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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Verbrecher haben, der hinter dir her ist.«
    »Niemand ist hinter mir her. Die Zeitungen übertreiben.«
    »Ich schaue jeden Morgen und jeden Abend in den Briefkasten.«
    »Warum?«
    » Warum ? Er fragt mich, warum? Na, wegen einer Bombe!«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand eine Bombe bei euch legt, Mama.«
    »Eine Bombe wird uns töten! Und das, ohne die Freude erlebt zu haben, Großeltern zu sein! Na? Bist du jetzt zufrieden? Stell dir vor, neulich wurde dein Vater von einem großen schwarzen Wagen bis vors Haus verfolgt. Papa ist schnell hineingegangen, und der Wagen hat gleich nebenan auf der Straße geparkt.«
    »Habt ihr die Polizei gerufen?«
    »Selbstverständlich. Zwei Polizeiautos kamen mit heulenden Sirenen angerast.«
    »Und?«
    »Es waren die Nachbarn. Diese Halunken hatten sich ein neues Auto gekauft! Ohne uns was zu sagen! Ein neues Auto, tsss …! Da reden alle davon, dass wir auf eine gewaltige Wirtschaftskrise zusteuern, und die schaffen sich ein neues Auto an! Wenn das nicht verdächtig ist! Ich glaube, der Mann ist in Drogengeschäfte oder so was in der Art verwickelt.«
    »Mama, was redest du für einen Schwachsinn?«
    »Ich weiß, wovon ich rede! Und sprich nicht so mit deiner armen Mutter, die jeden Augenblick einem Bombenattentat zum Opfer fallen kann! Wie weit bist du eigentlich mit deinem Buch?«
    »Ich komme sehr gut voran. In vier Wochen muss ich es fertig haben.«
    »Und wie geht es aus? Vielleicht will dich der Kerl umbringen, der die Kleine getötet hat.«
    »Das ist mein einziges Problem: Ich weiß immer noch nicht, wie das Buch endet.«
    Am Montag, den 21. Juli, kreuzte Gahalowood nachmittags in meiner Suite auf, als ich gerade das Kapitel schrieb, in dem Nola und Harry beschließen, gemeinsam nach Kanada zu gehen. Er befand sich in einem Zustand gesteigerter Erregung und genehmigte sich erst einmal ein Bier aus der Minibar. »Ich war bei Elijah Stern«, verkündete er.
    »Bei Stern? Ohne mich?«
    »Ich möchte Sie daran erinnern, dass Stern Klage gegen Ihr Buch eingereicht hat. Kurzum, ich bin gekommen, um Ihnen zu erzählen …« Gahalowood berichtete, dass er unangemeldet bei Stern erschienen war, damit es nicht wie ein offizieller Besuch aussah, und dass ihm Sterns Anwalt Bo Sylford, ein Starverteidiger aus Boston, in Sportsachen verschwitzt die Tür geöffnet und gesagt hatte: »Geben Sie mir fünf Minuten, Sergeant. Ich gehe nur schnell duschen, dann bin ich für Sie da.«
    »Duschen?«, fragte ich.
    »Wenn ich es Ihnen doch sage, Schriftsteller! Dieser Sylford ist halb nackt in der Eingangshalle herumspaziert. Ich habe in einem kleinen Salon gewartet, und kurz darauf ist er zurückgekommen, diesmal im Anzug und in Begleitung von Stern, der zu mir gesagt hat: ›Nun, Sergeant, meinen Lebensgefährten haben Sie ja bereits kennengelernt.‹«
    »Seinen Lebensgefährten?«, wiederholte ich. »Wollen Sie damit sagen, dass Stern …«
    »… homosexuell ist, ja. Was bedeutet, dass er sich wahrscheinlich nie auch nur im Geringsten zu Nola Kellergan hingezogen gefühlt hat.«
    »Und was heißt das jetzt?«, fragte ich.
    »Diese Frage habe ich ihm auch gestellt. Es war ein ziemlich offenes Gespräch.«
    Stern hatte ihm gesagt, dass er über mein Buch sehr verärgert sei. Er war der Ansicht, dass ich nicht wisse, wovon ich redete. Gahalowood hatte den Ball aufgenommen und ihm vorgeschlagen, doch ein wenig Licht in die Ermittlungen zu bringen.
    »Mr Stern«, hatte er gesagt, »können Sie mir vor dem Hintergrund dessen, was ich soeben über Ihre sexuelle … Präferenz erfahren habe, beschreiben, was für eine Art Verhältnis zwischen Nola und Ihnen bestand?«
    »Das habe ich Ihnen von Anfang an gesagt«, hatte Stern, ohne mit der Wimper zu zucken, geantwortet. »Es war ein Arbeitsverhältnis.«
    »Ein Arbeitsverhältnis?«
    »Das nennt man so, wenn jemand etwas für Sie macht und Sie ihn dafür bezahlen, Sergeant. Im fraglichen Fall posierte sie.«
    »Nola Kellergan kam also wirklich hierher, um für Sie zu posieren?«
    »Ja, aber nicht für mich.«
    »Nicht für Sie? Für wen dann?«
    »Für Luther Caleb.«
    »Für Luther? Warum?«
    »Damit er seinen Spaß hatte.«
    Die Szene, die Stern anschließend schilderte, hatte sich an einem Abend im Juli 1975 abgespielt. An das genaue Datum konnte sich Stern nicht mehr erinnern, aber es war gegen Ende des Monats gewesen. Ein Abgleich mit meinen anderen Informationen ließ darauf schließen, dass es kurz vor der Abreise nach

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