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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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lachte. »Nehmen Sie sie nur mit. Nehmen Sie sie mit und verschwinden Sie!«
    Beim Herumfuchteln mit steifen Fingern traf er Silje im Bauch, sie hatte versucht, sich dem Mann zu nähern.
    »Und hol Verstärkung«, schrie sie und sprang einen Schritt zurück. »Sofort!«
    Endlich ließ Erik seine Arme sinken. Sein Mund war unerträglich trocken. Er biß sich auf die Lippe. Und er vergrößerte diese Wunde noch, indem er seine Schneidezähne in das weiche Fleisch bohrte, er spürte, wie weh es tat.
    Verwundert nahm er den Geschmack seines eigenen Blutes wahr und zog endlich sein Telefon hervor.
    »Du hörst schon, hier ist der Bär los. Wo in aller Welt hast du gesteckt? Du siehst … total krank aus. Ist was passiert?«
    Hanne Wilhelmsen sah wirklich jämmerlich aus. In ihrem Eifer, ihr von den Ereignissen des Tages zu berichten, hatte Annmari gar nicht gemerkt, daß die Augen der Kollegin blutunterlaufen und geschwollen waren. Der Mund wies einen fremden, resignierten Zug auf; eine Verletzlichkeit, die Annmari ihres Wissens noch nie bei Hanne gesehen hatte. Hanne wirkte durch und durch niedergeschlagen.
    »Gestern abend ist mir ein Gespenst begegnet«, sagte Hanne mit freudlosem Lächeln. »Und der heutige Tag war davon dann irgendwie geprägt. Aber ich lebe noch. Ist das nicht das Wichtigste?«
    »Wo hast du denn gesteckt?«
    Hanne antwortete nicht sofort. Es war eine halbe Stunde vor Mitternacht, hinter den kalten Fensterscheiben war alles schwarz. Am Tischrand flackerte eine Kerze. Sie war fast niedergebrannt.
    »Damit solltest du vorsichtig umgehen«, sagte Hanne müde. »Beim letztenmal hättest du fast das ganze Haus angesteckt.«
    »Ich hab die Manschette weggenommen, die letztes Mal Feuer gefangen hat. Wo hast du nun gesteckt? Dieser Tag war der totale Wahnsinn. Der Fall Stahlberg braust weiter wie ein Expreßzug, und ich wäre sehr viel glücklicher, wenn meine Hauptermittlerin einsähe, daß sie dabei erreichbar …«
    »Ich habe gearbeitet«, fiel Hanne ihr ins Wort. »Das wirst du dir ja wohl denken können. Erst habe ich sehr lange geschlafen. Und dann habe ich mich an die Arbeit gemacht.«
    Aus ihrer geräumigen Schultertasche zog sie zwei Plastiktüten. Sie knallte sie zwischen sich und die Polizeijuristin auf den Tisch.
    »Wenn ich mich nicht sehr irre«, sagte sie, »dann sind das die Waffen, mit denen vorige Woche Donnerstag vier Menschen ums Leben gebracht worden sind. In zwei oder drei Tagen werden wir das sicher wissen. Und das hier …«
    Sie legte ein Dokument neben die Waffen.
    »… ist eine von mir verfaßte Aktennotiz. Darüber, wie sie gefunden worden sind. Ich habe die Geschichte so weit wie möglich geschönt, um einem vielversprechenden, aber ziemlich naiven und übereifrigen Jungspund nicht die Polizeikarriere zu ruinieren, noch ehe sie angefangen hat. Ich bitte dich, mir dabei den Rücken zu stärken. Er heißt Audun Natholmen. Merk dir den Namen.«
    Annmari rührte sich nicht. Sie starrte Hanne an. Ihr leiser Atem, kurz und keuchend, bildete das einzige Geräusch im Raum.
    Hanne verschränkte die Arme über der Brust, lächelte müde und schloß die Augen.
    Die Waffen, eine Pistole und ein Revolver, beide in Plastiktüten, lagen vor ihr, ohne daß sie auch nur gewagt hätte, sie sich genauer anzusehen. Die Kerze flackerte und war nun wirklich fast heruntergebrannt, der Docht zischte schon. Die Deckenlampe flackerte ebenfalls, blau und bedrohlich. Dann erlosch die Neonröhre.
    »Machst du Witze«, fragte Annmari Skar endlich. »Willst du dich über mich lustig machen, Hanne Wilhelmsen?«
    Ihre Stimme klang ängstlich, fast kindlich.
    »Bist du krank?« fügte sie plötzlich hinzu, ihre Stimme zitterte. »Hanne! Was um Himmels willen soll das? Du siehst krank aus! Woher hast du das hier?« Hanne öffnete langsam die Augen, wie aus einem Traum erwachend, den sie nicht vergessen wollte.
    »Hier ist es so dunkel«, sagte sie und beugte sich zur Tischlampe vor. »So, das ist besser. Nein, ich bin nicht krank. Ich bin …«
    Mit der rechten Hand schob sie Annmari ihren Bericht hin, aber die wollte ihn nicht anrühren.
    »Erklär mir das lieber mündlich. Erzähl.«
    »Lies«, sagte Hanne.
    Zögernd, und noch immer ohne die Schußwaffen genauer anzusehen, nahm Annmari sich den Bericht vor. Nach einigen Minuten schaute sie vom letzten Blatt auf und legte die Unterlagen an den Schreibtischrand, wie Unrat.
    »Das ist ein Skandal, Hanne! Das kann alles verdorben haben. Diese Jungen haben

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