Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
dieses Gefährt geliehen?«
Monroe klopfte mit den Fingerknöcheln gegen die Decke. Diese saloppe Geste und die lässige Art sich zurückzulehnen, den Arm auf der Rückenlehne auszustrecken und die Beine übereinanderzuschlagen, sprachen für sich. »Nein«, sagte er. »Sie gehört mir.«
»Oh!« Du meine Güte! Das verlangte nach einer Strategieänderung. Sie war davon ausgegangen, dass Monroe einer Familie der Mittelschicht entstammte, und war, während sie mit der Katze gekämpft hatte, zu der felsenfesten Überzeugung gelangt, dass eigentlich nur Geldsorgen als Grund übrig blieben, warum er sich ihrer annahm. Solvente Männer erwiesen sich oft als immun für derlei Manipulationen. »Eine ausgesprochen elegante Kutsche.« Mina atmete tief durch und deutete mit dem Kinn auf seine Hand. Warum nicht gleich aufs Ganze gehen? »Und was für ein schöner Ring. Hat er eine besondere Bedeutung?«
Obwohl sein Blick ruhig blieb, konnte Mina sich nicht des Eindrucks erwehren, dass er sich insgeheim köstlich amüsierte. Als wüsste er genau, worauf sie hinauswollte. Aber wieso? Auf ihr Gedächtnis konnte sie sich jedenfalls verlassen, und es war unbestritten, dass Monroe sie in Hongkong für ein hirnloses Ding gehalten hatte. »Nicht wirklich«, antwortete er.
Mina beschloss, sich dumm zu stellen. »Mir war, als hätte ich ein Symbol gesehen …«
Monroe warf einen Blick auf seine Hand, die auf dem Rücken der Sitzbank ruhte. Dann spreizte er die Finger, als würde er das Schmuckstück bewundern, was bei ihm aber keineswegs unmännlich wirkte. Er hatte die seltene Gabe, sich mit Anmut und Geschmeidigkeit zu bewegen, ohne dabei auch nur einen Funken seiner Männlichkeit einzubüßen. »Das Familienwappen«, antwortete er gelassen.
Als der Kater ein wütendes Fauchen ausstieß, lockerte Mina augenblicklich den Griff. »Deutet das normalerweise nicht auf aristokratische Wurzeln hin?«
»Heutzutage ist das schwer zu sagen. Zuweilen kann es auch auf einen einfallsreichen Ahnenforscher hinweisen.«
»Und … sind Sie einfallsreich?«
»Nicht übermäßig.«
Ihre Einfältigkeit überraschte Mina. Ein Adliger! Und sie hatte Ridland für selbstherrlich gehalten! »Nun denn«, hob sie an, verlor aber im nächsten Augenblick den Faden. Ein Blaublütiger, der im Orient herumlief und den Spion mimte! Welch eine idiotische Vorstellung – aber wie hätte sie das ahnen können?
Monroe zog eine Augenbraue hoch. »Aha. Sie sind also einer von den Yankees.«
» Den Yankees?«
»Die, die sich von demokratischen Vorurteilen blenden lassen.«
»Oh, ich kann durchaus sehr gut sehen. Es ist ein sehr auffallender Ring.«
Der Kater schickte sich an, sich auf Minas Schoß niederzulassen. Sein Schwanz wedelte vor ihrem Gesicht herum, und sie war gezwungen, auf höchst ungeziemende Weise auszuatmen, damit ihr keine Haare in den Mund flogen.
»Sind Sie sich eigentlich sicher, dass dies Ihre Katze ist?«, erkundigte sich Monroe.
Allmählich riss Mina der Geduldsfaden. Ein Adliger . »Da ich ihn im Arm halte, dürfte das wohl naheliegen. Warum fragen Sie?«
»Weil er Sie nicht zu mögen scheint.«
Diese Anmerkung war keinesfalls schmeichelhaft. »Er ist von der nervösen Sorte und mag es nicht, gegen seinen Willen festgehalten zu werden.« Mina bedachte Monroe mit einem strengen Blick, den er aber nicht bemerkte, da er zu sehr damit beschäftigt war, den Kater zu beobachten.
»Ist er stubenrein?«
Mit Genugtuung dachte Mina an die zahlreichen stinkenden Stellen, die der Kater in der Pension hinterlassen hatte. Wo auch immer Monroe sie hinbringen mochte, sie war nicht wehrlos. »Einigermaßen. Sind Sie eine Art Lord?«
»So in etwa.«
Die Kutsche machte einen Satz nach vorne, als sie sich in Bewegung setzte. Um nicht gegen die Wand zu prallen, ließ Mina die Katze los und griff nach einem der Halteriemen, während Monroe sich nicht vom Fleck rührte. Diese lässige Selbstbeherrschung konnte sich noch als Ärgernis herausstellen, dachte Mina. »Heißen Sie wirklich Monroe?«
»Nein.«
Lächelnd wartete Mina ab.
Als er ihr Lächeln erwiderte, lag ein Hauch von Spott darin. Aus einem nicht erfindlichen Grund schien er sich königlich zu amüsieren. Wäre sie eine Frau mit schwachen Nerven, hätte sein Verhalten sie aus der Fassung gebracht.
Mina schätzte sich glücklich, neue Erkenntnisse über ihn gewonnen zu haben. Er war attraktiv, ein versierter Lügner, und er neigte zu Argwohn. Die Bedrohung mit einer Schusswaffe ließ ihn
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