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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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zugeben, dass Nolas Mutter nur in ihrem Kopf existierte. Ich habe ihn beschworen, mit niemandem darüber zu reden, aber dann hat er sich in Dinge eingemischt, die ihn nichts angingen, und wollte mir Vorschriften in Bezug auf meine Tochter machen. Er wollte, dass ich sie behandeln lasse! Ich habe ihn zum Teufel geschickt. Eine Woche später ist Nola verschwunden.«
    »Und danach haben Sie Harry über dreißig Jahre lang gemieden«, sagte ich, »weil Sie beide die Einzigen waren, die Nolas Geheimnis kannten.«
    »Sie war mein einziges Kind, verstehen Sie doch! Ich wollte, dass alle sie in guter Erinnerung behalten. Die Leute sollten nicht denken, dass sie verrückt war. Sie war ja auch nicht verrückt, sondern nur labil! Und hätte die Polizei von ihren Krisen gewusst, sie hätte nicht all diese Anstrengungen unternommen, um sie zu finden. Dann hätte man sie als Irre und Ausreißerin abgestempelt!«
    Gahalowood wandte sich an mich: »Und was schließen wir aus alldem, Schriftsteller?«
    »Dass Harry uns angelogen hat. Er hat gar nicht im Motel auf Nola gewartet. Er hat mit ihr Schluss gemacht. Er wusste von Anfang an, dass er mit ihr Schluss machen würde. Er hatte nie vor, mit ihr durchzubrennen. Am 30. August 1975 hat sie einen letzten Brief von Harry erhalten, in dem stand, dass er ohne sie fortgegangen ist.«
    Nach dem aufschlussreichen Besuch beim alten Kellergan fuhren Gahalowood und ich sofort ins Hauptquartier der State Police, um den Brief mit der letzten Seite des bei Nola gefundenen Manuskripts abzugleichen: Sie waren identisch.
    »Er hatte alles geplant!«, rief ich. »Er wusste, dass er sie verlassen würde. Er wusste es von Anfang an.«
    Gahalowood nickte. »Als sie ihm vorschlägt, mit ihr durchzubrennen, weiß er, dass er nicht mit ihr fortgehen wird. Ihm ist klar, dass ein fünfzehnjähriges Mädchen nur ein Klotz am Bein ist.«
    »Aber sie hat doch das Manuskript gelesen …«, gab ich zu bedenken.
    »Natürlich, aber sie hält es für einen Roman. Sie ahnt nicht, dass Harry ihre Geschichte haargenau niedergeschrieben hat und das Ende bereits besiegelt ist: Harry will sie nicht. Stefanie Larjinjiak hat uns erzählt, dass sie sich Briefe geschrieben haben und Nola immer die Post abgepasst hat. Am Samstagmorgen, dem Tag ihrer Flucht, dem Tag, an dem sie glaubt, dass sie mit dem Mann ihres Lebens dem Glück entgegenreisen wird, kontrolliert sie den Briefkasten ein letztes Mal. Sie will sichergehen, dass darin nicht womöglich ein Brief steckt, der ihre Flucht durch die Preisgabe wichtiger Details gefährden könnte. Aber dann findet sie seine Nachricht, in der es heißt, dass es aus ist.«
    Gahalowood betrachtete das Kuvert, in dem der letzte Brief steckte. »Auf dem Umschlag steht zwar ihre Adresse, aber er hat weder eine Briefmarke, noch ist er abgestempelt«, stellte er fest. »Er wurde direkt in ihren Postkasten geworfen.«
    »Sie meinen, von Harry?«
    »Ja. Bestimmt hat er ihn nachts eingeworfen, bevor er das Weite gesucht hat. Vermutlich in letzter Minute in der Nacht von Freitag auf Samstag. Damit sie nicht ins Motel kommt. Damit sie begreift, dass es kein Treffen geben wird. Am Samstag findet sie dann seine Nachricht und dreht durch. Sie dekompensiert, bekommt einen fürchterlichen Anfall und malträtiert sich selbst. Vater Kellergan verkriecht sich wie immer verzweifelt in seiner Garage. Als Nola zur Besinnung kommt, fällt ihr das Manuskript ein. Sie will eine Erklärung. Sie nimmt das Manuskript und macht sich auf den Weg zum Motel in der Hoffnung, dass das alles nicht wahr ist und Harry dort auf sie wartet. Aber unterwegs begegnet sie Luther, und alles kommt anders.«
    »Aber warum kehrt Harry am Tag nach Nolas Verschwinden nach Aurora zurück?«
    »Weil er gehört hat, dass sie verschwunden ist. Er hat diesen Brief an sie eingeworfen, und jetzt kriegt er es mit der Panik. Bestimmt macht er sich Sorgen um sie. Wahrscheinlich hat er auch Schuldgefühle, aber ich denke mir, er hat vor allem Angst, dass jemand diesen Brief oder das Manuskript in die Finger und er Ärger kriegen könnte. Deshalb will er lieber in Aurora sein, um zu beobachten, wie sich die Dinge entwickeln, und vielleicht sogar ein paar kompromittierende Beweisstücke in seinen Besitz zu bringen.«
    Wir mussten Harry finden. Ich musste unbedingt mit ihm reden. Warum hatte er mir weisgemacht, dass er auf Nola gewartet hätte, wenn er ihr in Wirklichkeit einen Abschiedsbrief geschrieben hatte? Gahalowood leitete eine Fahndung ein.

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