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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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sollen? Ich hatte ihm sein Leben gestohlen, ich hatte ihm alles genommen. Konnte ich ihm verbieten zu lieben?«
    »Sie haben das alles getan, um sich von Ihrer Schuld freizukaufen?«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
    »Was ist am 29. August passiert?«
    »Als Luther klar geworden ist, dass ich einer derjenigen war, die damals … hat er seine Tasche gepackt und ist mit dem schwarzen Chevrolet abgehauen. Ich bin ihm sofort hinterhergefahren. Ich wollte ihm alles erklären. Ich wollte, dass er mir vergibt. Aber ich konnte ihn nirgends finden. Ich habe den ganzen Tag und die halbe Nacht vergeblich nach ihm gesucht. Ich habe mir solche Vorwürfe gemacht und gehofft, dass er von allein zurückkommt. Aber dann wurde am nächsten Tag abends im Radio gemeldet, dass Nola Kellergan verschwunden war. Der Tatverdächtige fuhr einen schwarzen Chevrolet … Mehr brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen. Ich habe beschlossen, kein Wort darüber zu verlieren, damit Luther nicht verdächtigt wurde. Oder vielleicht auch, weil ich im Grunde genauso schuldig war wie Luther. Deshalb konnte ich es auch nicht ertragen, dass Sie die Geister wieder zum Leben erwecken wollten, Mr Goldman. Aber dank Ihnen weiß ich jetzt endlich, dass Luther Nola nicht getötet hat. Das ist so, als hätte auch ich sie nicht getötet. Sie haben mein Gewissen erleichtert, Mr Goldman.«
    »Und der Mustang?«
    »Der steht unter einer Plane in meiner Garage. Seit dreiunddreißig Jahren verstecke ich ihn dort.«
    »Und die Briefe?«
    »Die habe ich auch aufgehoben.«
    »Ich würde sie gern sehen. Bitte.«
    Stern hängte ein Bild von der Wand ab und legte die Tür eines kleinen Tresors frei. Er öffnete ihn und entnahm ihm einen Schuhkarton voller Briefe. So bekam ich die gesamte Korrespondenz von Harry und Nola zu Gesicht, die es möglich gemacht hatte, Der Ursprung des Übels zu schreiben. Den ersten Brief erkannte ich sofort wieder: Es war der, der das Buch eröffnete. Der Brief vom 5. Juli 1975, dieser furchtbar traurige Brief, den Nola geschrieben hatte, nachdem Harry sie zurückgewiesen und sie erfahren hatte, dass er den Abend des 4. Juli mit Jenny Dawn verbracht hatte. An jenem Tag hatte sie einen Umschlag mit dem Brief und zwei in Rockland aufgenommenen Fotos darin an seine Tür gelehnt. Eines der Fotos zeigte den Möwenschwarm am Meeresufer, das andere sie beide bei ihrem gemeinsamen Picknick.
    »Wie zum Teufel hat Luther nur all diese Briefe an sich gebracht?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Stern. »Aber es würde mich nicht wundern, wenn er in Harrys Haus eingedrungen ist.«
    Ich überlegte: Er hätte die Briefe ohne Weiteres an den Tagen entwenden können, an denen Harry nicht in Aurora gewesen war. Aber warum hatte mir Harry nie erzählt, dass die Briefe verschwunden waren? Ich bat Stern, den Karton mitnehmen zu dürfen, und er willigte ein. Eine ungeheuerliche Ahnung stieg in mir auf.

    Das Gesicht New York zugewandt, hörte Harry mir zu und weinte still vor sich hin.
    »Als ich diese Briefe gesehen habe«, erklärte ich ihm, »haben sich meine Gedanken überschlagen. Ich musste an Ihr Buch Die Möwen von Aurora denken, das Sie im Garderobenschrank des Fitnessclubs hinterlegt hatten. Und mir ist etwas aufgefallen, was ich die ganze Zeit übersehen hatte: In Der Ursprung des Übels kommen keine Möwen vor! Wie hatte mir das entgehen können? Nicht eine Möwe! Dabei hatten Sie versprochen, über die Möwen zu schreiben! In diesem Augenblick ist mir klar geworden, dass Sie Der Ursprung des Übels nicht geschrieben haben. Das Buch, das Sie im Sommer 1975 verfasst haben, heißt Die Möwen von Aurora . Das ist das Buch, das Sie geschrieben haben und das Nola auf der Schreibmaschine getippt hat! Die Bestätigung habe ich erhalten, als ich Gahalowood gebeten habe, die Schrift aus den Briefen, die Stern mir überlassen hatte, mit dem handgeschriebenen Vermerk auf dem bei Nola gefundenen Manuskript vergleichen zu lassen. Als er mir mitgeteilt hat, dass die Schriften übereinstimmen, ist mir klar geworden, dass Sie mich schlicht und ergreifend benutzt haben, als Sie mich baten, Ihr angeblich eigenhändig geschriebenes Manuskript zu verbrennen. Es war nämlich gar nicht Ihre Handschrift! Sie haben das Buch, das Sie als Schriftsteller berühmt gemacht hat, nicht selbst verfasst! Sie haben es Luther gestohlen!«
    »Seien Sie still, Marcus!«
    »Irre ich mich etwa? Sie haben ein Buch gestohlen! Gibt es für einen Schriftsteller ein schlimmeres

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