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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Kleine weiße Zähne blitzten auf, als wäre jeder von ihnen eine enthüllte Gefahr. »Kein Wort mehr. Schlucken Sie dies. Jetzt!«
    Der bittere Geschmack einer Flüssigkeit rief ihm die Existenz seines Mundes in Erinnerung. Seine Zunge war wie ausgetrocknet. Herr im Himmel. Er war derjenige, der gesprochen, der ein Geheimnis nach dem anderen preisgegeben hatte.
    Er würde heute Nacht sterben.
    »Nein«, flüsterte die Stimme. Etwas Nasses und wundervoll Kaltes benetzte seine Wange und rief das Bild eines Schneetigers mit blauen und knisternden Zungen aus Eis hervor, die genüsslich über seine Haut glitten. Durch die Hitze begannen die Zungen zu tropfen, um dann zischend zu zersplittern. Es regnete Stücke schmelzender Zungen quer über sein Gesicht.
    »Ganz ruhig.«
    Hände berührten ihn an den Schultern, drückten ihn herunter. Er hatte Tanner auf den Boden gedrückt, hatte Seile dazu benutzt. Immer auf die leichteste Methode , hatte Tanner gehöhnt. Doch er irrte, gab es doch keine Maßeinheit für Gerissenheit, wenn es darum ging, einen Menschen zu töten. Hierzu war kein Talent nötig. Ich wusste, dass Sie ein Naturtalent sind , doch Ridland täuschte sich, wenn er das sagte. Das Morden war keine Kunst, man musste nicht mehr tun, als den Abzug zu betätigen. Man warnte das Opfer, allerdings nicht, weil man ehrenhaft sein wollte. Sie sollten stolz sein auf Ihre gottverdammte Arbeit, Granville . Töten hatte nichts mit Ehre zu tun. Man sagte ihnen, dass sie sterben würden, um ihnen Angst einzujagen. Sobald sie sich in die Hosen machten, würden sie auch auspacken, würden sie plappern wie Kinder, und erst dann brachte man sie um. Und zwar genau in dem Moment, in dem das Kind in ihnen zum Vorschein kam. Der kleine Junge, der Angst davor hatte, eine Lüge zu erzählen. Eine halbe Ewigkeit war vergangen, ehe Tanner in diesem heißen, stickigen Raum ausgepackt hatte. Anfangs hatte er gelacht. Ich werde sterben, sagen Sie? Können Sie etwa in die Zukunft sehen? Aber nein, es war leicht, die Vorhersage zu treffen. Es war leicht, den Tod vorherzusagen, wenn man selbst die Waffe in der Hand hielt. Blut spritzte umher. Ich bin ein Killer, dachte er. Der Mann hat mich nicht einmal angegriffen. Ich bin ein Killer. Es war nicht einfach, das zu begreifen, da er sich nicht anders als sonst in seiner Haut fühlte. Trotz der Pistole in den Händen fühlten sie sich zerbrechlich an.
    »Sie müssen schweigen.« Die Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück, floss durch die Schichten der Dunkelheit und zerrte ihn weg von den Erinnerungen. Ja, es waren nur Erinnerungen. Nichts davon geschah in diesem Augenblick. Er … er lag in einem Bett. Die Dunkelheit bekam Risse, hier und da platzten winzige Stücke ab, enthüllten eine Decke, weißblondes Haar, die Augen einer Frau. Ihre Lippen, leicht geöffnet wie Blüten, Blumen, der Geruch nach Rosen. Nein. Konzentrier dich . Sie sprach mit ihm. »Wir sind allein«, sagte sie. »Ich habe die Gucklöcher abgedeckt. Aber ich weiß nicht, ob jemand an der Tür lauscht.«
    Ihre Worte sagten ihm nichts. Seine Instinkte liefen Sturm, wenngleich sein Verstand den Grund dafür nicht ergründen konnte.
    »Sie brauchen mehr Morphium.« Die Frau wandte sich ab, und ihr Körper und das Zimmer wichen zurück.
    Er öffnete die Augen, und sein Blick fiel auf eine junge Frau. Wie schon einige Male zuvor. Sie sprach mit ihm, doch er konnte sie nicht hören. Seine Knochen fühlten sich an, als bohrten sie sich durch seine Haut. Seine Sehnen und Bänder dehnten sich und zitterten bei dem Versuch, sie an Ort und Stelle zu halten. Jede Zelle seines Körpers vibrierte so stark, dass es ihm nicht möglich war zu unterscheiden, ob sie es vor Höllenqualen oder Glückseligkeit taten.
    Die Frau schlug ihn ins Gesicht. Er starrte jetzt auf eine Wand mit Blümchentapete. Der Schmerz in seinem Kiefer war klarer umrissen, einfacher zu begreifen. Er konzentrierte sich darauf, als ihre Stimme das Wirrwarr in seinem Kopf durchdrang.
    »Sie müssen atmen«, sagte sie. Etwas drückte gegen seine Nase, etwas Kaltes, Metallisches. Ein Löffel. Es fühlte sich vertraut an, so als ob sie das zuvor schon einmal getan hatte. Er versuchte, den Kopf zu drehen. Sie bedeckte seinen Mund mit ihrer Hand. Als er sie wegschlagen wollte, merkte er, dass er gefesselt war. »Immer schön atmen«, wiederholte sie, und er tat es.
    Feuer breitete sich in seiner Nase aus, in seinem Rachen brannte ein bitteres Gefühl.
    »Es kann Sie

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