Die wahre Koenigin
Ohren zugehalten. „Er hat sich in Agnes Keith verliebt, und ich hoffe, es macht ihn ein wenig sanfter. “ Mittlerweile perlten Schweißtropfen auf Merediths Stirn. Lange würde sie es in ihrer unbequemen Lage nicht mehr aushalten. Sie war in ihrem Versteck so eingezwängt, dass sie weder sitzen noch stehen konnte. Dazu kam das Gewicht des schweren Umhangs, der auf ihre Schultern drückte und jede Bewegung unmöglich machte. Die stickige Luft und die Hitze wurden unerträglich. Und die Hunde! Noch immer schnüffelten sie an der Tür. Wann würden sie sich endlich vor das Feuer legen, wie sie es sonst auch taten? Warum mussten sie ausgerechnet jetzt auf sie aufmerksam werden?
„Ach ja, Agnes, seine junge Braut.“ Brice lachte. „Sind die beiden glücklich?“
„Na ja, zumindest kann James jetzt an jemand anderem herumerziehen.“
„War’s so schlimm?“, fragte Brice voller Teilnahme. Meredith hörte, wie seine festen Schritte sich näherten. Dann ein Klaps. „Fort mit euch! Wie führt ihr euch auf!“ Wimmernd verzogen sich die Hunde, um gleich darauf wieder den sie erregenden Duft an der Schranktür zu erkunden.
„Oh Brice, ich könnte Euch Geschichten erzählen. Die letzten Tage in Frankreich waren die reinsten Höllenqualen.“ „Arme Mary!“ Wieder hörte Meredith Schritte. Sie spürte, dass Brice auf die Frau zuging, und ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Zu dumm, dass sie nichts sehen konnte.
Da entdeckte sie einen schmalen Riss in der Tür, und mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie Brice die junge Frau in die Arme nahm. „Ich weiß, wie sehr Ihr Francois vermisst.“ „Mein cheri Francois“, seufzte Mary. „Ja, ich vermisse ihn schrecklich. Aber das ist es nicht allein. Es ist die Stimmung in Edinburgh. Kein Lachen mehr, keine Musik, keine Fröhlichkeit.“ Sie senkte die Stimme. „Und alles nur wegen dieses grauenhaften kleinen Mannes, der den Weltuntergang predigt.“
„Ah, Knox, der Seelenfänger. Er versteht es, sich Gehör zu verschaffen und sich das Vertrauen der Leute zu erschleichen.“
„Er beobachtet und wartet ab, Brice.“
„Worauf soll er warten?“
„Er wartet, dass ich einen Fehler mache, damit er mich öffentlich anprangern kann.“
Schweigen breitete sich in dem Raum aus. Meredith sah Brice und die Frau zum Fenster schlendern. Die Hunde, die ihrem Herrn sonst überallhin folgten, rührten sich nicht vom Schrank weg.
Meredith hörte das Kaminfeuer knistern, aber sie hatte das Gefühl, in der Hölle zu schmoren. Die Hitze in ihrem winzigen Verlies wurde unerträglich und die Luft immer knapper. Bald, das fühlte Meredith, würde sie ersticken.
„Passt auf, dass Ihr ihn nicht beleidigt, Mary. Er könnte Euch großen Schaden zufügen.“
„Er tut es schon jetzt, Brice.“ Die junge Frau stieß einen tiefen Seufzer aus. „Oh, wie ich mich nach Festen, nach Tanz und Liedern sehne. Ich vermisse die Heiterkeit Frankreichs. Ich möchte tanzen, Brice, feiern und ... den Hof gemacht bekommen. Mit achtzehn Jahren schon Witwe - oh Brice, ich fühle mich wie lebendig begraben. Es ist schrecklich. Ganz schrecklich.“
„Meine arme Mary“, sagte Brice mitfühlend, aber Meredith hörte ein verhaltenes Lachen in seiner Stimme. „Ihr seid viel zu schön, zu jung und lebenshungrig, um zu solch einem freudlosen Leben verdammt zu sein. Welcher Mann würde nicht sein Herz an Euch verlieren?“
„Und Ihr? Wie sieht es in Eurem Herzen aus?“ Ein lockender, verführerischer Ton lag in Marys Stimme.
„Ihr wisst, dass alle Männer, die mit Euch nach Frankreich zogen, in Euch verliebt waren.“
„Mir könnt Ihr nichts vormachen, Brice. Ihr wart der einzige Schotte, der sich nicht vom Zauber Frankreichs hat mitreißen lassen.“
„Aber nur, weil ich Sehnsucht nach den Highlands hatte. Und ich wollte mich nicht von dem angenehmen Leben, das Ihr uns in Frankreich botet, verführen lassen. “
„Seid Ihr deshalb so überstürzt abgereist?“
„Ja. Ich musste nach Hause zurück, sonst wäre es um mich geschehen gewesen.“
„Armer Brice. War es das alles wert?“
Langes Schweigen. Minutenlang vernahm Meredith als einziges Geräusch das Prasseln des Feuers. Sie lehnte sich schwer gegen die Schranktür. Ihr war schwindelig. Der dicke Umhang erdrückte sie. Wenn es ihr nicht gelang, sich daraus zu befreien, würde sie in Ohnmacht fallen.
Vorsichtig schälte sie sich aus dem Mantel. Den einen Arm hatte sie schon herausgezogen, und mit einem befreiten Seufzer schob sie
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