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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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an der ganzen Misere?« Mit zitterndem Finger zeigt sie auf Colin. »Er hat meiner Tochter das alles schon einmal angetan. Er hat sie einsperren lassen. Ich denke, man sollte vielmehr ihn einsperren, weil er ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Triebe unter Kontrolle zu halten…«
    »Mrs. Epstein«, unterbricht Joan sie mit fester Stimme. »Wenn Sie bitte nur die Fragen beantworten würden?« Sie räuspert sich und wirft Millie einen durchdringenden Blick zu.
    »Nein. Jetzt wo ich hier bin, möchte ich auch aussprechen, was ich zu sagen habe. Welche Frau würde nicht in Depressionen verfallen, wenn ihr Mann sie am laufenden Band betrügt? Ich verstehe nicht, warum …«
    »Ma’am«, meldet sich Richter Rothbottam mit warnendem Tonfall zu Wort. »Ich muss Sie bitten, sich zu mäßigen.«
    Joan tritt derweil mit einem starren Lächeln direkt vor den Zeugenstand. »Halten Sie den Mund«, knurrt sie zähneknirschend. »Mrs. Epstein, es gibt verschiedene Gründe, um jemandem auf juristischem Wege das Sorgerecht für sein Kind abzuerkennen. Hat Mariah ihres Wissens Faith zu irgendeinem Zeitpunkt sexuell missbraucht?«
    »Um Himmels willen, nein.«
    »Hat sie ihre Tochter je geschlagen?«
    »Sie gibt Faith nicht einmal einen Klaps auf den Po, wenn sie frech ist.«
    »Hat Mariah Faith jemals seelisch gequält?«
    »Niemals!«, ereifert sich Millie. »Sie unterstützt sie in allem.«
    »Arbeitet Mariah außer Hause, oder ist sie aus sonst einem Grund die meiste Zeit von ihrer Tochter getrennt?«
    »Sie ist in jeder Minute bei ihr.« Millie wirft einen säuerlichen Blick auf den Richter. »Wenn man es ihr nicht verbietet.«
    »Danke«, sagt Joan und setzt sich wieder, ohne Millie Gelegenheit zu geben, noch etwas zu sagen.
     
    Metz mustert Millie Epstein abschätzig. Er weiß verdammt gut, warum Joan ihre Befragung so kurz gehalten hat - die alte Schachtel ist unberechenbar. Wie Joan will auch er Fragen zu ihrer Wiederauferstehung vermeiden, Fragen, die ihn nur zum Gespött seiner Kollegen machen würden. Er lächelt, womit er Millie etwas aus dem Konzept bringt. Nach allem, was Joan ihr erzählt hat, hat sie ihn sich sicher als Monster vorgestellt. »Mrs. Epstein, Sie lieben Mariah wirklich sehr, nicht wahr?«
    Millies Züge entspannen sich und werden weicher, ja.«
    »Ich wette, Sie beide haben sich immer sehr naheg standen.«
    Metz lehnt sich an den Zeugenstand. »Sie waren bei der Diplomübergabe an ihrer Highschool dabei?«
    »Sie war Klassenbeste«, sagt Millie stolz. »Und das College? Magna cum laude?«
    »Summa.«
    »Erstaunlich. Ich habe in Englisch nur mit Ach und Krach bestanden«, scherzt Metz. »Und selbstverständlich waren Sie auch bei der Hochzeit dabei.«
    Millie verzieht geringschätzig den Mund. »Ja.«
    »Ich wette, Sie haben ihr alles beigebracht, was eine gute Mutter ausmacht.«
    »Nun ja«, entgegnet Millie und errötet bescheiden, »ich habe mein Bestes getan.«
    »Ich wette, Sie haben ihr auch gesagt, wie sie Faith über diese schwere Zeit hinweghelfen kann, habe ich Recht?«
    Millie schiebt das Kinn vor. »Ich habe ihr immer wieder gesagt: Als Mutter setzt man sich für sein Kind ein, immer und in jeder Situation.«
    »Und hat Mariah das für Faith getan? Sich für sie eingesetzt?«
    »Ja!«
    Metz nagelt sie mit seinem Blick fest. »Und tun Sie jetzt dasselbe für Mariah?«
     
    Millie blickt zum Richter auf. »Und? War es das?«
    Richter Rothbottam trommelt mit den Fingern auf seinen Tisch. »Wissen Sie, Mrs. Epstein, um ehrlich zu sein, hätte ich noch ein paar Fragen an Sie.« Er blickt abwechselnd auf die beiden Anwälte. »Offenbar sind unsere Damen und Herren Anwälte in diesem Punkt etwas schüchtern.«
    Millie wirft sich unter seinem Blick richtig in Pose. »Fragen Sie nur, Euer Ehren.«
    »Ich habe, äh, in einigen Zeitungen gelesen, Sie wären … wiederauferstanden?«
    »O ja.« Millie kramt in ihrer großen Handtasche. »Ich habe meine Sterbeurkunde sogar dabei.«
    »Sie brauchen sie mir nicht erst zu zeigen«, sagt er lächelnd. »Aber könnten Sie mir vielleicht mehr darüber erzählen?«
    »Über die Sterbeurkunde?«
    »Nein. Die Wiederauferstehung. Wie lange waren Sie klinisch tot?«
    Millie zuckt die Achseln. »Etwa eine Stunde. Und darauf kann ich Ihnen gewissermaßen Brief und Siegel geben.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich habe mir ein hitziges Wortgefecht mit Ian Fletcher geliefert. Dann plötzlich lag ich auf dem Boden und bekam keine Luft mehr. Danach weiß ich

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