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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Hände sind ruhig und seine Augen geradezu leblos.
    Magnus spürt seinen Puls rasen und ruft: »Zum Teufel, Joe! Was soll das alles? Verdammt noch mal, was machst du hier eigentlich?« Zu seiner Erleichterung lässt Joe die Pistole ein wenig sinken und nicht in Magnus’ Richtung zeigen.
    »Warum sollten wir mit diesen Mistkerlen teilen? Niemand wird sie vermissen, aber ich würde meine zehntausend Dollar vermissen. Sie sind schließlich alles, was ich besitze. Warum sollte ich mein ganzes Hab und Gutan zwei spanische Kleinverbrecher verschleudern? Kannst du mir das verraten, Magnus?«
    »Du hast sie umgebracht, verflucht noch mal.«
    »Der Krieg bietet einfach zu viele Gelegenheiten zum Morden, nicht wahr, Magnus?«
    »Und was ist mit Irribarnes Kontakten in den USA? Die werden doch Jagd auf uns machen …«
    »Sie werden nicht wissen, dass ich es war. Wie ich eben schon sagte: Im Krieg kommen jeden Tag Leute ums Leben. In diesem Land gibt es bald mehr Leichen als Lebende, zwei mehr oder weniger spielen da überhaupt keine Rolle. Begreifst du nicht? Sie verschwinden einfach. Jeden Tag verschwinden hier Leute in irgendwelchen Massengräbern.«
    Magnus sieht, wie sich der Ausdruck in Joes Augen verändert. Sie werden schmaler und schwärzer, und die Pistole zeigt jetzt nicht mehr zu Boden, sondern auf Magnus’ Brustkorb.
    Joe sagt flüsternd, aber zugleich mit einer gewissen Schärfe: »Du wirst doch nicht etwa kalte Füße bekommen, Magnus? Du lässt mich doch nicht im Stich, Magnus? Du bist nach wie vor an der Sache beteiligt. Es ist immer noch viel Geld für dich drin, selbst wenn ich meine Unkosten damit verrechne.«
    Magnus spürt Angst und Kälte in sich aufsteigen, als ihm klar wird, dass er unter keinen Umständen mit dem Leben davonkommt. Joe bringt ihn mit Sicherheit um. Erst braucht er ihn allerdings noch, um die Kisten abzutransportieren. Danach wird er nicht länger von Nutzen für ihn sein, und Mercer wird sich seiner ebenso kaltblütig entledigen, wie er zuvor Ramon und Francisco liquidiert hat, deren Blut jetzt im Staub trocknet.
    Magnus spürt eher, als dass er es hört, wie sich rechts neben ihm etwas bewegt. Er kann es über das Dröhnen und Sausen hinweg erahnen, das die Schüsse in seinenOhren hinterlassen haben. Er streckt seine Hand aus und bekommt den Körper einer Ratte zu fassen. Sie schlägt ihre Zähne in seine Hand, doch bevor sie sich richtig festkrallen kann, schleudert Magnus sie mit einem Unterhandwurf gegen Joes Brustkorb.
    Aus Joes Pistole löst sich ein Schuss und lässt Steinsplitter durch den Raum fliegen. Magnus spürt den Luftzug des Projektils und ein Brennen an seinem Ohr, das anscheinend eine blutende Schramme abbekommen hat.
    Magnus hockt sich auf sein linkes Knie und zieht den Revolver unter seiner Jacke hervor, spannt den Hahn, lässt seine Hand herausgleiten und feuert dabei einen Schuss ab.
    Das Projektil fliegt trotz des geringen Abstands an Joe vorbei, der mit beiden Händen panisch wedelt, um die Ratte zu verscheuchen. Sie hat sich einen Moment lang am Kragen seines Hemdes festkrallen können, fällt dann aber zu Boden und läuft weg.
    »Zum Teufel, Joe«, ruft Magnus, fasst seine Pistole mit beiden Händen und feuert aus geringer Entfernung zwei schnelle Schüsse auf Joes Brustkorb ab. Er spürt den Rückstoß in seiner Hand, empfindet aber nur eine kühle Leere, als er Joe Mercer nach hinten umfallen sieht und hört, wie sein Hinterkopf mit einem lauten Knall auf dem Steinboden aufschlägt. Sein Blut färbt den weißgelben Staub dunkel.
    Magnus hockt sich hin und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sein Atem geht schnell und heftig, und seine Hände zittern noch vom Adrenalinstoß, als er versucht, eine Zigarette aus seiner Tasche zu holen und sie anzuzünden. Es gelingt ihm erst beim vierten Anlauf. Er inhaliert den Rauch tief in die Lunge und hält die Luft so lange wie möglich an. Ihm brennen die Augen, und aus seinem Magen steigt beißende Magensäure auf. Er fasst sich ans Ohr. Es blutet nur leicht. Er raucht gierig, undallmählich beruhigt sich sein Pulsschlag, wird seine Atmung wieder regelmäßiger.
    Er handelt jetzt instinktiv, geht kaltblütig und systematisch vor. Er schließt die Deckel der Kisten, befestigt die Vorhängeschlösser und bedeckt sie mit dem staubigen Tuch.
    Mit Francisco fängt er an. Er zieht ihn an den Rand des Brunnens, lässt ihn hineinfallen und hört, wie er auf dem Boden aufschlägt. Sein Gewehr wirft er ebenfalls hinein.

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