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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Seien Sie vorsichtig, Miss Masters. Ich glaube nicht, dass das klug wäre . Das Grübchen in seinem Kinn konnte sie nicht so recht deuten, doch vermutlich stand es für seine Eitelkeit.
    Ärgerlich auf sich selbst, lehnte Mina sich zurück. Wenn sie jetzt daran dachte, dass sie ihn durch einen Korridor verfolgt hatte! Er war ein typischer Vertreter seines Geschlechts … abgesehen von den wundervollen Wimpern, die seinen Augen etwas fesselnd Ernstes verliehen. Nein , rief Mina sich streng zur Ordnung. Sein Aussehen beeindruckte sie jetzt nicht mehr.
    Er flüsterte etwas.
    »Sind Sie wach?« Erleichtert stand Mina auf. Doch seine Augen blieben geschlossen, und er antwortete nicht.
    Die chinesische Dienerin sagte etwas, das Mina bedauerlicherweise nicht verstand. Als die junge Frau den Kopf schüttelte und eine wegwerfende Handbewegung machte, interpretierte Mina es dahingehend, dass sie Mr Monroe keinerlei Beachtung schenken sollte.
    »Fantasiert er?«, fragte sie. Die Dienerin zuckte die Schultern, legte dann die Hände aneinander und hielt sie sich an die Wange – das Zeichen für Schlaf. Mina nickte und setzte sich wieder.
    »Aberdeen«, murmelte Monroe.
    Mina lächelte zögernd. Es lag nahe, dass ein Geschäftsfreund ihres Stiefvaters im Delirium von einer Hafenstadt faselte.
    »Mitternacht«, flüsterte er. »Nehmen Sie den Zeitplan.«
    Wie eigenartig. Er war in Chicago geboren, hatte Aberdeen jedoch wie ein Engländer ausgesprochen.
    »Beeilen Sie sich«, murmelte er. »Es ist … Ebbe.«
    Mina beugte sich zu ihm. Als er den letzten Satz wiederholte, folgten ihre Augen seinen Lippen.
    Ein kalter Schauer erfasste sie. Sie bildete sich das nicht ein. Er sprach ganz deutlich britisches Englisch, so gestochen genau wie ihre Mutter.

3
    »Pilgrim’s Paradise « , sagte Monroe mit einem Seufzen.
    Mina stand auf und ballte die Fäuste. Er hatte den Namen eines der Schiffe ihres Stiefvaters genannt. Eines Schiffes, zu dessen Besitz er sich jedoch nicht öffentlich bekannte. Warum sollte er auch? Schließlich benutzte er es für den Transport von Gewehren an die irischen Revolutionäre und wollte nicht gehängt werden. Nicht einmal ihre Mutter wusste von dem Schiff. Mina hatte nur durch Zufall davon erfahren und war wegen dieses Wissens vermutlich in große Gefahr geraten. War Monroe möglicherweise auf die Dokumente gestoßen, die sie versteckt hatte?
    Er zerrte an den Stricken, die ihn hielten, und sein Murmeln wurde mit jeder Silbe lauter. »Um Mitternacht«, sagte er klar. »Gehen Sie.«
    Genau wie Mina beäugte auch die chinesische Dienerin den Patienten und zog dabei leicht die Brauen hoch. Sie schien kein Englisch zu verstehen, aber dessen konnte man sich nie sicher sein. Collins verfügte über eine Armee von Spionen, die mit Sicherheit auch in seinem Haushalt agierten. »Du kannst jetzt gehen«, sagte Mina zu dem Mädchen.
    Erstaunt legte das Mädchen den Kopf schief. Nicht zum ersten Mal wünschte Mina sich nichts sehnlicher, als des Kantonesischen mächtig zu sein. Einst, während eines längeren Aufenthalts in Hongkong, hatte sie mit dem Gedanken gespielt, es zu erlernen, doch Collins hatte es ihr verboten. Angeblich wollte er nicht, dass sie »verwahrloste wie die verdammten Missionare«, doch einige Wochen später hatte er das wahre Motiv für seine Haltung in einem Gespräch mit einem seiner Kohorten preisgegeben. Er hatte gesagt, ein Monopol an Wissen wäre gleichbedeutend mit einem Monopol an allem anderen, das Wert besitzt. Als Mina ihn angestarrt hatte, hatte er ihr zugeblinzelt und sie breit angegrinst.
    Mina deutete auf die Tür. »Hinaus«, sagte sie und schob sicherheitshalber noch ein Lächeln hinterher. Mochte ihr der Puls auch rasen, sie würde nicht zulassen, dass ihr Verhalten sie verriet. Eines hatte sie im Laufe der Zeit gelernt: nichtssagender als eine Kuh zu lächeln und blinzeln.
    Das Gesicht der Dienerin hellte sich auf. Sie verneigte sich und schlüpfte aus dem Zimmer. Mina ging sogleich zur Tür und schloss ab. Sie lehnte sich mit dem Rücken dagegen und sagte: »So.« Ihre Stimme drohte auf der Silbe auszurutschen, weshalb sie kurz innehielt, um sich zu fangen. Jetzt Nervosität zu zeigen brachte nichts; denn gab man ihr nach, wurde sie noch größer, das hatte die Erfahrung Mina gelehrt. Gib ihr Raum, und sie wird übermächtig. Mina räusperte sich, ehe sie sich mit deutlich kühlerer Stimme an den Kranken wandte. »Sie sind wohl daran interessiert, Monopole zu brechen, oder

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