Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
hübsches Lächeln. Sah so ihre Befragungstechnik aus? Falls ja, musste sie noch kräftig daran arbeiten. Ihre funkelnden Augen versprachen Dinge, die viel zu süß waren, als dass sie ihn ängstigten.
Der Gedanke hallte in seinem Kopf wider und klang mit jeder Wiederholung aberwitziger und fremdartiger. Sein Gehirn hatte scheinbar doch Schaden genommen.
Mit schwindendem Lächeln lehnte sie sich zurück. »Verstehe. Sie sind vermutlich an einen Kodex gebunden, der es Ihnen verbietet, mir Details zu verraten. Dann antworten Sie mir doch einfach mit Ja oder Nein. Ja, wenn Sie in Bälde etwas vorhaben, und Nein für vielleicht bald. Sie merken schon, dass ich es nicht gut ertragen könnte, wenn meine Hoffnungen zerschmettert würden.«
»Bald.« Gütiger Gott. War ihm das gerade wirklich über die Lippen gekommen? Das Gift dafür verantwortlich zu machen, wäre falsch. Das Mädchen selbst war Gift in seiner Reinform.
»Ausgezeichnet.« Sie erhob sich und ging zum Waschtisch. Als sie sich umdrehte, hielt sie eine lange, gefährlich aussehende Klinge in der Hand. »Nicht bewegen«, sagte sie und machte sich an dem Seil um seine Knöchel zu schaffen. »Mit Fieber kann ich umgehen, mit Blut hingegen nicht.« Während sie das Seil zerschnitt, plapperte sie munter weiter. »Sie müssen sich beeilen, von hier fortzukommen. Er wird bestimmt bald hier auftauchen, um zu sehen, ob Sie bereits tot sind. Ich sage das, weil ich glaube, dass Sie vergiftet wurden. Anderenfalls hätte das Morphium nicht so gut gewirkt.«
Er beobachtete, wie sie sich der Befreiung des anderen Fußes widmete. Es war ihm schleierhaft, was sie vorhatte. Sie glaubte, einem Mann zu helfen, der ein Feind ihres Stiefvaters war. Das war nicht das Tun eines Spatzenhirns, auch wenn ihm das Bild einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte. Das ist eine von der ganz schnellen Sorte , hatte Bonham früher am Abend zu ihm gesagt und dabei einen anzüglichen Unterton am Leibe gehabt. Der Mann, der sie einfängt, wird sie in einen Käfig sperren müssen .
Als sein linkes Handgelenk wieder frei war, murmelte Phin: »Sie sind schneller, als er es für möglich hält.«
»Hören Sie auf. Mit dem Delirium ist jetzt Schluss, Sir.« Nachdem sie den letzten Strick durchtrennt hatte, packte sie Phin bei den Unterarmen und zog ihn zum Sitzen hoch. Langsam setzte er sich auf und spürte, dass wieder Leben in seine Extremitäten kam. Als er sich jedoch vom Bett schwingen wollte, wurde ihm schwindelig. Dunkelrote Flecken nahmen ihm die Sicht.
Eine Hand legte sich auf seinen Schädel und drückte ihm den Kopf auf die Knie. Die Stimme des Mädchens kam von weit oben. Sie klang aufgekratzt. »Bitte, nehmen Sie das hier.«
Er spürte etwas in seiner Hand. Eine kleine Phiole. Vermutlich eine weitere Dosis Koka. Vorsichtig richtete er sich wieder auf und fragte sich, welche Überraschungen sie noch in petto haben mochte. Mit gefasstem Gesichtsausdruck wartete sie, dass er voranmachte, wenngleich ihr ungeduldig wippender Fuß und der flüchtige Blick zur Tür nahelegten, dass sie längst nicht so entspannt war, wie sie ihn glauben machen wollte. »Der Arzt ist bereits auf dem Weg«, sagte sie. »Er hat vor einer halben Stunde eine Nachricht schicken lassen. Sie sollten sich aus dem Staub gemacht haben, ehe er eintrifft.« Sie verzog den Mund. »Er zählt zu Collins’ besonderen Freunden.«
Phin ertappte sich dabei, wie er sie anstarrte, obwohl er sich beeilen musste. Dieser Mangel an Dringlichkeit verhieß nichts Gutes. Er war vermutlich kränker, als er sich eingestehen wollte. Bei jedem zweiten Atemzug spürte er Übelkeit in sich hochsteigen. Kokain vertrug sich nicht gut mit Morphin, nein. Wie viel von dem Zeug mochte sie ihm eingeflößt haben? Und mit welchem zeitlichen Abstand? Das helle Grau der Morgendämmerung entlockte den weißen Vorhängen ein sanftes Glühen. Sein Herz fühlte sich an, als würde es gegen Treibsand kämpfen. In einer Viertelstunde würde er wieder flach auf dem Rücken liegen. Tot oder mit dem Tode ringend. Ihre Mühen waren allesamt vergebens.
Mina Masters sah ihn jetzt durchdringend an. Sie war bemerkenswert hübsch. Bis zu diesem Moment hatte er sich nicht eingestehen wollen, von welch ausnehmender Schönheit sie war. Aber sie war schmächtig. Ihm gefiel nicht, wie zerbrechlich sie war. Collins würde sie mit einem Fausthieb zum Reden bringen.
Sie räusperte sich. »Sie gaffen, Sir. Das ist nicht sonderlich höflich.«
»Verzeihen Sie mir. Ich
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