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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Unterbewusstsein?«
    »Durch Trennung der beiden. Ich würde Mrs. White von ihrem Kind trennen und abwarten, ob die Symptome nachlassen.«
    »Was würden Sie davon halten, wenn ich Ihnen sagte, dass ein Kind, das nach Herz- und Nierenversagen im Koma lag, sich innerhalb von nur einer Stunde fast vollständig erholt hat, als die Mutter nach längerer Trennung wieder bei ihm war?«
    »Das würde das Münchhausen-Syndrom auf jeden Fall ausschließen.«
     
    »Sie sind sich nicht hundert Prozent sicher, nicht wahr?«, fragt Metz. »Ob Faith an einer psychosomatischen Störung leidet, meine ich … oder ihre Mutter am Münchhausen-Syndrom.«
    »Nun…«
    »Treten nach hässlichen Scheidungen immer psychosomatische Störungen bei den Kindern auf?«
    »Nein«, entgegnet Dr. Fitzgerald. »Es könnten auch >nur< Verhaltensstörungen auftreten.«
    »Könnten Sie uns einige Beispiele hierfür nennen, Doktor?«
    »Manchmal werden Kinder sehr aggressiv oder sexuell auffällig. Die Schulleistungen lassen nach. Der Appetit nimmt drastisch zu oder ab. Die Liste ist ellenlang, Mr. Metz.«
    »Ich verstehe. Wird nur ein geringer Prozentsatz von Münchhausen-Fällen erkannt?«
    »Das ist anzunehmen.«
    »Dann könnte man sagen, dass die Krankheit zwar selten ist, aber doch häufiger auftritt, als man gemeinhin annehmen würde?«
    »Das ist richtig.«
    »Stimmt es nicht, dass die meisten Patienten, bei denen das Münchhausen-Syndrom festgestellt wird, weiblich sind und im Durchschnitt dreiunddreißig Jahre alt?«
    »Ja.«
    »Wie alt ist Mariah White, und welchem Geschlecht hört sie an?«
    »Sie ist weiblich und dreiunddreißig Jahre alt.«
    »Ist Mariah Faith Whites Mutter?«
    »Ja.«
    »Haben die meisten Menschen, die am Münchhausen-Syndrom leiden, ein extrem stressiges Ereignis hinter sich wie beispielsweise eine Scheidung?«
    »Ja.«
    »Wurde Mariah White kürzlich erst geschieden?«
    »Ja.«
    »Die meisten Münchhausen-Kranken besitzen einige Erfahrungen auf medizinischem Gebiet, entweder als Patienten oder aus beruflichen Gründen, richtig?«
    »Ja.«
    »Hat Mariah White mehrere Monate in einer Nervenheilanstalt verbracht?«
    »Ja.«
    »Stimmt es nicht, dass beim Münchhausen-Syndrom die Eltern großes Interesse an der Behandlung des Kindes bekunden?«
    »Ja«, entgegnet Dr. Fitzgerald trocken. »Aber die meisten Eltern eines kranken Kindes - ob sie nun am Münchhausen-Syndrom leiden oder nicht - interessieren sich für Einzelheiten der medizinischen Behandlung ihres Kindes.«
    Metz ignoriert diese Anmerkung. »Hat Mariah White großes Interesse an der Behandlung ihrer Tochter gezeigt?«
    »Soweit ich weiß, ja.«
    »Stimmt es nicht, dass die meisten Symptome, die in einem Fall von Münchhausen-Syndrom auftreten, nicht auf herkömmliche Behandlungsmethoden ansprechen?«
    »Ja.«
    »Haben die Wunden an Faith Whites Händen bislang allen herkömmlichen Behandlungsmethoden wie der Verabreichung eines gerinnungsfördernden Mittels getrotzt?«
    »Ja.«
    »Hat Faith White trotz Einnahme von Antipsychotika weiterhin Halluzinationen gehabt?«
    »Ja.«
    »Stimmt es nicht, dass Menschen, die am Münchhausen-Syndrom leiden, sich unbewusst danach sehnen, dass man ihnen mehr Aufmerksamkeit widmet?«
    »Ja.«
    »Und erregt der Fall Faith White ein großes Maß an Aufsehen?«
    »Ja«, entgegnet der Arzt seufzend.
    »Stimmt es nicht, dass Menschen, die am Münchhausen-Syndrom leiden, abstreiten, was sie tun, entweder, weil sie pathologische Lügner sind, oder weil ihnen ihr eigenes Verhalten nicht bewusst ist?«
    »Ja.«
    »Hat Mariah White zugegeben, Faith die Wunden beigebracht zu haben?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Passt das ins Profil einer Erkrankung am Münchhausen-Syndrom?«
    »Ja.« Fitzgerald wölbt eine Braue. »Aber selbstverständlich entspricht das ebenso dem Profil einer Mutter, die ihrem Kind kein Haar gekrümmt hat.«
    »Und doch haben Sie mir gerade zehn konkrete Gründe genannt, Doktor, die dafür sprechen, dass wir es hier mit einem Fall von Münchhausen-Syndrom zu tun haben. Wenn es aussieht wie ein Stinktier, riecht wie ein Stinktier und sich verhält wie ein Stinktier … Nun, Sie können doch nicht guten Gewissens behaupten, dass es sich hier eindeutig und zweifelsfrei um eine psychosomatische Störung handelt, oder?«
    Dr. Fitzgerald presst die Lippen zu einem feinen Strich zusammen. »Das ist eine völlig verquaste Logik.«
    Metz schüttelt den Kopf. »Ja oder nein.«
    »Nein.«
    »Und was heißt das?«
    Der

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