Die Waffenhändler von Hamor
für sein Überleben und seinen Erfolg in Biehl.
Also wartet er auf die Schergen, die da sicher kommen werden, und setzt sich in die Dämmerung, um erneut über die erste Frage seines Vaters nachzudenken: Was ist es, das Cyads Existenz sichert? Alle Städte existieren, weil das Volk dort leben will, und zwar besser als an einem anderen Ort. Warum? Oder wie? Handel? Aber Handel setzt voraus, dass ein Volk mehr von einem Gut produziert, als es selbst benötigt, und es müssen genug Lebensmittel und ausreichend Unterkünfte vorhanden sein, um zu überleben.
Schließlich nickt er und löscht das Licht im Arbeitszimmer, dann geht er in den Schlafraum, wo er die Lampe ebenfalls löscht. Wie bei den meisten Magi’i sind seine Nachtsinne sehr gut ausgeprägt. Außer zum Lesen oder Schreiben braucht er nachts kein Licht.
In der Dunkelheit betrachtet er noch einmal die Feuerlanze, die er sich am Nachmittag aus der Waffenkammer genommen hat. Nun ist sie voller als zuvor und er stellt sie auf das Gesims neben der Doppeltür zum Schlafzimmer.
Dann kehrt er zurück ins Arbeitszimmer, wo er sich auf das Bild des Mannes konzentriert, den er am Nachmittag und am frühen Abend schon einmal durch das Glas verfolgt hat. Drei dunkle Gestalten reiten eine schmale Gasse entlang, vorbei an etwas, das Lorn für die Tongrube südlich der Kaserne hält.
Lorn beobachtet die Männer durch das Glas, dann lässt er das Bild verblassen und nickt. Er geht zurück in den Frühstücksraum und öffnet das Fenster einen kleinen Spalt breit, gerade so weit, dass er etwaige Geräusche im Hof hören kann. Er sitzt auf demselben Platz, an dem er zuvor gegessen hat, und wartet.
Als er glaubt, dass genug Zeit verstrichen ist, schleicht er zurück ins Arbeitszimmer und bemüht noch einmal das Glas. Die Letzte der drei Gestalten lässt sich an einem Seil an einer Ziegelmauer hinunter – es ist die Kasernenmauer. Lorn holt die Feuerlanze und stellt sie in die Ecke neben dem Durchgang zur Küche. Er löst die Säbelscheide vom Gürtel und legt sie auf den Tisch, nachdem er die brystanische Klinge gezogen hat. So bleibt er in der Dunkelheit stehen, die für ihn nicht anders als die frühe Abenddämmerung wirkt, und wartet.
Er weiß nicht genau, wie lange er so dasteht, aber plötzlich fühlt er die Gegenwart der drei Männer auf der hinteren Dienstbotentreppe, sie schleichen herauf in seine Gemächer. Das leise Klicken eines Schlüssels im Schloss ist Lorn Bestätigung genug.
Die drei stehlen sich wortlos in die Küche, zwei tappen durch den Torbogen in den Hauptraum hin zur geschlossenen Doppeltür des großen Schlafzimmers. Eine kleinere Gestalt bleibt in der Küche zurück und wartet an der Tür.
In der Dunkelheit schleicht Lorn sich an. Derjenige, der Wache steht, späht ins Dunkle, er erwartet die Rückkehr der Kumpanen. Lorn bewegt sich vorwärts und drückt ihm den Chaosverstärkten brystanischen Säbel an die Kehle; gleichzeitig schlägt er ihm den schweren Schlagstock aus der Hand.
Die gurgelnden Laute sind kaum hörbar, aber der dumpfe Schlag, als der Körper des Mannes zu Boden fällt, und das Klirren der Waffe hallen laut durch die Küche.
Lorn ignoriert das Geräusch, holt sich mit drei langen Schritten die Feuerlanze und begibt sich zur Tür zwischen Frühstücks- und Hauptraum.
»Er ist nicht da!«, zischt eine Stimme.
»Im Arbeitszimmer!«
Lorn legt die Feuerlanze an und nimmt seine Chaos-Sinne zu Hilfe, um den Feuerstrahl fest zu bündeln. Hssst! Hsst!
»Aaaah!« Ein kurzer Aufschrei ist das einzige Geräusch, das Lorns Gemächer verlässt.
Er holt tief Luft und geht zu den beiden Körpern, die beide ausgestreckt und mit verbrannten Köpfen daliegen. Lorn kämpft gegen ein Würgegefühl an und bleibt kurz stehen. Die drei sind zwar gekommen, um ihn zu töten, aber es gefällt ihm ganz und gar nicht, dass er nun zum Mörder geworden ist. Nur hatte er keine Wahl. Er hätte sie nicht gefangen nehmen können, und selbst wenn er es gekonnt hätte, sie hätten nichts gesagt, und er hätte wie ein Narr ausgesehen, wenn er Flutak beschuldigt hätte, die Schergen angeheuert zu haben. Dann würden vermutlich immer wieder neue Mordversuche auf ihn verübt werden, die er abwehren müsste, wenn ihm das überhaupt möglich wäre, und andere gefährliche Anschläge: angefangen bei Vergiftungsversuchen bis zu allem anderen, was Flutak sich ausdenken kann – und mit jedem Anschlag würden seine Aussichten auf Erfolg schwinden.
Schließlich
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