Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
will, was du über einen Fall weißt, in dem wir nicht weiterkommen.
Aber das ist nicht alles, dachte er dann. Ich bin gekommen, um mich daran zu erinnern, daß du ein Outsider ohne wirkliche Werte bist, Ronny. Ich bin gekommen, um mich davon zu überzeugen, daß ich nicht so leben will wie du, denn du hast noch nie etwas Wichtiges getan, etwas Nützliches, etwas Wahres und Ehrliches. Du hättest werden können wie ich, dachte er. Du würdest dich von Zahltag zu Zahltag schleppen, du würdest gehetzt hin und her rennen, zwischen Job und Kindern und Schwiegermutter und hoffnungslosen Kollegen und einem System, das kurz vor dem Zusammenbruch steht. Wegen Leuten wie dir, Ronny, die sich überall abgemeldet haben und nun ab und zu einen Ausflug in ein Gefängnis unternehmen, das Ausbildung und Unterhalt, warmes Essen und ärztliche Betreuung bietet.
»Ich muß gehen«, sagte Billy T., ohne sich zu rühren.
»Hier«, sagte Ronny; Billy T. merkte, daß vor ihm etwas auf den Tisch gelegt wurde.
»Was ist das?«
»Schau doch hin. Ein Geschenk.«
Langsam ließ Billy T. seine Hände sinken. Es war ein kleines Stück Papier. Ein Tipzettel.
»Der ist nicht registriert«, sagte Ronny. »Ich tippe immer auf unregistrierten Coupons. Das ist absolut legal , Billy T. Königlich Norwegisches Wettbüro, Hamar. Aus der letzten Runde. Sieben Richtige, Auszahlung einhundertdreiundfünfzigtausendvierhundertzweiunddreißig. Legales Geld.«
»Ein Geschenk«, murmelte Billy T. »Was zum Teufel soll das denn heißen?«
»Nimm schon. Das gehört dir.«
Es war ein ganz normaler Tippzettel. Im Wert von fast hundertfünfzigtausend Kronen. Geschenke für alle Kinder. Vielleicht Ferien, einmal nicht im Wochenendhaus der Eltern in Kragerø, mit Großfamilie und zu kurzen Betten. Eine Atempause, den Kopf über Wasser. Ganz legal.
»Geldwäsche«, sagte Billy T. und rührte den Zettel nicht an. »Die einfachste Methode, schwarz verdientes Geld sauberzukriegen. Man kauft einen Tippzettel für mehr als den Gewinn.«
»Nein. So was machen wir auf der Trabrennbahn. Aber nicht bei offiziellen Scheinen aus Hamar. Das wäre zu kompliziert. Wie sollten wir in Kontakt mit den Gewinnern kommen? Das hier ist ganz einfach mein Hobby, Billy T. Ich habe den Zettel abgegeben. Ich schwör dir, das ist ganz legal verdientes Geld. Betrachte es als Dank.«
»Als Dank?«
Ronny antwortete mit einem Lächeln.
Billy T. wußte, was er meinte. Er hatte zweimal ein Auge zugedrückt. Das war jetzt lange her. Und beide Male waren nicht wirklich ernst gewesen. Er hatte weggesehen und Ronny davonkommen lassen, zuletzt vor acht Jahren. Er hatte Ronny geholfen, weil er wußte, daß Ronny früher einmal Angst im Dunkeln gehabt hatte und außerdem viele Jahre lang Bettnässer gewesen war. Ronny war ein schmächtiger Junge gewesen und Billy T.s bester Kumpel, bis er in einem Kiosk hundert Kronen gestohlen hatte, als sie beide fünfzehn waren. Ronny war in ein Erziehungsheim gesteckt worden, und Billy T. hatte sich zusammengerissen. Seine Mutter hatte ihm zwei Monate Hausarrest verpaßt, nur, weil er noch kurz mit Ronny gesprochen hatte, ehe der in ein gemeindeeigenes Auto gezerrt und weggefahren worden war. Mit solchem Pack durfte der Junge nichts zu tun haben, und Billy T.s Mutter zog die Zügel stramm, bis ihr Sohn das Abitur gemacht hatte. Er hatte an den Ronny mit den dicken Pickeln und dem jammervollen Pimmel gedacht, als er ihn laufen ließ. Nicht an den sonnengebräunten Ronny mit einem seltsamen Bunker von Luxuswohnung und einem Audi TT .
»Du weißt, daß ich das nicht annehmen kann«, sagte Billy T. Das Blut sauste in seinen Ohren, und er konnte den Blick nicht von diesem magischen Zettel abwenden. »Das ist doch pure Bestechung.«
»Absolut nicht«, wehrte Ronny entschieden ab. »Ich verlange ja keine Gegenleistung. Das ist nur eine kleine Hilfe von einem Jugendfreund, Billy T. Du löst ihn ein, und niemand wird dir irgendwelche Fragen stellen. Steuerfrei und absolut legal. Und einfach wunderbar.«
Billy T. war schwindlig. Sein Kopf war leicht, und vor seinen Augen tanzten viele kleine Punkte, als er aufstand und mühsam die Diele ansteuerte.
»Wenn du eine Waffe kaufen wolltest«, sagte er und merkte, daß er ein wenig nuschelte, »wenn du ein ganz normaler Mensch wärst, der sich eine illegale Waffe besorgen will, wie würdest du vorgehen?«
»Ein ganz normaler Mensch?«
Ronny lehnte sich an den Türrahmen und reichte ihm die Schuhe.
»Die hast du
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