Die Waffenhändler von Hamor
kann, dann erlegt er den Mastiff. Er wartet einen Augenblick, aber der dumpfe Aufschlag des Körpers auf dem Boden bleibt unbemerkt.
Lorn springt von der Mauer in den Innenhof, wo er noch mehr von der Ladung darauf verwendet, die Spuren von Wache und Mastiff zu beseitigen. Er wirft die Münzen und Metallnägel über die Mauer, bevor er die Klinge des Wachmanns sorgfältig auf den Hocker legt und sich auf den Weg zur Hintertür macht.
Seine Sinne sagen ihm, dass sich im Haus niemand bewegt, obgleich im südlichen Flügel der Villa wohl Dienstboten schlafen. Die zwei Wachen vor dem Haus bleiben, wo sie sind.
Ist Flutak der edle und ehrliche Buchhalter, den seine Stellung verlangt?
Er, der beträchtliche Teile der Soldgelder niemals an die Spiegellanzenkämpfer ausgehändigt hat? Der drei Wachen vor seinen Türen stehen hat und einen gefährlichen hamorischen Mastiff hält? Der die größte Villa in ganz Biehl besitzt und drei bezahlte Mörder auf Lorn gehetzt hat, nachdem dieser angedeutet hat, dass etwas nicht so ist, wie es sein sollte?
Das einzige Geräusch verursacht der Wind in den Schutzhecken. Lorn schürzt unschlüssig die Lippen. Zu handeln, bevor irgendjemand es vermutet, hat gewisse Vorteile, es sei denn, Flutak hat Ähnliches vor. Lorn hofft, dass er besser vorgesorgt hat als der Buchhalter.
Die Hintertür, die durch eine kleine Hecke abgeschirmt ist, vor der die Wache saß, ist von innen verriegelt. Lorn studiert sie kurz mit seinen Chaos-Sinnen, dann hebt er die Lanze und richtet den Lauf auf den kleinen Spalt zwischen Tür und Rahmen. Er betätigt den Abzug und formt das Chaos zu einem dichten Strahl.
Seine Stirn ist leicht feucht, als das Chaos sich durch den schweren Riegel gebrannt hat, aber die Tür ist noch immer verschlossen. Lorn lässt seine Chaos-Sinne über die Metallplatte im Schloss gleiten. Als schließlich der Bronzeriegel des Schlosses unter dem Druck des geballten Chaos zurückschnellt, stehen ihm die Schweißperlen auf der Stirn. Erst dann lässt sich der Riegel anheben und die Tür schwingt völlig geräuschlos auf.
Der große, geflieste Raum, der sich vor Lorn auftut, ist leer.
Er schenkt den stärker werdenden Kopfschmerzen keine Beachtung und geht den kurzen Flur entlang zum Schlafzimmer; dabei fragt er sich, ob er wohl noch einen Türriegel zerstören muss. Das bleibt ihm jedoch erspart. Wie die meisten Schlafkammern in cyadorischen Häusern, verfügt die Tür zu Flutaks Schlafzimmer lediglich über ein einfaches Schloss und das lässt sich leicht öffnen. Lorn schleicht in die Kammer, wo der schlafende Buchhalter laut schnarcht.
Hssst! Aus der Feuerlanze flammt ein Blitz.
Da schießt hinter dem massigen Körper des Buchhalters eine schlanke Gestalt in die Höhe, den Mund weit aufgerissen.
Hssst! Die Feuerlanze flammt ein zweites Mal auf. Lorns Finger zittern, als er die Waffe senkt. Mehrere Sekunden lang steht er stocksteif da, dann schluckt er geräuschlos. Er weiß, dass er keine andere Wahl hatte, nicht nachdem er Flutak schon umgebracht hatte. Hätte Lorn die Lanze nicht ein zweites Mal eingesetzt, hätten alle von seiner Tat erfahren – durch einen Zeugen oder auch flüchtende Dienstboten, die ebenso Bescheid gewusst hätten, ganz zu schweigen von den Wachen an der Vordertür.
Auch kann er es sich nicht leisten, Nacht für Nacht auszureiten, nicht nachdem er schon einen Mastiff und eine Wache getötet hat. Er presst die Lippen aufeinander, seine Augen brennen. Warum müssen immer Unschuldige in die Machenschaften von Betrügern verstrickt sein?
Hätte er irgendetwas anders machen können? Lorn weiß, dass er sich diese Frage noch mehr als einmal stellen wird, und lehnt die Feuerlanze sorgsam gegen die Wand. Dann zerrt er – wie schon zuvor in seinen eigenen Gemächern – die zwei Gestalten auf eine geflieste Stelle am Boden und führt die Feuerlanze über beide Körper, wobei er seine Chaos-Sinne benutzt, um die Flammen zu steuern und zu verstärken. Diesmal gibt es keine Metallteile, die er entsorgen müsste. Auf den Laken sind noch braune Flecken zu sehen, doch dagegen kann er nichts machen. Auch kann er nicht mehr ändern, was er getan hat; die Frau ist tot.
Mit einem weiteren leisen Seufzer schleicht er über den Flur zur Tür und hinaus in den Hof; den entzweigebrochenen Türriegel nimmt er mit. Er klettert über die Mauer und macht einen weiten Bogen um die Villa.
Die braune Stute steht brav neben dem Goldeichenbaum. »Ruhig …« Lorn bindet sie los
Weitere Kostenlose Bücher