Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
Ferraris.
»Das ist zwar aus dem Italienischen übersetzt und machte deshalb nicht so viel Arbeit, aber der Text mußte doch den norwegischen Verhältnissen angepaßt werden. Und der Übersetzer brauchte Hilfe bei technischen Ausdrücken und solchen Dingen.«
»Sidensvans hatte nicht einmal den Führerschein«, murmelte Hanne und schüttelte ein wenig den Kopf.
Endlich setzte Åshild Meier sich.
»Er hatte überhaupt keine formelle Ausbildung«, sagte sie. »Außer der Elektrikerlehre, meine ich. Aber er wußte ungeheuer viel. War überaus fähig und ein wenig eigen. Wollte zum Beispiel nur mit mir zusammenarbeiten. Vor zwei Jahren habe ich einen längeren Urlaub genommen, und in dieser Zeit hat er sich hier im Haus nicht sehen lassen. Als ich wieder da war, tauchte er schon nach wenigen Wochen auf.«
»Hier kann uns also niemand mehr über ihn erzählen«, sagte Billy T. ziemlich überflüssigerweise. »Über Familienverhältnisse und solche Dinge. Über seinen Bekanntenkreis.«
»Nein, ganz bestimmt nicht.«
Wieder lachte sie, abgehackt, schrill.
»Er war ungeheuer versessen auf Gerechtigkeit.«
»Ach«, sagte Hanne.
»Bei ihm mußte immer alles ganz korrekt vor sich gehen. Einmal hatten wir ihm zu wenig Steuern abgezogen. Er war außer sich vor Verzweiflung. Es handelte sich um eine unbedeutende Summe, und wir konnten das in kurzer Zeit in Ordnung bringen. Aber ich hatte den Eindruck, daß er schlaflose Nächte hatte, aus Angst, das Finanzamt könne ihm ans Leder wollen.«
»Vielleicht ein wenig übertrieben. Da stimme ich Ihnen zu.«
Hanne lächelte ein wenig und fügte dann hinzu:
»Womit hat er sich denn zuletzt beschäftigt? Eine Kollegin von mir hat etwas erwähnt …«
»Er sollte jetzt eigentlich etwas schreiben«, fiel Åshild Meier ihr ins Wort. »Ein kurzes Vorwort für ein Buch über Oldtimer. Aber viel wichtiger: Er sollte ein Kapitel in einem großen Werk über die Geschichte der norwegischen Polizei verfassen.«
Sie strahlte, als sei ihr jetzt erst aufgegangen, daß sie es mit einer Vertreterin und einem Vertreter ebendieser Institution zu tun hatte.
»Das ist ungeheuer spannend. Wir arbeiten mit der Polizeileitung zusammen und haben uns schon etliche interessante Autoren gesichert. Wir haben sogar einen Mann, der wegen Mordes verurteilt worden ist und der über seine Erfahrung mit der Ordnungsmacht schreiben wird. Das Kriegskapitel wird natürlich besonders spannend, und gerade da haben wir einen der bedeutendsten …«
»Aber dieser Sidensvans klingt ja nun nicht gerade spannend«, wandte Billy T. ein.
Åshild Meier sah jetzt ein wenig unzufrieden aus.
»Dann habe ich mich sicher falsch ausgedrückt«, sagte sie. »Sidensvans war ungeheuer spannend. Ein wenig eigen, wie gesagt, aber das sind spannende Menschen ja oft. Und es handelte sich außerdem um einen Auftrag, von dem wir wissen, daß Sidensvans sich mit großem …«
Sie wurde davon unterbrochen, daß jemand an die Tür klopfte. Sie schaute rasch auf die Uhr.
»Die Zeit fliegt ja geradezu! Ich habe jetzt eigentlich eine Besprechung … herein! Aber ich kann natürlich …«
Hanne erhob sich und schüttelte den Kopf.
»Nein, wirklich nicht. Wir haben Ihnen schon genug Zeit gestohlen.«
Eine Frau, offenbar eine Kollegin, schaute herein und sagte:
»Die Besprechung hat schon angefangen, Åshild. Kommst du?«
»Gleich.«
Unsicher ließ sie ihren Blick von Hanne zu Billy T. schweifen.
»Ist schon gut«, versicherte Hanne noch einmal. »Ich rufe an, wenn ich noch weitere Fragen habe. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Mabelles Gequengel war schließlich unerträglich geworden. Und Carl-Christian sah ja auch ein, daß sie recht hatte. Wenn die Polizei sie verdächtigte, und es wäre doch ein Wunder, wenn das nicht der Fall wäre, dann würde sie die Wohnung früher oder später ohnehin entdecken. Und da war es besser, jetzt das Risiko einzugehen, die Wohnung zu leeren. Das Gefährliche wegzuschaffen, fort. Also hatte er sich über sinnlose Umwege hinbegeben, zu Fuß und mit der Straßenbahn.
Vorsichtig nahm er eine Graphik von der Schlafzimmerwand. Der Safe war vorschriftsmäßig abgeschlossen. Er öffnete ihn. Die Bilder lagen da, wo sie hingehörten.
Er hatte sie sofort verbrennen wollen. Als Hermann Stahlberg triumphierend einen Stapel halbpornographischer Aufnahmen von Mabelle auf den Tisch geknallt und gedroht hatte, sie zu veröffentlichen, wenn CC seine Klage gegen den Vater nicht zurückzöge, hätte er sie am
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