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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Beklemmungen, Schwindel. Außerdem können Bluthochdruck, Nesselsucht, Übelkeit, Durchfall, Gewichtsverlust, Brustschmerzen und Tinnitus auftreten.«
    »Was ist mit Halluzinationen?«
    »Ja«, gibt Dr. Johansen zu. »Aber das kommt nur äußerst selten vor.«
    »Und Selbstmordgedanken?«
    »Gelegentlich. Aber Sie müssen bedenken, dass ich diese spezielle Patientin ein Jahr lang beobachtet habe, als sie täglich eine Dosis von zwanzig Milligramm dieses speziellen Medikaments eingenommen hat. Ich weiß, wie ihr Körper darauf reagiert. Würde sie dieses Medikament zum ersten Mal einnehmen, wären Ihre Bedenken durchaus gerechtfertigt, Mr. Metz. Aber bei Mrs. White sind keinerlei Nebenwirkungen aufgetreten.«
    »Hat sie die Einnahme dieses Medikaments nicht meh rere Jahre unterbrochen?« ‘ »Das ist richtig.«
    »Kommt es nicht manchmal bei Absetzen des Medikaments zu heftigen Reaktionen?«
    »Das kommt vor.«
    »Gehören dazu nicht Selbstmordversuche, Psychosen, Sinnestäuschungen und Halluzinationen?«
    »Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Sie von einer verschwindend geringen Anzahl von Patienten sprechen, bei denen solcherlei Nebenwirkungen bei der Einnahme oder beim Absetzen dieses Medikaments auftreten«, entgegnet Johansen zurückhaltend.
    »Aber wäre es nicht möglich, dass nach jahrelanger Einnahmepause heute doch auch bei ihr gewisse Nebenwirkungen auftreten?«
    »Sie hat mir gegenüber keine erwähnt, Mr. Metz.«
    Der Rechtsanwalt kehrt dem Zeugen den Rücken zu. »Dr. Johansen, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der erfolgreich wegen Depressionen therapiert wird, einen Rückfall erleidet?«
    »Ich bin nicht mit der Statistik vertraut.«
    »Aber es kommt doch recht häufig vor, oder?«
    »Ja. Aber für gewöhnlich haben die Patienten, bei denen die Therapie angeschlagen hat, gelernt, sich in einem solchen Fall hilfesuchend an einen Facharzt zu wenden.«
    »Verstehe. Einfach ausgedrückt heißt das also, dass bei jemandem, der einmal verrückt war, die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er wieder verrückt wird?«
    »Einspruch!«
    »Ich ziehe die Frage zurück«, sagt Metz aalglatt. »Keine weiteren Fragen, Doktor.«
    Joan ist aufgesprungen, noch bevor er zu Ende gesprochen hat. »Ich möchte noch etwas klarstellen«, sagt sie knapp. »Ich würde gerne Klarheit schaffen bezüglich der Begriffe >Geistesgestörtheit< und >Depressionen<. Haben sie die gleiche Bedeutung?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Wie lautete die Diagnose bei Mariah White?«
    »Suizidale Depression«, entgegnet Johansen. »Haben Sie schon einmal vom Münchhausen-Syndrom gehört?«
    »Ja.«
    »Ist zu erwarten, dass eine Person, die wegen suizidaler Depression behandelt wird, sieben Jahre später am Münchhausen-Syndrom erkrankt? Ich meine, besteht da ein direkter Zusammenhang?«
    Dr. Johansen bricht in schallendes Gelächter aus. »Einen solchen Zusammenhang herzustellen wäre das Gleiche, als würde man daraus, dass jemand morgens frühstückt, schließen, dass er Unterwäsche trägt.«
    »Danke, Doktor«, schließt Joan die Befragung ab. »Das war dann alles.«
     
    Als Millie auf den Zeugenstand zumarschiert, sagt sie sich, dass sie lange genug den Mund gehalten hat. Wenn Joan sie schon als Leumundszeugin für Mariah haben will, soll sie auch auf ihre Kosten kommen. Sie nimmt Platz und bedeutet der Anwältin mit einem Nicken, dass sie bereit ist.
    »Mrs. Epstein, wie oft sehen Sie Faith?«
    »Mindestens jeden zweiten Tag.«
    »Wie oft sehen Sie Faith und Mariah im Umgang miteinander?«
    »Ebenso häufig.«
    »Ist Mariah Ihrer Meinung nach eine gute Mutter?«
    Ganz stolze Mutter, strahlt Millie über das ganze Gesicht. »Sie ist eine wundervolle Mutter. Und sie strengt sich mehr an als andere Mütter, weil sie es besonders gut machen will.«
    »Wie ist Mariah mit dem Medienrummel um Faith in der letzten Zeit umgegangen?«
    »Wie würden Sie damit umgehen?«, kontert Millie. »Sie hat Faith aus der Schule genommen und hält sie vor den Kameras versteckt. Sie tut, was sie nur kann, um ihr ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.« So. Das war ihr Pflichtprogramm, das, was sie mit Joan geprobt hat, bis es ihr an den Ohren herauskam. Aber jetzt spricht sie weiter, sodass Joan verblüfft innehält und aufblickt angesichts dieses ihr unbekannten Textes. »Sie alle glauben offenbar, dass Mariah diejenige ist, die immer wieder ihre Zulänglichkeit beweisen muss. Aber wer trägt denn tatsächlich die Schuld

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