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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Mal an . In diesem Zustand konnte er Mrs Sheldrake nicht gegenübertreten.
    »Es tut mir leid«, brachte er hervor, und seine Stimme hörte sich an, als käme sie von weit her. Seinem Arzt war es bislang nicht gelungen, eine medizinische Ursache für diese Attacken zu finden. Er hatte Phin angesehen, als wollte er ihm noch etwas sagen, fürchtete aber die Konsequenzen. Ich bin doch nicht verrückt, oder ? Phin hatte diese Frage mit einem Lächeln gestellt. Der Arzt hatte einige Augenblicke verstreichen lassen, ehe er die Frage verneint und sich dann mit den Worten verabschiedet hatte, er müsse noch zu einer dringenden Verabredung.
    Vielleicht wäre es das Beste, Laura zu sagen, dass er verrückt war. Das war allemal besser, als der Frau neuen Kummer zuzufügen, die er einst zu lieben gehofft hatte, und die sich als Mädchen bei ihm ausgeweint hatte, wenn sie traurig gewesen war. Ich tauge nicht für deine Gesellschaft, wollte er sagen. Doch dann würde sie sich fragen, für wessen Gesellschaft er überhaupt taugte, und er wollte unter keinen Umständen dafür verantwortlich sein, dass ihre unschuldigen Gedanken sich in dunkle Abgründe verirrten.
    Auf dem Weg zur Tür drehte Laura sich unvermittelt zu ihm um. Phin erschrak. »Ich verstehe«, sagte sie und lächelte ihn an. »Das alles ist nicht einfach, oder? Aber ich freue mich sehr, dass du zurückgekehrt bist, Phin.«
    Er wollte erwidern, dass sie sich irrte, dass er nicht mehr der Phin von früher war. Als sie nach seiner Hand griff, ließen ihn seine abgestumpften Reflexe im Stich. Laura hielt seine Hand umschlossen, ehe Phin wusste, wie ihm geschah. Er atmete tief durch und spürte, dass es ihm in seinem jetzigen Zustand möglich war, sich führen zu lassen. Und er war froh, dass er Lauras Hand halten konnte, ohne ihr wehzutun.
    Phin schickte die Kutsche nach Hause und nahm für die Rückreise nach London den Zug. Anfangs waren seine Gedanken düster und verworren und ergaben für ihn ebenso wenig Sinn wie die Panikattacke, die ihn überfallen hatte. Nach und nach wurde er ruhiger und seine Gedanken klarer. Laura war noch immer unverheiratet. Weshalb? Sie war liebenswert und aufrichtig und hatte feste Ideale. Einen ungeordneten Haushalt würde sie niemals tolerieren, sondern dafür sorgen, dass alles seinen reibungslosen Gang ging und sich jeder angemessen benahm. Wenn er seine Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen bereute, so gab es hier eine Chance, einen seiner Fehler zu korrigieren.
    Der Gedanke, Laura zu berühren, bereitete ihm jedoch starkes Unbehagen. Er dachte daran, wie sie ihn den Flur entlanggeführt hatte, wie würdevoll die Haltung ihrer Schultern gewesen war, wie anmutig die Linie ihres Nackens gewirkt hatte, wie rein ihre Haut war und wie unschuldig sie aussah, wenn sie errötete. Die einbalsamierte Hülle von Träumen, die von innen heraus verfault waren – er würde niemals zu ihnen zurückfinden können.
    Oder die Dunkelheit in seinem Innern machte ihn einfach blind für deren Reiz. Tief in Gedanken starrte er aus dem Fenster und dachte über Exorzismen nach, über die uralten Rituale, die dazu dienten, die Seele zu reinigen. Kettenpanzer, die dem Kreuzritter das sündige Fleisch wegscheuerten; Klosterzellen, die Katholiken aufsuchten, um zu beichten.
    Wie eine räudige Hündin kam London auf ihn zugerast – außer Kontrolle und dunkel und dreckig. Und ohne jegliche Absicht, sich die Absolution erteilen zu lassen.
    Was alltägliche Routine anging, so sah er für sich darin keine Hoffnung. Die Welt, die Art und Weise, wie man in ihr lebte, schien für Menschen wie Laura unmissverständlich klar zu sein. Wenn ein Mann sich rüpelhaft benahm, war verblüffende Freundlichkeit die einzige Antwort, die ihnen in den Sinn kam.
    Im Foyer begrüßte ihn der Butler und überreichte ihm einen Brief, den Phin sich in die Hosentasche stopfte, während er die Treppe hinaufging. Er war jetzt ruhiger und im Kopf klarer, weshalb es keine Entschuldigung für das gab, was er als Nächstes vorhatte. Nachdem er Fretgoose weggeschickt hatte, verriegelte Phin die Tür.
    Der Geruch des Opiums war widerlich und ließ an schummerige Drogenhöllen denken, in denen Ratten über Menschen hinweghuschten, die zu benebelt waren, es zu merken. Es roch nach menschlicher Schwäche, nach der Gier, die seinen Vater erst ins Verderben gestürzt und dann in diese elende Dachkammer in Calais gebracht hatte. Als Phin den Rauch einatmete – er musste kaum

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