Die Waffenhändler von Hamor
Jerans einbiegt. Lorn blickt zurück nach Inividra, wo zwei ältere Lanzenkämpfer die inneren Tore schließen; ein Außenposten, der nun bis auf Nesmyl, die Köche und weniger als ein Dutzend Lanzenkämpfer verlassen ist.
Weder zum ersten noch zum letzten Mal, so vermutet Lorn, fragt er sich, ob er alles erreichen kann, was er sich vorgenommen hat.
Bei seinen Beobachtungen im Glas am vorhergehenden Nachmittag und noch einmal am Morgen waren nur im Nordosten Barbarenbewegungen zu erkennen, an einem Ort, der näher an Syadtar liegt. Das ergibt auch Sinn, denn der späte Schnee, der Frühlingsschnee, ist bloß im Westen gefallen, aber die Straßen sind matschig und die meisten Barbaren scheinen ohnehin noch entweder mit der Aussaat oder ihren Herden und anderen Frühlingsarbeiten beschäftigt zu sein.
Lorn richtet die Schultern gerade und beobachtet die Straße vor sich.
LXI
L orn trägt die weiße, geölte Winterlederjacke offen, obwohl gelegentlich eine frische Brise aufkommt. Ihm ist warm, doch schwitzen muss er nicht, als er auf der schmalen Straße, die eigentlich nur ein Pfad ist und aus den Grashügeln hinausführt, nach Nordwesten reitet. Während der drei Tage, die die cyadorischen Streitkräfte nun unterwegs sind, hat sich die hohe Bewölkung nicht verändert. Es fiel allerdings nur leichter Regen und das auch nur gelegentlich. Seit kurz nach der Dämmerung sind die Spiegellanzenkämpfer nun vom Regen verschont geblieben und jetzt steigt Nebel aus den Hügeln im Nordwesten, wo der warme Regen den letzten Schnee schmilzt. Ungefähr fünf Meilen hinter diesen Hügeln befindet sich die erste barbarische Ansiedlung auf der Route durch Jerans, wenn Lorns Landkarten stimmen.
Der Sub-Major reitet mit Emsahl an der Spitze der Kolonne auf einer Straße aus weichem Lehm, die jedoch nur wenige Pfützen und schlammige Abschnitte aufweist. Direkt hinter ihnen reiten Emsahls Haupttruppenführer und der Untertruppenführer der Ersten Einheit der Dritten Kompanie.
»Wir wenden uns von Clynya ab, oder irre ich mich, Ser?«, fragt Emsahl.
»Die Barbaren, die Assyadt angreifen, kommen aus Nordwesten, meist aus den Städten entlang der Nebenflüsse des Jeryna«, erklärt Lorn. »Dorthin reiten wir.«
»Ihr habt das schon eine Weile geplant, Ser.« Emsahl spricht den Satz als Feststellung aus, nicht als Frage.
»Ja, seit Rhalyt fragte, warum wir nur herumsitzen und warten.« Lorn runzelt die Stirn, während er die Hügel studiert. »Die erste Stadt sollte auf der anderen Seite liegen, hinter diesem Pass. Dort gibt es einen Bach, das erste richtige Gewässer auf der Nordseite der Grashügel.«
»Wusstet Ihr, dass Ihr nach Inividra versetzt werdet, Ser?«, fragt der ältere Hauptmann.
»Ich wusste nur, dass man mich an einen Ort schicken würde, wo ich gegen Barbaren kämpfen muss«, antwortet Lorn.
»Ihr sammelt bestimmt schon lange Karten und anderes Material über die Barbaren. Das müsst Ihr, bei Eurem großen Wissen.«
»Wenn man nicht als Spiegellanzenkämpfer geboren wird, dann weiß man, dass man irgendwann gegen Barbaren kämpfen muss«, erklärt Lorn. »Da ist es sinnvoll, man lernt rechtzeitig, so viel man nur kann.«
»Leider tun nicht alle Menschen immer nur Sinnvolles.«
»Das stimmt wohl.« Lorn lacht. »Dann lasst uns hoffen, dass wenigsten das, was die Späher herausgefunden haben, einen Sinn ergibt.«
Der bärtige Emsahl brummt eine Zustimmung.
Der Vormittag ist schon lange angebrochen, als Lorn die Späher wieder auf sich zukommen sieht. Er wendet sich an den Hauptmann. »Emsahl, einer Eurer Lanzenkämpfer soll die Offiziere zusammenrufen.«
»Ja, Ser.« Der ältere Offizier dreht sich im Sattel um. »Dwyt, schick einen Boten. Alle Offiziere sollen zum Major kommen, schnell.«
»Wir werden hier anhalten, die Männer können die Formation für eine Weile auflösen.« Lorn dreht sich um. »Kompanien! Halt!«
»Kompanien halt!« Der Befehl hallt durch die lange Kolonne, während Lorn den Spähern etwa fünfzig Ellen entgegenreitet.
Emsahl reitet hinter ihm her, gefolgt von den anderen Offizieren, einer nach dem anderen kommen sie von hinten angeritten. Gyraet, der mit seiner Sechsten Kompanie das Ende der Kolonne bildet, zügelt als Letzter in der Runde der Offiziere sein Pferd, wenige Augenblicke bevor die zwei Späher anhalten.
»Kommt erst zu Atem und berichtet dann«, sagt Lorn.
»Ja, Ser«, antwortet der bärtige, ältere Lanzenkämpferspäher. »Wir sind auf die andere Seite des
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