Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
wirklich, Sir. Sie dürfen mich nicht für ein lockeres Frauenzimmer halten, nur weil die Umstände so ungewöhnlich waren.«
Er schnappte nach Luft. Sie keuchte auf. Dann beugte sie sich zu ihm und rief: »Wedeln Sie mit den Händen, wenn Sie keine Luft bekommen können!«
Der Vorschlag schien seine Atemnot noch zu verschlimmern. Mina setzte sich neben ihn und klopfte ihm auf den Rücken, wenn auch etwas stärker, als ein Arzt es gutheißen würde. Wie gut es sich anfühlte, ihn zu schlagen.
Und siehe da, ihre Bemühungen trugen Früchte. »Miss Masters!« Als er sich verrenkte, um sich ihrer Hände zu erwehren, schossen Mina zwei Gedanken durch den Sinn: wie leicht es für ihn wäre, sich ihrer zu entledigen und dass er sich unglaublich schnell bewegte. »Ich habe mich nicht verschluckt«, stieß er hervor. »Ich habe über Sie gelacht.«
»Oh!« Mina biss sich auf die Lippe, setzte sich wieder zurück auf ihre Seite und vergrub die Hände in den Tiefen ihres Rockes. Dass er so wendig war, machte ihr einiges Kopfzerbrechen. Vermutlich war er auf Schnelligkeit trainiert. Selbst wenn sie eine Waffe gehabt hätte, wäre es fraglich gewesen, ob sie einen Schuss hätte abgeben können, ehe er ihr die Pistole entrissen hätte. Denk immer daran, ermahnte sie sich. »Das bedaure ich. Sie lachen mich also aus? Wie es scheint, sind Sie den Umgang mit Amerikanerinnen nicht gewohnt. Wir sprechen immer aus, was wir denken. Erinnern Sie sich noch? Und trotzdem … ich weiß nicht recht, was ich gesagt haben könnte, das auch nur im Entferntesten derart komisch war.«
Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar. »Ich finde allein schon die Tatsache unterhaltsam, dass Sie auf diesem Planeten leben, Miss Masters.«
»Hätte ich denn eine andere Wahl gehabt?« Sie riss die Augen auf. »Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass Sie an den Mann im Mond glauben.«
Ashmores Kinnlade fiel herab, und er kniff die Augen zusammen. »Was haben Sie eigentlich wirklich vor?«
»Wie meinen Sie das?«
»Das kann unmöglich Ihr Ernst sein.«
Wie es schien, hatte sie es ein wenig übertrieben. »Nicht? Weshalb denn nicht?«
»Nicht einmal Sie können derart schwer von Begriff sein.«
Nicht einmal Sie ? Das deutete darauf hin, dass sie vor vier Jahren eine gute Vorstellung abgeliefert hatte. Wie er sich seinerzeit wohl erklärt hatte, dass sie pfiffig genug gewesen war, ihn aus einer Situation zu retten, die eigentlich seinen Tod hätte bedeutet müssen. Mina entschied, dass er es verdient hatte, ein wenig an der Nase herumgeführt zu werden. »Nein, schwer von Begriff bin ich nun wahrlich nicht!« Sie hob die Stimme. »Schließlich habe ich Geschichtsdaten auswendig gelernt, kann mit Aquarellfarben malen und Klavier spielen.«
Ashmore hob abwehrend die Hände an die Ohren. »Frieden, Miss Masters! Ich werde alles tun, damit Sie aufhören, in diesem schrillen Ton zu reden.«
»Ich neige in der Tat dazu, ein wenig zu laut zu sprechen«, gestand sie. »Auf das Orgelspiel verstehe ich mich gut; Sie sollten einmal meine Sonaten hören.« Als ihr Mund sich nicht mehr bewegte, ließ Ashmore langsam die Hände sinken. »Soll ich Ihnen noch etwas sagen?«, hob sie an, verstummte jedoch sofort, als er wieder die Hände auf die Ohren legte. »Ich spreche gar nicht schrill«, sagte sie laut. »Meine Tonlage ist vollkommen normal und angenehm.«
»Warum sprechen Sie überhaupt?«
»Weil ich den Gedanken zu Ende bringen muss.«
»Und warum bitte ist das notwendig?«
»Ich muss doch sehr bitten, Sir. Wie heißt es so schön? Wer einen Gedanken nur zur Hälfte denkt, hat eine großartige Gelegenheit verschenkt.«
Er hielt die Luft an. »Beim Allmächtigen«, sagte er und schlug die Hand vor den Mund. Ein Lachen schlüpfte durch seine Finger. Doch sie störte sich nicht daran, sondern sinnierte über seine dunklen, von bemerkenswert langen Wimpern gerahmten Augen. Wenn er lachte, haftete ihnen etwas täuschend Freundliches an. »Das haben Sie sich gerade ausgedacht, oder? Geben Sie es schon zu.«
»Mitnichten! Es handelt sich um ein weitverbreitetes Sprichwort. Mein Vater – mein leiblicher Vater, nicht Collins – hat es ständig zum Besten gegeben.«
»Hat er das?«
»Ja, hat er.«
Er ließ die Hand sinken und gab seinen lächelnden Mund frei. »Wie … bemerkenswert.«
»Ja, aber der Ruhm gebührt nicht ihm, weil er den Spruch nicht erfunden hat. Bei klugen Sätzen weiß man ja fast nie, aus welchem Munde sie zum ersten
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