Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
Vom Netzwerk:
dieses Mädchen gesehen, das zwischen den Bäumen entlanglief … Ein Mann war hinter der Kleinen her … Ich glaube, sie hat versucht, ihm zu entkommen.«
    »Wo sind die beiden jetzt?«
    »Ich … Ich kann sie nicht mehr sehen. Sie sind im Wald.«
    »Ich schicke sofort einen Streifenwagen zu Ihnen, Madam.«
    »Danke, machen Sie schnell!«
    Sowie Deborah Cooper aufgelegt hatte, kehrte sie ans Küchenfenster zurück. Es war niemand zu sehen. Sie überlegte, ob ihre Augen ihr einen Streich gespielt hatten, aber im Zweifel war es besser, wenn die Polizei kam und sich umschaute. Und sie ging vors Haus, um die Polizeistreife zu empfangen.
    Im Bericht steht, dass die Zentrale die Meldung an das Revier von Aurora weitergeleitet hatte, wo Travis Dawn an jenem Tag als Einziger Dienst hatte. Etwa vier Minuten nach dem Anruf traf er in der Side Creek Lane ein.
    Nachdem Officer Dawn sich die Lage kurz hatte erklären lassen, nahm er eine erste Durchsuchung des Waldstücks vor. Als er rund fünfzig Meter zwischen den Bäumen vorgedrungen war, fand er einen roten Stofffetzen. Die Lage als möglicherweise ernst einschätzend beschloss er, unverzüglich Chief Pratt zu benachrichtigen, obwohl dieser seinen freien Tag hatte. Er rief ihn von Deborah Cooper aus bei sich zu Hause an. Es war jetzt achtzehn Uhr fünfundvierzig.

    Neunzehn Uhr
    Chief Pratt stufte die Angelegenheit als wichtig genug ein, um zu kommen und sich ihrer persönlich anzunehmen. Travis Dawn hätte ihn niemals zu Hause gestört, wenn es sich nicht um eine ungewöhnliche Situation gehandelt hätte.
    In der Side Creek Lane angekommen, riet er Deborah Cooper, sich im Haus einzuschließen, während er und Travis den Wald gründlicher absuchen wollten. Sie folgten einem parallel zum Meer verlaufenden Weg in der Richtung, die das Mädchen offensichtlich eingeschlagen hatte. Dem Polizeibericht zufolge entdeckten die beiden Polizisten nach gut einer Meile in einem eher lichten Waldstück nahe dem Ufer Blutspuren und blonde Haare. Es war jetzt neunzehn Uhr dreißig.
    Vermutlich hatte Deborah Cooper sich in ihrem Haus wieder ans Küchenfenster gestellt, um den Polizisten hinterherzuschauen. Die beiden waren schon seit geraumer Zeit außer Sichtweite, als sie plötzlich eine junge Frau mit blutverschmiertem Gesicht und zerrissenem Kleid hilferufend aus dem Wald auf ihr Haus zurennen sah. Panisch entriegelte Deborah Cooper die Küchentür, um sie hereinzulassen, und stürzte ins Wohnzimmer, um erneut die Polizei anzurufen.
    Der Polizeibericht besagt, dass Deborah Coopers zweiter Anruf um neunzehn Uhr dreiunddreißig in der Zentrale einging und knapp über vierzig Sekunden dauerte. Die Mitschrift lautet folgendermaßen:
    »Polizeizentrale! Sie möchten einen Notfall melden?«
    »Hallo?« Verängstigte Stimme. »Hier ist Deborah Cooper. Ich … Ich habe vorhin angerufen, um … um zu melden, dass ein Mädchen im Wald verfolgt wurde. Also, die Kleine ist jetzt hier! Sie ist in meiner Küche!«
    »Beruhigen Sie sich, Madam. Was ist passiert?«
    »Das weiß ich nicht! Sie ist aus dem Wald gekommen. Übrigens sind gerade zwei Polizisten im Wald unterwegs, aber ich glaube, sie haben sie nicht gesehen! Ich habe die Kleine zu mir in die Küche geholt. Ich … Ich glaube, sie ist die Tochter des Reverend … Die Kleine, die im Clark’s arbeitet … Ich glaube, sie ist es …«
    »Wie lautet Ihre Adresse?«
    »Deborah Cooper, Side Creek Lane, Aurora. Ich habe Sie eben schon mal angerufen. Die Kleine ist jetzt hier, verstehen Sie? Ihr Gesicht ist ganz blutig! Kommen Sie schnell!«
    »Rühren Sie sich nicht von der Stelle, Madam. Ich schicke sofort Verstärkung.«
    Die beiden Polizisten untersuchten gerade die Blutspuren, als sie aus der Richtung des Hauses den lauten Knall hörten. Ohne eine Sekunde zu zögern, machten sie kehrt und rannten mit gezückter Waffe zurück.
    Im selben Augenblick beschloss der diensthabende Beamte der Polizeizentrale, da er weder Officer Travis Dawn noch Chief Pratt über Funk erreichen konnte und die Situation als besorgniserregend einstufte, beim Sheriff sowie bei der State Police Großalarm auszulösen und alle verfügbaren Einheiten in die Side Creek Lane zu schicken.

    Neunzehn Uhr fünfundvierzig
    Atemlos erreichten Officer Dawn und Chief Pratt das Haus. Sie traten durch die Hintertür in die Küche, wo Deborah Cooper mit einem Einschussloch in der Herzgegend tot in einer Blutlache auf den Fliesen lag. Nach einer ebenso raschen wie ergebnislosen

Weitere Kostenlose Bücher