Die wahre Koenigin
und damit ist die Fehde beendet.“
Meredith hielt erschrocken die Hand vor den Mund und warf einen verstohlenen Blick zu Campbell hinauf. Er glaubte, Gareth getötet zu haben.
Sie beugte sich über Desmond. Er atmete nicht mehr, sein Blick war starr auf sie gerichtet. Als sie mit der Hand über sein Gesicht fuhr, sah sie aus dem Augenwinkel, wie Gareth ihre Schwester Brenna packte und sich hinter einem hölzernen Pfeiler versteckte.
Das Herz klopfte Meredith bis zum Hals. Ihre Schwester wurde als lebender Schutzschild benutzt. Sie war in höchster Gefahr.
„Und damit ihr alle wisst, dass Brice Campbell ein gerechter Mann ist“, ertönte wieder von oben die Stimme, „werde ich das Leben von Gareth MacKenzies Braut verschonen. “ In dem Moment, als Campbell sich zurückziehen wollte, schwirrte aus der Deckung der Säule ein Pfeil durch die Luft. Er verfehlte sein Ziel nur knapp und schoss an Campbells Kopf vorbei durch das Fenster. Campbells Männer handelten augenblicklich, und Minuten später lagen zu beiden Seiten des Kirchenganges mehr als ein Dutzend Männer in ihrem Blut.
Ein wüstes Durcheinander entstand. Frauen schrien, Kinder weinten, und die Männer suchten in panischer Hast Deckung, während sie ihre Bögen spannten. Noch immer am Boden kauernd, spähte Meredith nach ihren Schwestern. Nach einer endlos scheinenden Weile entdeckte sie Megan hinter dem Altar. Auch Brenna war offenbar verletzt. Sie lag unweit von Gareth am Boden und hielt sich die Hände schützend über den Kopf.
„Was für ein Dummkopf!“, rief der Mann am Fenster. „Die Fehde sollte beendet sein, aber einer unter euch scheint den Krieg zu wollen. Ihr werdet alle den Tag bereuen, an dem ihr eure Lady der Rachsucht geopfert habt. Ihr Blut klebt an euren Händen.“
Ehe Meredith es sich versah, schwang der Mann sich an einem Tau durch die Luft und packte sie mit seinem freien Arm. Als ihre Blicke sich für Sekunden trafen, schien er den Atem anzuhalten. Seine wütende Miene glättete sich für einen Moment.
Meredith fühlte sich wie ein Blatt im Wind, als zwei Hände, stark wie eine Schraubzwinge, sie mühelos hochhoben. Dicht
an Campbells Körper gedrückt, spürte sie das Spiel seiner starken Muskeln. Sie schwebte in die Höhe. Auf der Fensterbrüstung setzte Campbell sie ab, und ein plötzlicher Schwindel erfasste sie.
Sie schwankte und streckte haltsuchend die Arme aus. Der Angstschrei erstarb ihr auf den Lippen, als Campbell sie an sich zog und festhielt.
- „Wenn auch nur einer von euch eine Waffe anrührt, stirbt die Lady“, rief Brice Campbell drohend ins Kirchenschiff hinunter.
Meredith spürte seinen unbändigen Zorn, obwohl er ihn zu. beherrschen versuchte. Sie beobachtete sein Gesicht. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er nach unten. Als nichts sich rührte, entspannten sich seine Züge. Er griff nach dem Seil, drehte sich um und schwang sich, seine Geisel fest im Arm, aus dem Fenster. Ein weicher Aufsprung im Gras', eine schnelle Bewegung, und Meredith wurde auf den Rücken eines Pferdes gehoben.
Ehe sie einen klaren Gedanken fassen konnte, fiel das Pferd in Galopp, gefolgt von dem wilden Tross der Schützen. Dann entschwand die Horde in dem aufsteigenden Nebel, verlor sich in den Wäldern des wilden und gefürchteten Hochlandes.
Merediths Herz- raste im Rhythmus der donnernden Pferdehufe. Der Mann, der sie gefangen hielt, war der stärkste, wildeste, furchterregendste Mann, dem sie je begegnet war. Während er sein Pferd in dem unwegsamen Gelände vorantrieb, hielt er sie leicht im Arm, wie ein Kind sein Kätzchen. Die Muskeln seiner Arme waren stark und fest, sein dunkles Haar, dem die Morgensonne einen kupferroten Schimmer verlieh, hing ihm in wirren Locken in die Stirn.
Meredith starrte ihren Entführer fasziniert an. Seine Augen waren es, die sie gefangen hielten. Dunkle, durchdringende Augen, deren Blick sich in ihren senkte und ihren bannte. Sie wollte sich abwenden, aber sie konnte es nicht.
„So, Mylady. Nun seid Ihr Witwe geworden, bevor Ihr in den Genuss der Liebe kamt. Es ist Euch nicht vergönnt, sich von MacKenzies Charme bezaubern zu lassen.“ Campbell verzog das Gesicht zu einem höhnischen Lächeln. „Ein Jammer, dass
Ihr Eure Hochzeitsnacht in einer armseligen Hütte auf den Highlands verbringen müsst.“
Meredith biss sich auf die Lippe und senkte den Blick, damit dieser Barbar nicht ihre Angst sah. Ein Wilder hatte sie entführt, ein kaltblütiger Wilder. Der Hochland-Barbar.
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