Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Ich schätze, ich würde jeden umbringen, der vorhat, dir ein Haar zu krümmen. Aber das sollte dir nicht unbedingt ein Trost sein.« Sein Blick streifte die Pfeife vor sich. »Mein Urteilsvermögen ist nicht intakt. Ich kann es mir nicht erlauben, die Kontrolle zu verlieren.«
»Da mache ich mir keine Sorgen«, sagte sie. »Es sei denn, die Umstände erfordern es.«
»Oh?« Ein Anflug von schwarzem Humor flackerte in seinem Gesicht auf, ehe er in der für ihn typischen eleganten Manier die Hand hob und über die Pfeife strich. »Ich habe sie gestern benutzt.« Sein Selbsthass klang unbeteiligt und analytisch. »Seit meiner Rückkehr aus Hongkong führe ich mich wie ein gottverdammter Verrückter auf, dem man lieber nicht über den Weg trauen sollte. Meine Gedanken geraten aus den Fugen.« Er hielt inne. »Du hast es selbst miterlebt. Im Zug.«
Mina runzelte die Stirn. Auf dem Weg nach London hatte es tatsächlich so gewirkt, als könnte er jeden Augenblick die Beherrschung verlieren. Aber es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie einen Mann dazu gebracht hätte, die Fassung zu verlieren. Wie es schien, glaubte er, dass mehr dahintersteckte.
Nun denn, vielleicht hatte er nicht ganz unrecht. Sie war die Letzte, die sich über die Komplexität des Verstandes lustig machte – sie, die die Kunst verlernt hatte, in Frieden und allein zu schlafen; sie, deren Mutter ein Jahr oder länger nach ihrer Rückkehr nach New York aus nicht ersichtlichen Gründen zusammengezuckt war. »All die Prüfungen, die du über dich hast ergehen lassen müssen …« Sie konnte nur erahnen, was er alles durchlebt hatte. »Sie fördern Unrast, Phin.« Eines Tages, so schwor sie sich, würde er seine Last mit ihr teilen, die so schwer auf ihm lag. »Sollten sie dich nicht belasten, dann würde ich mir Gedanken über dein Urteilsvermögen machen. Aber so, wie sich die Lage darstellt … Du brauchst vor allem Zeit. Es wird dir besser gehen, wenn auch langsam. Das kann ich dir versprechen.«
Phin lehnte sich nach hinten. »Wie beruhigend«, sagte er verächtlich. Mina spürte, wie ihr Herz zu einem Sturzflug ansetzte. »Und in der Zwischenzeit, während ich darauf warte, rauche ich Gift, um mich ein wenig zu beruhigen. Mit dem Ergebnis, dass ich beinahe den Mord an dir verschlafen hätte.« Er hielt inne und warf ihr einen herausfordernden Blick zu. »Du siehst also, in wessen Hände du dein Vertrauen legst.«
Aufbrandende Ungeduld vertrieb jeglichen Funken Mitgefühl. »Vertrauen geht stets mit einem gewissen Risiko einher«, sagte sie tonlos. »Ein Risiko, das du meinet- und deinetwegen zu scheuen scheinst. Wie ich sehe, hast du keine Probleme damit, dich für Selbstmitleid zu entscheiden.«
»Jetzt kommt das schon wieder.« Phin sprang auf. »Ich bin diese Diskussion leid. Ich werde dich keinem Risiko aussetzen, damit du anschließend herumposaunen kannst, dass du deinen Teil dazu beigetragen hast.«
Mina lachte. »Meinen Teil dazu beigetragen zu haben? Glaubst du wirklich, ich bin auf Prahlerei aus?«
»Was denn sonst? Es sei denn, du hältst mich für komplett unfähig.«
»Davon kann gar nicht die Rede sein, im Gegenteil«, sagte sie verbittert. »Leider Gottes empfindest du nicht dasselbe für mich. Dir ist es lieber, ich drehe Däumchen, während du losziehst, um die Sache geradezubiegen, da ich ja nicht das geringste Mitspracherecht habe. Natürlich bist du in der Lage, meine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, aber darf ich das nicht auch selbst? Darf ich dich daran erinnern, dass es mir vor vier Jahren auch ganz gut ohne deine Anleitung gelungen ist, dir das Leben zu retten?«
»Kannst du mir bitte erklären, was genau dich daran stört, wenn ich mich um deine Sicherheit sorge?«
Minas Lachen klang schrill. »Dass du mich wie einen Paradiesvogel einsperrst , das stört mich daran. Denkst du wirklich, dass ich so leben möchte? In einem goldenen Käfig? Glaubst du wirklich, dass das Leben für mich dann noch lebenswert wäre? Meine Mutter hat sich auf diesen Handel eingelassen, und du weißt, was ihr das eingebracht hat. Mit Verlaub, aber dazu bin ich nicht bereit, nicht einmal für dich!«
Es dauerte einige Augenblicke, ehe er ausatmete. »Ich verstehe. Du wärst also bereit, dich als Köder zur Verfügung zu stellen, nachdem wir uns gemeinsam eine Falle ausgedacht haben. Aber wo ist da der Unterschied, denn deine Sicherheit hinge nach wie vor von mir ab.«
Entnervt knallte Mina die Pistole auf den Tisch und
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