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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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auf den Rücken gebunden hat, als ich schreiben lernen sollte. Da ist es doch so etwas wie Ironie des Schicksals, dass mir der Krieg die rechte Hand geraubt hat. Abtippen lassen kann ich es dann ja immer noch.« Er blickt erst auf seinen fehlenden rechten Unterarm, dann auf seinen unversehrten linken Arm und legt diesen auf den Tisch, als wisse er nicht, wohin damit.
    »Vielleicht kann ich ja auch …« Marie schafft es nicht, den Satz zu vollenden, denn Svend Poulsen unterbricht sie.
    »Nein. Das kannst du nicht«, sagt er mit Nachdruck in der Stimme, wobei sein Dialekt auf einmal deutlicher zu hören ist. »Ich habe immer selbst für mich gesorgt. Wir werden schon zurechtkommen.«
    Marie sieht verletzt aus und zieht ihre Hand zurück, die sie gerade auf Poulsens Linke legen wollte. Magnus bietet ihnen erneut Zigaretten an und bestellt zwei weitere Flaschen Bier. Marie nimmt eine Limonade. Sie muss bald zum Dienst.
    »Was haben Sie für eine Ausbildung?«, fragt Magnus, als der dicke Wirt ihnen die beiden Flaschen Bier und eine Zitronenlimonade gebracht hat.
    »Können wir uns nicht einfach duzen?«
    »Was für eine Ausbildung hast du?«
    »Als Zwölfjähriger habe ich eine Lehre als Küfer angefangen, habe aber, sobald ich mit der Ausbildung fertig war, als Matrose angeheuert. Ich bin zur See gefahren, bis ich einundzwanzig war, dann habe ich geheiratet.«
    »Das ist doch vermutlich noch nicht alles?«
    »Nein. Ich wurde Mitglied der Partei, die mich auf verschiedenste Weise ausgebildet hat. Ich habe richtig lesen gelernt. Ich habe schreiben gelernt. Ich habe gelernt, meinen Kopf zu gebrauchen, von dem alle sagen, ich hätte das Glück gehabt, mit einem gut funktionierenden geboren zu werden. Ich habe etwa ein Jahr lang verschiedene Kurse in Kopenhagen besucht, und ein weiteres Jahr lang war ich in Moskau auf der Parteischule.«
    »Dann hast du also in Russland gelebt?«
    Svend Poulsens intelligentes Gesicht hellt sich auf. »Ja.«
    »Und wie war es dort?«
    »Als schaue man in die Zukunft. Die Armut setzt den Menschen überall zu, aber in Russland gibt es Hoffnung, weil sie ein vollkommen neues Land errichten. Einen ganz neuen Ort für die Menschen. Sie arbeiten für eineZukunft, in der Armut und Ungerechtigkeit verschwinden werden.«
    »Und daran glaubst du noch immer?«
    »Ja, daran glaube ich. Selbstverständlich glaube ich an den Sozialismus.«
    »Trotz Schauprozessen und Hinrichtungen und willkürlichen Verhaftungen in Moskau und in Spanien und, nicht zu vergessen, trotz deiner eigenen Situation?«
    »Woran sollte ich sonst glauben, wenn nicht daran, dass es möglich ist, gemeinsam eine andere und gerechtere Welt aufzubauen? Das wäre doch ein sinnloses Leben. Woran glaubst du?«
    »Ich bin nicht religiös, ich glaube an mich selbst.«
    »Das klingt ganz schön armselig.«
    »Es klingt rational.«
    »So hast du jedenfalls weniger zu verlieren.«
    Schweigend sitzen sie um den Tisch. Das Gespräch verläuft anders als geplant. Eigentlich sollte Poulsen Magnus Informationen über Spanien geben und darüber, wie er am einfachsten Kontakt zu Mads aufnehmen könnte. Die unverhohlene Affäre zwischen Marie und Svend lässt Magnus doch nicht so kalt, wie er zuerst gedacht hat, sondern verärgert ihn regelrecht. Das ist nicht Liebe. Er kennt seine Schwester. Sie tut es aus Berechnung und sicher auch zu ihrem sexuellen Vergnügen. In der Art, wie Svend Marie ansieht, erkennt er ein Hingerissensein von ihrem Aussehen und unbewusst wohl auch von ihrer Klasse. Er ärgert sich über sich selbst. Er hat den Verlauf des Gesprächs nicht unter Kontrolle gehabt. Es ist an der Zeit, es wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.
    Sie schicken Marie zur Arbeit, bitten den Wirt, auf Poulsens Reisetasche aufzupassen, und machen einen Spaziergang zum See hinunter und weiter am Fluss entlang. Sie gehen in dem freundlichen Sonnenlicht nebeneinanderher. Die Kühe sind noch immer zum Grasen auf der Weide,und in einiger Entfernung zieht ein Pferdegespann eine Egge. Die aufmunternden Rufe des Bauern dringen stoßweise mit dem leichten Wind zu ihnen herüber. Möwen schweben wie eine weiße Wolke über dem landwirtschaftlichen Gerät. Das Laub der Bäume changiert in graugrünen Farben. Zwei Elstern jagen hinter einem hellen Raubvogel her, der vor irgendetwas auf der Flucht ist. Der Fluss schlängelt sich in weichen Kurven durch die Landschaft, die Magnus an eine Postkarte erinnert, so idyllisch liegt sie hier vor ihm.
    Man kann gut mit

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