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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Sorge um Ihre Mutter.«
    Sie riss die Augen auf und schleuderte ihm einen stechenden Blick zu. »Denken Sie etwa, ich mache mir keine Sorgen?«
    »Es lag mir fern, Ihnen Vorwürfe zu machen.« Sein Erstaunen schien echt. Sie entspannte sich ein wenig. »Aber Sie wirken ganz und gar nicht ungeduldig. Nach meinem Eindruck war das in London ganz anders.«
    Ungeduld war eine entsetzliche Verlockung. Es behagte Mina nicht, dass Ashmore ausgerechnet dieses Wort benutzt hatte, schien es doch dieses Gefühl mitten in dieses Zimmer zu tragen. Die Ungeduld war wie ein Tier, das dem Menschen die Klauen in die Lungen schlug und ihm das Atmen fast unmöglich machte. »Was würde ich damit gewinnen, ungeduldig zu sein?« Es war sinnlos, sich in etwas zu verbeißen, das man ohnehin nicht ändern konnte. In ihrem Leben hatte es bereits mehrere grässliche Situationen gegeben, in denen sie keine andere Chance gehabt hatte, als abzuwarten. Taten waren das Einzige, was zählte. Und waren diese nicht möglich, entwickelte sich eine besondere Form der Folter: das Grübeln. Sich das Gehirn zu zermartern, war nicht minder effektiv als Schreie, Dunkelheit, Hitze und Hunger. Oh nein, an dergleichen wollte sie nicht denken. »Ungeduld ist vollkommen fehl am Platz«, sagte sie scharf.
    »Aber dadurch bleiben Sie fokussiert«, hielt er dagegen, wenngleich sein Gesichtsausdruck nahelegte, dass er willens war, sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. »Wir wissen jetzt, dass bereits in London jemand unsere Verfolgung aufgenommen hat. Dieser Jemand wird dorthin zurückkehren und seinen Auftraggeber darüber informieren, wo sich unsere Spur verloren hat. Das ist wohl kaum der geeignete Zeitpunkt für ein Nickerchen, wie ich finde.«
    »Im Gegenteil, der Zeitpunkt ist perfekt.« Mina sah ihn verwundert an, stand sein Handeln doch im krassen Widerspruch zu seinen Worten, weil er vollkommen entspannt auf dem Bett lag »Sie meinen also, es wäre das Beste, gut ausgeruht zu sein, falls und wenn sie uns aufspüren?« Und weshalb musste ausgerechnet sie ihm das erklären? »Ein Mann, der jahrelang mit politischen Ränken zu tun hatte, sollte sich in derartigen Dingen eigentlich auskennen.«
    Ein seltsamer Ausdruck schob sich über sein Gesicht. Es war nicht das erste Mal, das sie diesen Blick an ihm heute registrierte. Ein Blick, der ihr ein warmes und eigenartiges Gefühl bescherte, das in keinerlei Zusammenhang mit dem Verlangen stand, das er in ihr entfachte. Sie war es gewohnt, angestarrt zu werden, jedoch nicht auf so nachdenklich-interessierte Weise, die fast schon wissenschaftlich anmutete. »Ist was?«, fragte sie mit leicht defensivem Unterton. Um nicht rot anzulaufen, atmete sie tief durch.
    Die Brise, die durch das offene Fenster hereinwehte, verfing sich in seinem langen Haar. »Mir schwant, Sie könnten besser geeignet sein für meine ehemalige Arbeit als ich.«
    Dieser Gedanke zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Es gefiel ihr, dass er sie sich als eine Entfesslungskünstlerin vorstellen konnte, die kreuz und quer durch die Welt reiste, um Rüpeln zu zeigen, was Gerechtigkeit bedeutete. Dergleichen verlangte Geschicklichkeit sowie eine gehörige Portion Verschlagenheit. Das Kompliment – so fühlten sich seine Worte zumindest an, vor allem, weil sie annahm, dass er sie nicht als solches gemeint hatte – rührte sie zu Großzügigkeit. »In Hongkong haben Sie kein schlechtes Bild abgegeben; Sie haben uns alle an der Nase herumgeführt. Das war sehr schlau eingefädelt.« Zumindest bis zu dem Abend, an dem er vergiftet worden war, hätte sie Stein und Bein geschworen, dass er Amerikaner war.
    Er zuckte die Achseln. »Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht gut war. Aber ich habe mir den Job nicht ausgesucht und ihn deshalb nie gemocht.«
    Was für ein Unsinn! Als er heute aus dem Bahnhof gestürmt war, hatte sein Gesicht gestrahlt, und als sie applaudiert hatte, war er sogar in Lachen ausgebrochen. Sie stellte den Trinkkrug auf dem Boden ab und gab sich alle Mühe, seine veränderte Haltung zu entschlüsseln. »Nicht einmal heute? Sie haben also nicht einmal beim Sprung aus dem Zug den Anflug von Nervenkitzel verspürt?«
    Ashmore hob die Hand, drehte sie um und betrachtete den Handteller. Selbst die Haltung seiner Finger zeugte von Eleganz, und sein Sprung aus dem Zug hatte an die Anmut eines Tänzers erinnert. Wäre Mina Wissenschaftlerin, sie hätte ein großes Interesse daran, an ihm die optimalen Bewegungsabläufe des

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