Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Parfums hervorheben. Und versuche bitte, währenddessen nicht, zu heftig zu lachen.
Ich bin untröstlich, sollte ich Dich mit diesem Brief schockiert haben. Mir wäre es auch lieber gewesen, ich hätte ihn nicht schreiben müssen. Ich freue mich schon jetzt auf ein baldiges Wiedersehen.
Bis dahin verbleibe ich mit herzlichen Grüßen
Deine Dich immer liebende Schwester im Geiste
Mina
Am nächsten Morgen beim Frühstück übergab Mina dem Hausmädchen den Brief. Es dauerte nicht lange, bis Ridland in der Tür stand.
War er bei seinen früheren Besuchen stets bemüht gewesen, das Beste aus seinen grauen Haaren und seinen eingefallenen Wangen zu machen und stets seinen Gehstock bei sich zu führen, mit dem er gern herumfuchtelte, um seine Worte zu unterstreichen, so betrat er heute das Zimmer ohne Aufforderung. In der erhobenen Faust hielt er ihren zerknüllten Brief. »Was für aufschlussreiche Briefe Sie doch verfassen.«
Er wollte ihr Angst einjagen, was sonst. Willfährig sprang Mina auf. »Sir, welch eine Überraschung. Hat das Mädchen meinen Brief falsch besorgt? Und wie ich sehe, haben Sie Ihren Gehstock vergessen. Bitte nehmen Sie doch Platz. Sie sollten sich nicht überanstrengen.«
Eine Ader auf seiner Stirn trat pulsierend hervor. »Wir halten Sie nicht zu Ihrer Belustigung hier fest, Mädchen. Wenn Sie mit mir spielen, werden Sie das schon bald bereuen.«
Auf der Fahrt vom Claridge’s in sein Haus hatte Ridland ihr noch versichert, wie sehr sie ihn an eine seiner Enkelinnen erinnerte und dass er keinesfalls wünschte, dass ihr auch nur ein Haar gekrümmt würde. Doch seine Besorgnis hatte nicht halb so überzeugend gewirkt wie das tyrannische Verhalten, das er jetzt an den Tag legte. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was Sie derart erzürnt, Sir.« Mina ließ sich in einen Sessel sinken, als fühlte sie sich einer Ohnmacht nahe. »Wollen Sie sich nicht doch setzen? Ich verspreche auch, dass ich Ihnen keinen Grund zur Sorge geben werde.«
Mina wurde den Eindruck nicht los, dass er seine Strategie überdachte, während er sie mit angestrengtem Blick anstarrte. »Wie ich Ihnen bereits erklärte«, sagte er etwas ruhiger, »ist es von allergrößter Wichtigkeit, Gerard Collins ausfindig zu machen. Die irischen Freiheitskämpfer haben Scotland Yard bombardiert, und Sie werden wohl kaum daran zweifeln, dass Ihr Stiefvater die Hand im Spiel hat, oder? Er hat versucht, einen Krieg gegen dieses Land zu entfachen. Jeden Moment, den er in Freiheit verbringt, müssen wir mit einem neuen Desaster rechnen. Wenn Sie daran Zweifel haben, so …«
»O nein, keinesfalls.« Männer hatten stets einen guten Grund parat, warum sie Frauen einsperrten. Und wie überall auf der Welt versuchten sie ständig, auch sich selbst von der Notwendigkeit zu überzeugen. »Ich habe ein recht präzises Bild von Mr Collins, das versichere ich Ihnen.« Er war ein verlauster Straßenköter, der seinen heiß geliebten Knochen unbedingt zurückhaben wollte. Ihre Mutter war für ihn nichts weiter als ein Gegenstand. Ihre Unabhängigkeit hatte seine männliche Autorität untergraben und konnte deshalb nicht geduldet werden. »Wenn ich jedoch meine Rolle bei alledem betrachte, verschwimmt das Bild etwas.« Sie hielt kurz inne, um ihrem koketten Augenaufschlag den nötigen Rahmen zu gewähren. »Dr. Morris meinte, eine Brille würde mir unter Umständen helfen, aber ich bin überzeugt, dass sie die Wirkung meines Blickes schmälern würde. Was denken Sie?«
Ridland trat einen Schritt auf sie zu und warf den zerknüllten Brief in die Butterschale. »Ich denke, dass Sie sich über mich lustig machen.«
Eigentlich hatte er keinen Grund, sich so selbstgefällig zu geben. Immerhin hatte er vier Tage gebraucht, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. »Tue ich das denn?«, fragte Mina mit gespieltem Erstaunen.
Ihr Gegenüber sprach durch gefletschte Zähne. »Ja, das tun Sie, Miss Masters. Doch trotz Ihrer Bemühungen, die Naive zu mimen, kann ich mir nicht vorstellen, dass in Ihrem Köpfchen die Leere herrscht, die sie andere glauben machen wollen. Sonst wären Sie wohl kaum in der Lage, eine so erfolgreiche Firma zu leiten, wie Sie es in New York tun.«
»Wie freundlich von Ihnen«, entgegnete Mina mit sanfter Stimme. Doch er irrte sich. Der einfältige Eindruck, den sie vermittelte, hatte sie schon so manchen Geschäftsmann als Investor gewinnen lassen, der einer ihm geistig ebenbürtigen Frau niemals Geld geliehen hätte.
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