Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
Vom Netzwerk:
presste Harry hervor.
    »Ich habe für diese Dinge einen guten Riecher. Sie vögeln sie, oder?«
    »Ich … Ich bitte um Verzeihung?«
    »Nun machen Sie nicht so ein Gesicht, mein Freund. Es ist doch nichts dabei. Jenny, die Kellnerin … Sie vögeln sie, nicht wahr? Wenn man sich ansieht, wie sie sich benimmt, seit wir hier sind, lässt sie sich bestimmt von einem von uns beiden vögeln. Da ich aber weiß, dass ich es nicht bin, bleiben Sie übrig. Ha, ha! Gut gemacht. Eine nette Kleine. Sie sehen, mir entgeht nichts.«
    Quebert zwang sich zu einem Lachen. »Jenny und ich sind nicht zusammen«, sagte er erleichtert. »Sagen wir, wir hatten einen kurzen Flirt. Sie ist ein liebes Mädchen, aber unter uns gesagt, ich langweile mich mit ihr ein bisschen … Ich würde gern jemanden finden, in den ich richtig verliebt bin, jemand Besonderes, eine, die anders als die anderen ist …«
    »Pah, um Sie mache ich mir keine Sorgen. Sie finden bestimmt irgendwann den seltenen Diamanten, der Sie glücklich macht.«
    Während Harry und Stern beim Mittagessen saßen, ging Nola mit ihrer Schreibmaschine auf der Route 1 in der prallen Sonne nach Hause. Von hinten näherte sich ein Auto und hielt neben ihr. Es war Chief Pratt am Steuer eines Polizeifahrzeugs aus Aurora.
    »Wo willst du denn mit der Schreibmaschine hin?«, fragte er leicht belustigt.
    »Heim, Chief.«
    »Zu Fuß? Woher zum Teufel kommst du? Egal: Steig ein, ich bringe dich hin.«
    »Danke, Chief, aber ich gehe lieber zu Fuß.«
    »Sei nicht albern. Es ist mörderisch heiß.«
    »Nein danke, Chief.«
    Chief Pratts Stimme klang plötzlich aggressiv: »Warum willst du nicht, dass ich dich nach Hause fahre? Steig ein, sage ich! Na, los!«
    Nola gehorchte, und Pratt forderte sie auf, sich neben ihn auf den Beifahrersitz zu setzen. Statt jedoch in die Stadt zu fahren, wendete er.
    »Wohin fahren wir, Chief? Aurora liegt in der anderen Richtung.«
    »Keine Sorge, meine Kleine. Ich will dir nur etwas Schönes zeigen. Du hast doch keine Angst, oder? Ich will dir eine schöne Stelle im Wald zeigen. Du willst sie doch sehen, oder nicht? Das wird dir gefallen.«
    Nola verstummte. Chief Pratt fuhr bis Side Creek, bog in einen Waldweg ein und parkte im Schutz der Bäume. Er schnallte den Gürtel auf, öffnete den Hosenschlitz, packte Nola am Nacken und befahl ihr, es ihm noch mal so gut zu machen wie neulich in seinem Büro.

    15. August 1975
    Um acht Uhr morgens ging Louisa Kellergan ins Zimmer ihrer Tochter. Nola erwartete sie schon, sie saß in Unterwäsche auf dem Bett. Heute war der Tag. Sie wusste es. Louisa schenkte ihrer Tochter ein liebevolles Lächeln. »Du weißt, warum ich es tue, Nola …«
    »Ja, Mutter.«
    »Es ist nur zu deinem Besten, damit du ins Paradies kommst. Du willst doch ein Engel werden, oder nicht?«
    »Ich weiß nicht, ob ich ein Engel werden will, Mutter.«
    »Red keinen Unsinn. Komm mit, mein Schatz.«
    Nola erhob sich und folgte ihrer Mutter gehorsam ins Bad. Die große Blechwanne stand mit Wasser gefüllt auf dem Boden.
    Nola betrachtete ihre Mutter: Sie war eine schöne Frau mit herrlichen, blonden Locken. Alle fanden, dass sie sich besonders ähnlich sahen.
    »Ich liebe dich, Mutter«, sagte Nola.
    »Ich liebe dich auch, mein Schatz.«
    »Es tut mir leid, dass ich ein böses Mädchen bin.«
    »Du bist kein böses Mädchen.«
    Nola kniete vor der Wanne nieder. Ihre Mutter nahm ihren Kopf und tauchte ihn unter. Langsam und mit ernster Miene zählte sie bis zwanzig, dann zog sie Nolas Kopf an den Haaren aus dem eiskalten Wasser. Nola schrie in panischer Angst.
    »Komm schon, Tochter, du musst Buße tun. Noch einmal«, sagte Louisa und tauchte Nolas Kopf erneut ins eisige Wasser.
    Der Reverend hatte sich in die Garage verzogen und hörte seine Musik.
    Er war schockiert über das, was er gerade gehört hatte. »Deine Mutter hält deinen Kopf unter Wasser?«, fragte Harry bestürzt.
    Es war Mittag. Nola war gerade erst nach Goose Cove gekommen. Sie hatte den ganzen Vormittag geweint, und obwohl sie sich vor ihrer Ankunft die Tränen aus den geröteten Augen gewischt hatte, war Harry sofort aufgefallen, dass etwas nicht stimmte.
    »Sie taucht meinen Kopf in die große Blechwanne«, erzählte Nola. »Das Wasser ist eiskalt! Sie taucht meinen Kopf hinein und drückt ihn unter Wasser. Ich glaube jedes Mal, ich muss sterben … Ich kann nicht mehr, Harry. Helfen Sie mir …«
    Sie schmiegte sich an ihn. Harry schlug vor, hinunter an den Strand zu gehen. Der

Weitere Kostenlose Bücher