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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Mutter recht hatte: Sie war böse und hässlich, und deshalb wollte Harry nichts mehr von ihr wissen.
    Plötzlich klopfte es an der Tür. Es war Jenny. »Nola, wo bleibst du denn? Das Restaurant ist rammelvoll! Du musst raus und die Leute bedienen!«
    Panisch öffnete Nola die Tür. War Jenny etwa von den anderen Angestellten gerufen worden, die sich beschwert hatten, dass sie sich den ganzen Vormittag auf der Toilette eingeschlossen hatte?
    Doch Jenny hatte zufällig im Clark’s vorbeigeschaut oder vielmehr in der Hoffnung, Harry dort zu sehen. Bei ihrer Ankunft hatte sie festgestellt, dass der Service ins Stocken geraten war.
    »Hast du geweint?«, fragte Jenny, als sie Nolas unglückliches Gesicht sah.
    »Ich … Mir geht es nicht gut.«
    »Klatsch dir ein bisschen Wasser ins Gesicht, und komm mit nach vorn. Ich helfe dir, bis das Gröbste geschafft ist. In der Küche drehen sie sonst durch.«
    Als nach dem Mittagsbetrieb wieder Ruhe einkehrte, spendierte Jenny Nola zum Trost eine Limonade. »Trink das«, sagte sie freundlich, »dann fühlst du dich besser.«
    »Danke. Wirst du deiner Mutter sagen, dass ich heute schlecht gearbeitet habe?«
    »Keine Bange, ich verrate nichts. Jeder kann mal einen Durchhänger haben. Was ist los mit dir?«
    »Ich habe Liebeskummer.«
    Jenny lächelte. »Ach was, du bist noch so jung! Irgendwann findest du den Richtigen.«
    »Ich weiß nicht …«
    »Komm schon, gib dem Leben eine Chance. Das wird schon, du wirst sehen. Stell dir vor, noch vor Kurzem ging es mir genauso wie dir. Ich war einsam und unglücklich. Und dann kam Harry in die Stadt …«
    »Harry? Harry Quebert?«
    »Ja! Er ist wundervoll! Hör zu … Es ist zwar noch nicht offiziell, und eigentlich dürfte ich es dir gar nicht sagen, aber wir sind doch so etwas wie Freundinnen, oder nicht? Außerdem bin ich so glücklich, dass ich es irgendwem erzählen muss: Harry liebt mich. Er liebt mich! Er schreibt Liebesgeschichten über mich. Gestern, am Nationalfeiertag, hat er mich abends in Concord ausgeführt. Es war so romantisch.«
    »Gestern Abend? War er da nicht bei seinem Verleger?«
    »Ich sage doch, er war mit mir zusammen! Wir haben uns das Feuerwerk über dem Fluss angesehen, es war wunderschön!«
    »Harry und du … Ich meine, ihr seid zusammen?«
    »Ja! Ach, Nola, freust du dich nicht für mich? Sag bloß niemandem was davon. Ich will nicht, dass alle es wissen. Du weißt ja, wie missgünstig die Leute sind.«
    Nola spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte; es tat so weh, dass sie sterben wollte. Harry liebte also eine andere. Er liebte Jenny Quinn. Es war aus, er wollte nichts mehr von ihr wissen und er hatte bereits Ersatz für sie gefunden. In ihrem Kopf drehte sich alles.
    Als sie um achtzehn Uhr Feierabend hatte, lief sie schnell nach Hause und anschließend nach Goose Cove. Harrys Wagen war nicht da. Wo konnte er sein? Bei Jenny? Allein die Vorstellung war unerträglich, und Nola konnte die Tränen kaum zurückhalten. Sie erklomm die wenigen Stufen zum Portalvorbau, zog einen Umschlag aus der Tasche und steckte ihn in den Türrahmen. In dem Kuvert waren zwei in Rockland aufgenommene Fotos. Eines zeigte den Möwenschwarm am Meer. Auf dem anderen waren sie beide bei ihrem Picknick zu sehen. Auch ein kurzer Brief war dabei, ein paar auf ihrem Lieblingspapier geschriebene Zeilen:
    Allerliebster Harry,
ich weiß, dass Sie mich nicht lieben, aber ich werde Sie immer lieben.
    Hier ist ein Foto von den Vögeln, die Sie so gut zeichnen können, und eines von uns, damit Sie mich nie vergessen.
    Ich weiß, dass Sie mich nicht mehr sehen wollen, aber schreiben Sie mir wenigstens. Nur einmal. Nur ein paar Worte, damit ich eine Erinnerung an Sie habe.
    Ich werde Sie nie vergessen. Sie sind der außergewöhnlichste Mensch, der mir je begegnet ist.
    Ich werde Sie immer lieben.
    Dann rannte sie Hals über Kopf davon. Sie ging zum Strand hinunter, zog die Sandalen aus und lief durchs Wasser, wie sie es auch an dem Tag getan hatte, an dem sie ihm zum ersten Mal begegnet war.
    Auszüge aus: DER URSPRUNG DES ÜBELS
von Harry L. Quebert
    Der Briefwechsel hatte begonnen, nachdem sie ihre Nachricht in die Haustür gesteckt hatte. Ein Liebesbrief, in dem sie ihm offenbarte, was sie für ihn empfand.
    Mein Allerliebster,
ich weiß, dass Sie mich nicht lieben, aber ich werde Sie immer lieben.
    Hier ist ein Foto von den Vögeln, die Sie so gut zeichnen können, und eines von uns, damit Sie mich nie vergessen.
    Ich weiß, dass

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