Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Schrei aus, während Mina ihm fest in die Augen sah. »Geh jetzt«, befahl sie dem Mädchen.
Phins Nasenflügel bebten, so stark ging sein Atem. Doch selbst wenn er durch das ganze Haus gelaufen sein sollte, erklärte das nicht, warum er so keuchte. Die Tür fiel hinter Sally ins Schloss. Phin hielt Mina die Waffe hin, sodass die Mündung Richtung Boden zeigte. »Nimm sie«, befahl er ihr. »Da du ja wild entschlossen bist, zu sterben, nur um zu beweisen, wie schwierig Frauen es zuweilen haben, kannst du es ja hier und jetzt tun. Ich sehe dir dabei zu.«
Das Herz schlug Mina bis zum Hals. »Sei nicht albern.«
Phin packte sie beim Handgelenk und drückte ihr den Kolben in die Hand, sodass der Lauf auf seine Brust zeigte. »Oder willst du stattdessen lieber mich erschießen? Ich bin hier ja schließlich der Bösewicht, derjenige, der dich in den Wahnsinn treibt. Der Abzughahn gehört dir, Mina.«
Mina gab sich alle Mühe, nicht vor ihm zurückzuschrecken. So hatte sie ihn noch nie erlebt, mit blutunterlaufenen Augen und zittrigen Fingern, die sich wie Stahl um ihre schlossen. Wenn sie jetzt von ihm zurückzog, würde er sie nicht gehen lassen. Erst vergangene Nacht hatte sie gelernt, dass es keinen Sinn machte, bei einem Handgemenge auf eine Waffe zu vertrauen. »Hör auf damit«, flüsterte sie.
Er sprach gedehnt, artikulierte jedes Wort mehr als deutlich. »Was willst du eigentlich?«
»Dein Vertrauen«, antwortete sie.
»Beim Allmächtigen. Dann nimm es«, sagte er barsch und ließ die Waffe los, die Mina geistesgegenwärtig auffing. Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar und drehte sich einmal im Kreis. Als sich ihre Blicke trafen, wirkten seine Augen ruhiger, doch seine Erschöpfung war noch größer geworden, die Falten um seine Augen wirkten noch tiefer als zuvor. »Hier geht es nicht um Vertrauen«, sagte er. »Ich hätte dich nie für so kreuzdumm gehalten.«
Minas Finger verstärkten den Druck auf die Waffe, deren Gewicht ihr zu schaffen machte. Genau wie das kalte Gefühl in ihrer Brust, das sie in die Tiefe zu ziehen drohte. »Ich würde gern glauben, dass du mich für kompetent hältst. Dass du mir zugestehst, jetzt und in der Zukunft Risiken einzugehen, und dass du nicht einfach nur versuchst, mich zu beschützen.«
Er schüttelte ganz leicht den Kopf, entweder vor Fassungslosigkeit oder Ablehnung, Mina war sich nicht sicher. »Ich möchte nichts weiter, als dich zu beschützen«, sagte er, doch in seiner Stimme schwang so viel Resignation mit, als verachtete er sich selbst dafür – oder weil er fürchtete, sie könnte ihn wegen seiner Sentimentalität auslachen. »Das hat nichts mit Schwäche auf deiner Seite zu tun, die mir Kummer bereitet, sondern vielmehr mit Liebe. Und das weißt du nur zu gut. Ich liebe dich.«
Mina atmete kraftvoll durch die Nase aus. »Ja«, antwortete sie. »Ich weiß. Und … ich liebe dich auch.« Als sich sein Stirnrunzeln in Luft auflöste und er sich ihr näherte, wich sie einen Schritt nach hinten.
»Aber …« Liebe vergeht im Laufe der Zeit, hatte ihre Mutter einst gesagt. Wenn dem so war, was würde ihr dann bleiben? Verpflichtungen, Sorge, Kummer – vorausgesetzt, das Glück war ihr hold. Andernfalls blieb nichts als die Macht, die er über sie ausübte, dass er sie im Haus einsperrte, wenn sie den Wunsch hatte, wegzugehen.
»Du stellst mich auf die Probe«, sagte er tonlos. »Ohne, dass es dir bewusst ist. Du bist darauf aus, etwas zu beweisen. Wie kann es sein, dass du nicht bemerkst, dass dieses Spiel auch auf deine Kosten geht?«
»Ich versuche nichts zu beweisen.« Oder vielleicht doch? Insgeheim fragte sie sich schon, wie heiß die Flamme eigentlich noch werden musste, der seine Gefühle standhielten. Allerdings wollte sie nicht so weit gehen, seine Hand direkt auf einen lodernden Herd zu legen. »Es ist nur so, dass wir uns nicht auf Augenhöhe befinden, wenn du mir nicht glaubst – vorausgesetzt, darauf willst du hinaus.« Unter diesen Umständen kann ich es unmöglich akzeptieren .
War sie wirklich dieser Meinung? Wenn ja, würde sie sich irgendwie dazu zwingen, die Worte auch auszusprechen. Doch sie blieben ihr im Halse stecken wie ein Stein, um den ihr Atem herumfließen musste. »Ich erwarte nicht viel von den meisten Menschen«, sagte sie stockend. »Bei dir ist das anders. Von dir erwarte ich … sehr viel.«
Sein Gesicht versteinerte. »Und ich enttäusche deine Erwartungen unentwegt, willst du damit sagen.«
»Nein, ich
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