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Die Wahrheit über Marie - Roman

Die Wahrheit über Marie - Roman

Titel: Die Wahrheit über Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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benachbarten Campingplatz evakuiert worden sein, eilig aus ihren Zelten geholt, standen sie jetzt hier untätig herum, sahen aus wie Flüchtlinge, Mädchen in Nachthemden mit ein paar lächerlichen Sachen unter den Arm geklemmt, Kulturbeutel, Wasserflasche, Tischtennisschläger. Ich irrte eine Weile zwischen ihnen auf der Straße herum, näherte mich dann einem der Feuerwehrmänner, der einem auf einer laufenden Vespa sitzenden Mann in Shorts etwas erklärte. Der Feuerwehrmann, mit Helm und silberner Nackenkrause, erklärte ihm, dass das Feuer gerade auf den Monte Capannello übergreife und ein Brandherd auf dem Monte Strega noch aktiv sei, das Feuer habe Voleterraio bereits erreicht, zwei weitere Täler stünden auch noch immer in Flammen. Ich lief weiter ziellos mit nacktem Oberkörper auf dieser verrauchten, das Meer überragenden Straße herum, als ein Helfer des Roten Kreuzes, den ich zuerst nicht wahrgenommen hatte, hinter mich trat und mir eine Rettungsdecke über die Schulter legte. Ich ließ es geschehen, reagierte nicht, bedankte mich nicht einmal (ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht, wie übel zugerichtet ich aussehen musste) und ging zum Wagen zurück. Ich nahm die Decke von meinen Schultern und breitete sie vorsichtig über die Schenkel von Marie, die in ihrem Sitz eingeschlafen war, deckte sie sachte zu.
    Ich war umgekehrt und wieder Richtung Reitclub unterwegs, Marie hatte ein Auge geöffnet, sagte aber nichts, schaute nur starr auf die Straße. Ich fuhr langsam, fühlte mich leer, kraft- und willenlos. Der Wind hatte sich beruhigt. Der Tag brach an, noch war es nur ein Dunstschleier aus Morgennebel und Feuerqualm, der das Meer bis zum Horizont bedeckte. Als wir die kleine weiße Brücke wenige Kilometer vor Rivercina erreichten, bog ich im Schritttempo in den Weg ein, der zum Reitclub führte, ich fuhr sehr langsam, vermied Löcher und Fahrrillen. Die Sträucher am Wegesrand waren völlig versengt und schwarz verkohlt, scharfer Feuergeruch drang in den Wagen. Die Macchia hatte gebrannt wie trockenes Stroh, seit Jahren hatte man hier keine Vorsorge getroffen, das durch lange Monate der Trockenheit und nach der tropischen Hitze des August ausgedörrte Gestrüpp war nicht entfernt worden. Nichts war geblieben von der einst üppig blühenden Macchia, von Zistrosen und Schwarzdorn, von Myrte und Erdbeerbaum, alles erstklassiges Brennmaterial, reich an gut brennbaren Stoffen, die sich in Sekundenschnelle entzündet haben mussten. Ganz langsam fuhr ich in den Reitclub, Marie krallte sich an meinen Arm, ich konnte es physisch spüren, wie die Angst sie packte.
    Das Gelände war geisterhaft verlassen, die Feuerwehrleute waren nicht mehr da, vor uns erhob sich der Hügel im grauen Morgenlicht wie eine Mondlandschaft, gemarterte schwarze Baumskelette reckten ihre gevierteilten Arme in die Luft, überall qualmte es, hier und da flackerte eine sterbende Flamme ein letztes Mal an einem verkohlten Ast auf, zog sich noch einmal hoch und erlosch, weil es nichts mehr zu verbrennen gab. Der Boden war über und über bedeckt mit einer dicken Schicht aus noch heißglühender Asche, eher weiß als grau, noch warm, an manchen Stellen schwelte und qualmte die Glut. Das Feuer war noch nicht ganz erloschen, am Fuße eines in sich zusammengefallenen Stalls kroch es noch am Boden, Reste Stroh glühten auf der Erde. Von den Gebäuden des Reitclubs stand nichts mehr, die Scheunen, die Hütten, alles war niedergebrannt, auf der Stelle Opfer der Flammen geworden, dem Boden gleichgemacht, es blieben nur noch verkohlte Trümmer, überall Schutthaufen und Berge aus verbogenem Blech, verbrannte Bretter, die am Boden zu Staub zerfielen. Wir waren aus dem Wagen gestiegen und schritten beklommen durch die rauchenden Trümmer hinüber zu dem kleinen Steinhaus, dem Empfang, dem einzigen Gebäude, das dem Feuer widerstanden hatte, als Marie einen Schrei ausstieß und sich die Hand vor die Augen hielt, mich am Arm packte, sie hatte im stillen grauen Licht des Morgens die drei großen weißen Leintücher auf dem Boden vor der Tür entdeckt, drei notdürftige Leichentücher, die Körper bedeckten, sicherlich keine menschlichen Körper, aber ohne Zweifel Kadaver, die Leichen verkohlter Tiere.
    Wir traten in das kleine Steinhaus des Empfangs, innen war kein Licht, und wir bemerkten nicht gleich, dass da jemand war. Peppino lag im Dunkeln auf dem Rücken auf einer Sitzbank aus Stein, ein Knie angezogen, feuchte Kompressen auf den Augen,

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