Die Wahrheit der letzten Stunde
das in keinem schlechten Licht erscheinen las sen, sondern nur Metz, der seinen eigenen Zeugen unterschätzt hat.
Obwohl ihm nicht ganz wohl dabei war, hat Metz Fle eher nachgegeben und ihn sein Geheimnis über Faith White für sich behalten lassen, wenn er dafür nur einige geringfügigere vor Gericht enthüllt. Aber diese schlichte Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit, das ergibt einfach keinen Sinn. »Sie haben doch sicher irgendetwas herausgefunden.«
»Herr Anwalt, Sie wollen mich doch nicht zum Lügen verleiten, oder?«
Metz fühlt die Ader an seiner Schläfe pochen. Er versucht es mit einer anderen Annäherung, mit Fragen, die sie einstudiert haben, um zu sehen, ob Fletcher doch wieder auf Kurs geht. »Haben Sie Faith White je ein Wunder wirken sehen?«
Ian zögert den Bruchteil einer Sekunde, ehe er antwortet. »Nicht direkt«, sagt er.
»Wo waren Sie am Abend des dreizehnten Oktober?«
»Ich befand mich mit meinem Wohnmobil auf dem Grundstück der Whites.«
»Was geschah an jenem Abend gegen zweiundzwanzig Uhr?«
»Ich lief Faith über den Weg. Buchstäblich. Sie lief im Dunkeln durch den Wald.«
»Wusste ihre Mutter, dass sie draußen war?«
»Nein«, gibt Ian zu. »Was ist passiert?«
»Sie hat geblutet. Sie … ist ohnmächtig geworden, und ich habe sie nach Hause getragen. Zu ihrer Mutter.«
»Lassen Sie mich das noch einmal zusammenfassen. Das Kind irrte ohne Wissen der Mutter im Dunkeln blutend und fast ohnmächtig durch den Wald?«
Ian runzelt die Stirn. »Als ich Faith zu Mrs. White brachte, reagierte sie sofort. Sie brachte Faith ins Krankenhaus, damit sie sofort medizinisch versorgt wurde.«
»Wäre es denkbar, dass Faith White weggelaufen war, weil ihre eigene Mutter ihr wehgetan hatte?«
»Einspruch!«
»Abgelehnt«, entschied Richter Rothbottam. Ian zuckt die Achseln. »Ich habe ihre Mutter nichts dergleichen tun sehen.«
»Aber wäre es möglich?«
»Ich habe auch nicht gesehen, wie Sie Faith in jener Nacht etwas getan haben, Mr. Metz, aber ich denke, es läge durchaus im Bereich des Möglichen.«
Metz zögert. Er kommt einfach nicht dahinter, was für ein Spiel Fletcher spielt. Sie stehen auf derselben Seite - sie beide sind daran interessiert, das Kind als Betrügerin zu entlarven, wenn auch aus unterschiedlichen Motivationen heraus. »Können Sie uns noch weitere Beispiele für Mrs. Whites mangelnde Eignung als verantwortungsbewusster Elternteil nennen?«
Ian legt die Stirn in Falten, als würde er angestrengt nachdenken. Dann entspannen sich seine Züge wieder und er lächelt. »Nein. Tatsächlich habe ich nur Beweise des Gegenteils gesehen. In der ganzen Zeit, in der ich versucht habe, Faith zu diskreditieren, hatte ich den Eindruck, als wäre Miss White eine verdammt gute Mutter.«
Ian lässt den Blick über die Gesichter im Zuschauerraum schweifen und dann auf Mariah ruhen. Siehst du? Dann richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf Metz und das nachdenkliche Glitzern in den Augen des Anwalts.
»Sie sagen, Sie haben den Fall Faith zwei Monate lang untersucht.«
»Das ist richtig.«
»Können Sie uns etwas mehr über diese Untersuchun gen erzählen?«
Ian legt die Fingerspitzen aneinander. »Im Augenblic’ fällt mir nichts Spezielles ein.«
»Wie interessant«, bemerkt Metz zynisch, »zumal Si beide vor etwa einem Monat mit demselben Flug nach Kansas City geflogen sind.« Er legt ein Blatt Papier als Beweisstück vor; ganz oben ist das Logo einer Fluggesellschaft zu erkennen.
Ian versucht, sich nichts anmerken zu lassen; es hat immer die sehr reale Möglichkeit bestanden, dass Metz’ Detektive darauf stießen. Aber zu wissen, dass ein Flug stattgefunden hat, bedeutet noch lange nicht, auch zu wissen, warum. Die eigentliche Frage war, wie viel Metz herausgefunden hatte.
»Vielleicht können Sie uns sagen, was Sie auf dieser Reise über Faith und Mariah White in Erfahrung gebracht haben?«
Metz starrt Ian eindringlich an. Er will, dass sein Zeuge endlich zugibt, dass er Mutter und Tochter nach Kansas gefolgt ist, um mehr über sie zu erfahren. Und er soll endlich damit herausrücken, was er dabei aufgedeckt hat.
»Ach«, sagt Ian, Überraschung vortäuschend. »Ich wusste gar nicht, dass sie an Bord waren. Ich flog Erster Klasse … ich bin gar nicht nach hinten in die Economy Class gegangen.« Er lächelt Metz unschuldig an. »Was für ein Zufall.«
»Wenn Sie nicht an Bord dieser Maschine waren, um im Fall White zu recherchieren - und Sie haben selbst
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