den blutigen Schwanz eines Leem in das kalte, starre Gesicht schleuderte?
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken – und ich zwang mich zum logischen Denken. Erstens: sämtliche havilfarischen Völker hatten beschlossen, unter keinen Umständen Flugboote an den Kontinent Loh zu verkaufen. Dieser Bann erstreckte sich außerdem auf Pandahem. Inzwischen kannte ich den Grund, ein Rätsel, das mich lange beschäftigt hatte. Die Antwort war einfach. Vor vielen Jahren, als die Königinnen des Schmerzes an der Macht waren, als das Reich von Walfarg, allgemein auch Reich von Loh genannt, in höchster Blüte stand und unter anderem auch über Pandahem herrschte, da hatten die Havilfarer ständig unter Invasionen zu leiden. Heute hätten sie einen Lohier eher aufgespießt, als ihm einen Voller verkauft. Eine einfache menschliche Reaktion, die erhebliche Auswirkungen haben sollte.
Zweitens plagte mich der frustrierende Gedanke, daß ich das Vollergeheimnis zu fünfzig Prozent gelöst hatte. Ich hatte das kribbelige Gefühl, daß die Weisen Vallias vielleicht mehr über das verdammte Cayferm wußten als ich. Wenn ich nur nach Hause zurückkehren könnte, ließe sich im Nu ein Voller-Bauprogramm schaffen. Ich wußte endlich, warum die Flugboote, die die gemeinen Hamaler an Vallia, Zenicce und andere Völker verkauften, unzuverlässig waren. Die Mischung der Mineralien, die in die Maschinen eingegeben wurden, waren nicht ausgewogen – absichtlich. Die Mechaniker des vallianischen Luftdienstes würden die Kästen schütteln müssen, um die verklumpten Mineralien zu lösen. Außerdem gab es Brüche in den Gestängen, mit denen die Voller gesteuert wurden.
All dies hatte ich gelöst – doch ich saß in einer Zelle fest!
Können Sie es mir verdenken, daß ich mich aufregte, als ein Hikdar mit einer Abteilung Männer kam, um mich ins Freie zu zerren? Ich drehte durch. Ich hieb auf die Männer ein, warf ihnen die Ketten um die Hälse, trat ihnen die Füße unter dem Leib fort, hämmerte auf sie ein und begann sogar zu beißen. Sie wagten es nicht, mich zu töten – und dieser Angst verdanke ich mein Leben. Schließlich überwältigten sie mich durch schiere zahlenmäßige Überlegenheit und zerrten mich fort.
Die Erinnerung an meine Zeit im dekadenten Palast der Königin Thyllis bereitet mir wahrhaftig keine Freude. Sie war eine berechnende Hexe. Sie wußte genau, was sie mit mir anstellen wollte. Ich glaube nicht, daß ihr Verhalten sexuelle Gründe hatte. Sie hatte mich
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