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Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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so laut. Meine Kinder schlafen nebenan.«
    Das Bad war gerammelt voll. Passan war in eine Jeans geschlüpft und hatte sich die 45er hinten in den Gürtel gesteckt. Isabelle Zacchary kauerte in der Kabine. In der Feuchtigkeit schmiegte sich der Overall eng an ihren Körper, doch dafür hatte jetzt niemand Sinn. Zwei Techniker der Spurensicherung machten sich oberhalb des Waschbeckens zu schaffen. Auch sie waren im Overall und trugen Gesichtsmasken, Kopfhauben, Chirurgenhandschuhe und Überschuhe.
    Fifi stand schwitzend und verdattert auf der Schwelle. Die beiden Wachposten hinter ihm wirkten wie vom Donner gerührt. Auch Mazoyer war inzwischen angekommen, obwohl er nicht mehr gebraucht wurde.
    »Dein Freund hat Blut in kleinen Röhrchen eingefroren«, erklärte Zacchary. »Auf diese Weise kamen dünne Stängelchen zustande, die er da oben deponiert hat. Da, wo die Fliesen enden.«
    Im Bad herrschte eine Bullenhitze. Es roch ziemlich unpassend nach Zedernholz.
    »Als du die Dusche angedreht hast, wurde es warm, und das Blut hat sich verflüssigt. Es dürfte sich etwa um zwei Liter handeln.«
    Wie betäubt lauschte Passan den Erklärungen. Seine Lider schmerzten, als habe er stundenlang in einen Hochofen gestarrt. Der Feind bewies eine Dreistigkeit, die alles in den Schatten stellte, was er bisher erlebt hatte – und das war weiß Gott nicht wenig.
    »Ist es Affenblut?«
    »Nein, es ist menschlichen Ursprungs«, meldete sich einer der beiden Techniker. Er hielt ein Reagenzglas mit einer Masse in dunkler Pflaumenfarbe in der Hand.
    »Die Reaktionen lassen keinen Zweifel.«
    Passan trat näher. Trotz der Wärme klumpte das Blut immer noch auf seiner Haut zusammen und zerrte an seiner Behaarung. Er spürte, wie sich sein Herz zusammenzog.
    »Hast du schon die Blutgruppe?«, fragte Zacchary.
    »Gleich.«
    Der zweite Techniker hantierte mit Phiolen herum. Seine Gesichtsmaske verlieh ihm das Aussehen eines mittelalterlichen Kriegers.
    Sekunden vergingen und verwandelten sich in Schweißtropfen.
    »Da haben wir es«, triumphierte der Maskenmann schließlich. »AB. Ziemlich selten.«
    Passan rannte so plötzlich in den Flur hinaus, dass er Fifi und die anderen Polizisten anrempelte.
    Fifi packte ihn am Arm.
    »Was ist denn los?«
    »Meine Kinder haben die gleiche Blutgruppe.«
    Erneut öffnete er leise die Tür zum Kinderzimmer. Unwillkürlich hielt er den Atem an. Zunächst sah er nichts, doch dann gewöhnten sich seine Augen an das Halbdunkel.
    Er trat an Shinjis Bett, kniete sich hin und richtete das schlafende Kind vorsichtig auf. Zwar hatte er den Kleinen schon wenige Minuten zuvor untersucht, doch dieses Mal konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf Handgelenke und Unterarme. Langsam arbeitete er sich bis zu den Schultern vor.
    Und plötzlich sah er es. Das Kind hatte winzige Einstichstellen in den Armbeugen. Die drehenden Sterne des Nachtlichts ließen die Markierungen verschwinden und wieder auftauchen. Passan krümmte sich zusammen, verbarg den Kopf in den Händen und biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien.
    Lautlos näherte er sich Hiroki, schob die Ärmel zurück, bog die Arme des Kleinen auseinander und entdeckte auch bei ihm Einstichlöcher. Er spürte, wie sein Herz zu Eis wurde. Wer war hier eingedrungen und hatte das Blut seiner Kinder gestohlen? Wann? Wie? Und warum hatten weder er noch Naoko etwas von diesen Besuchen gemerkt?
    Er küsste das Kind und ließ seinen Kopf sanft auf das Kissen zurückgleiten. Mühsam richtete er sich auf, ging auf Zehenspitzen rückwärts und schloss lautlos die Tür hinter sich.
    »Und?«, wollte Fifi wissen.
    Passan versetzte der Wand im Flur einen wütenden Faustschlag.

39
    »Sie müssen sich ausziehen.«
    »Was?«
    »Ich sage kein Wort, solange Sie nicht nackt sind.«
    »Was ist denn das für ein Schwachsinn?«
    »Ich habe die Idee aus einem Film, und sie erscheint mir wirklich gut.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte irgendwo ein Mikrofon versteckt?«
    Jean-Pierre Levy hatte Guillard von Anfang an geduzt, Guillard selbst hielt sich jedoch an die Höflichkeitsform. Diese Art der Anrede hatte seines Erachtens mehr Stil.
    »Ziehen Sie sich aus.«
    »Vergiss es. Wenn du die Kohle nicht in fünf Sekunden rausrückst, mache ich die Biege. Aber dann hast du morgen früh meine Jungs auf dem Hals. Hier wird nach meinen Regeln gespielt, Arschloch.«
    Guillard lächelte. Der Bulle log. Da Guillard hochklassige Autos mit starken Motoren verkaufte, bestand seine Kundschaft

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