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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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Begeisterung in ihre Stimme zu legen, aber ihre Schwiegertochter hatte sich wieder im Griff und ihre Fassung wiedergefunden.
    »Schön«, sagte sie kühl, neigte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Übrigens, Rachel, Rob sagte, du bringst eine Pawlova mit. Aber das ist wirklich nicht nötig.«
    »Keine Ursache, Lauren«, meinte Rachel und glaubte, Rob seufzen zu hören.
    »Dann kommt Will also auch noch vorbei?« Lucy stützte sich auf Tess’ Arm, als sie auf der vorderen Veranda standen und dem Taxi nachsahen, das mit Felicity um die Ecke bog. Liam war im Haus verschwunden. »Es ist wie in einem Theaterstück. Abgang der bösen Geliebten. Auftritt des geläuterten Ehemannes.«
    »Sie ist keine böse Geliebte«, sagte Tess. »Sie hat erzählt, sie sei schon seit Jahren in ihn verliebt.«
    »Um Himmels willen!«, brummte Lucy. »Törichtes Mädchen! Andere Mütter haben auch schöne Söhne. Da muss sie sich nicht ausgerechnet deinen Mann angeln.«
    »Er ist immerhin ein ziemlich toller Hecht.«
    »Höre ich da heraus, dass du ihm verzeihst?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Es kommt mir so vor, als hätte er sich nur wegen Liam für mich entschieden, als fände er sich mit mir ab. Mit der Zweitbesten.«
    Der Gedanke daran, dass sie Will sehen würde, stürzte sie in eine Verwirrung, die kaum erträglich war. Würde sie weinen? Schreien? Ihm in die Arme fallen? Ihm ins Gesicht schlagen? Ihm ein Karfreitagsbrötchen anbieten? Er liebte Karfreitagsbrötchen. Obwohl er eindeutig keines verdient hatte. »Nein, du kriegst kein Brötchen, Schatz.« Genau darin lag das Problem. Es hieß Will. Sie konnte sich unmöglich vorstellen, das gebührende Maß an Drama, an getragenem Ernst, den die Situation verlangte, aufrechtzuerhalten. Vor allem, wenn Liam zugegen war. Auf der anderen Seite war Will nicht mehr der Will, den sie kannte. Er war ein Fremder. Denn der echte Will hätte all das nie geschehen lassen.
    Ihre Mutter legte den Kopf auf die Seite und musterte sie eindringlich. Tess wartete auf eine weise, liebevolle Bemerkung.
    »Ich nehme doch an, du willst ihm nicht in diesem alten, lumpigen Schlafanzug gegenübertreten, meine Liebste? Und du wirst dir auch noch die Haare bürsten, hoffe ich doch.«
    Tess rollte mit den Augen. »Er ist mein Ehemann. Er weiß, wie ich morgens nach dem Aufstehen aussehe. Und sollte er derart oberflächlich sein, dann will ich ihn nicht.«
    »Da hast du natürlich recht«, sagte Lucy und tippte sich an die Unterlippe. »Oje, Felicity sah heute besonders hübsch aus, findest du nicht?«
    Tess lachte. Vielleicht wäre sie versöhnlicher gestimmt, wenn sie angezogen wäre. »Gut, Mum, ich binde mir ein Haarband in die Haare und massiere meine Wangen. Also los, du lahmer Krüppel, ich weiß sowieso nicht, was du hier draußen zu suchen hast!«
    »Ich wollte nichts verpassen.«
    »Sie haben nicht miteinander geschlafen, zufrieden?«, flüsterte Tess, während sie mit der einen Hand die Fliegengittertür aufhielt und mit der anderen ihre Mutter am Ellbogen stützte.
    »Ernsthaft?«, fragte Lucy. »Wie merkwürdig! Zu meiner Zeit ging es in einer außerehelichen Affäre viel heißer zur Sache.«
    »Ich bin fertig!« Liam kam ihnen entgegengerannt.
    Tess runzelte die Stirn. »Fertig, um was zu tun?«
    »Um Drachen steigen zu lassen mit Mr. Whatby oder wie er heißt.«
    » Connor «, keuchte Tess erschrocken und ließ um ein Haar ihre Mutter fallen. »Mist. Wie viel Uhr ist es? Das habe ich ganz vergessen.«
    Rachels Handy klingelte. Sie war gerade losgefahren und am Ende von Rob und Laurens Straße angelangt. Seufzend lenkte sie den Wagen an den Straßenrand und hielt an, um den Anruf anzunehmen. Wahrscheinlich Marla, die sich jedes Jahr zu Janies Todestag meldete. Rachel freute sich, mit ihr zu plaudern. Sie hatte gute Lust, sich über Laurens perfekt getoastete Karfreitagsbrötchen zu beklagen.
    »Mrs. Crowley?« Es war nicht Marla. Es war eine andere Frauenstimme. Sie klang wie eine affektierte Sprechstundenhilfe: genäselt und wichtigtuerisch. »Hier spricht Kriminalkommissarin Strout vom Morddezernat. Ich wollte Sie eigentlich gestern Abend schon anrufen, aber es hat zeitlich nicht mehr gereicht. Deshalb melde ich mich gleich heute früh bei Ihnen.«
    Das Herz schlug Rachel bis zum Hals. Das Video. Die Kommissarin rief am Karfreitag an. An einem gesetzlichen Feiertag. Das bedeutete bestimmt gute Nachrichten.
    »Hallo«, sagte sie freundlich. »Danke für

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