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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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hast.«
    »Ich weiß. Du bist so nett zu mir, Travis. Aber jetzt muss ich den Tisch hier fertig machen.« Sie steuerte auf die Küche zu.
    »Warte«, sagte Travis.
    Er wollte sie am Handgelenk festhalten. Obwohl er sie sanft anfasste, stieß Jenny vor Schmerz einen Schrei aus und ließ die Teller fallen. Sie gingen auf dem Boden zu Bruch. Travis hatte nichts ahnend auf den riesigen Bluterguss gefasst, der sich auf ihrem Arm abzeichnete, seit Luther ihn so fest gepackt hatte, weshalb sie trotz der Hitze lange Ärmeln trug.
    »Das tut mir wirklich leid«, entschuldigte sich Travis und machte sich eilig daran, die Scherben vom Boden aufzusammeln.
    »Das war nicht deine Schuld.«
    Er begleitete sie in die Küche und holte einen Besen, um im Gastraum aufzukehren. Als er zurückkam, wusch sich Jenny gerade die Hände, und da sie die Ärmel hochgeschoben hatte, damit sie nicht nass wurden, konnte er den bläulichen Abdruck an ihrem Handgelenk sehen.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Nichts. Ich habe mich neulich an der Schwingtür gestoßen.«
    »Gestoßen?«, explodierte Travis. »Erzähl mir keinen Blödsinn! Jemand hat dich geschlagen! Wer war es?«
    »Das ist nicht wichtig.«
    »Und ob es wichtig ist! Ich verlange, dass du mir sagst, wer der Mann ist, der dir so wehgetan hat. Sag es mir! Ich gehe hier erst weg, wenn ich es weiß.«
    »Es … Es war Luther Caleb, Sterns Fahrer. Er … Neulich früh war er wütend. Er hat mich am Handgelenk gepackt und mir wehgetan. Aber weißt du, das war keine Absicht. Er hat seine Kraft unterschätzt.«
    »Das ist schlimm, Jenny! Sehr schlimm! Ich will, dass du mich sofort benachrichtigst, wenn er sich hier wieder blicken lässt!«

    20. August 1975
    Singend ging sie die Auffahrt von Goose Cove entlang. Eine süße Vorfreude erfüllte sie: In zehn Tagen würden sie zusammen fortgehen. In zehn Tagen würde sie endlich richtig zu leben anfangen. Sie zählte die Nächte bis zum großen Tag: Er war zum Greifen nah. Als sie das Haus am Ende des Kieswegs erblickte, beschleunigte sie den Schritt, denn sie hatte es eilig, Harry wiederzusehen. Sie bemerkte nicht die im Dickicht versteckte Gestalt, die sie beobachtete. Sie betrat das Haus, ohne zu klingeln, wie sie es in letzter Zeit immer tat.
    »Allerliebster Harry!«, rief sie, um sich anzukündigen.
    Keine Antwort. Das Haus wirkte verlassen. Sie rief noch einmal. Stille. Sie sah im Ess- und im Wohnzimmer nach, fand ihn jedoch nicht. Auch in seinem Arbeitszimmer und auf der Terrasse war er nicht. Also ging sie die Treppe zum Strand hinunter und rief dort nach ihm. Vielleicht war er schwimmen gegangen? Das tat er manchmal, wenn er zu viel gearbeitet hatte. Doch auch am Strand war niemand. Sie spürte, wie sich Unruhe in ihr breitmachte. Wo konnte er nur sein? Sie kehrte ins Haus zurück und rief erneut. Nichts. Sie sah in allen Zimmern im Erdgeschoss nach und ging dann nach oben. Als sie die Tür zum Schlafzimmer öffnete, sah sie ihn auf dem Bett sitzen und einen Stapel Papiere lesen.
    »Harry? Hier sind Sie! Seit zehn Minuten suche ich Sie überall …«
    Er fuhr zusammen, als er sie hörte. »Entschuldige, Nola, ich habe gelesen … Ich habe dich nicht gehört.« Er stand auf, schob die Blätter in seinen Händen zusammen und legte sie in eine Schublade der Kommode.
    Mit einem Lächeln fragte sie: »Und was lesen Sie so Spannendes, dass Sie nicht mal gehört haben, wie ich im Haus nach Ihnen gerufen habe?«
    »Nichts Wichtiges.«
    »Ist das die Fortsetzung Ihres Romans? Zeigen Sie her!«
    »Nichts Wichtiges, ich zeige es dir gelegentlich.«
    Sie sah ihn schelmisch an. »Sind Sie sich sicher, dass alles in Ordnung ist, Harry?«
    Er lachte. »Es ist alles in Ordnung, Nola.«
    Sie gingen an den Strand. Nola wollte die Möwen sehen. Sie breitete die Arme wie Flügel aus und lief in großen Kreisen umher. »Ich wollte, ich könnte fliegen, Harry! Nur noch zehn Tage! In zehn Tagen fliegen wir davon! Wir gehen für immer aus dieser Unglücksstadt fort!«
    Sie glaubten sich allein am Strand. Weder Harry noch Nola ahnten, dass Luther Caleb sie von oberhalb der Felsen aus dem Wald beobachtete. Er wartete, bis sie ins Haus zurückkehrten, bevor er sein Versteck verließ. Dann rannte er die Auffahrt von Goose Cove entlang und zu seinem im parallel verlaufenden Waldweg geparkten Mustang. Er fuhr nach Aurora, hielt vor dem Clark’s und stürzte hinein. Er musste unbedingt mit Jenny reden. Jemand musste davon erfahren. Er hatte eine böse Vorahnung. Aber

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