Die Wahrheit
dich am Leben hält.«
»Hast du den Eindruck, das würde mich einen Dreck scheren? Du verschwendest deine Zeit.«
»Gott hat mir die Kraft gegeben, diesen Jeep hochzuheben.«
»Du hast diesen verdammten Schrotthaufen hochgehoben. Es sind keine Engel vom Himmel hinabgestiegen, um dir zu helfen.«
»Josh .«
»Fahr einfach.« Die Intensität des Schmerzes zwang Josh, sich plötzlich vorzubeugen. »Ich will mich nicht mehr unterhalten.«
Als Sara in ihrem Büro gerade ein Gutachten abschließen wollte, erhielt sie eine dringende Aufforderung von Elizabeth Knight, zu ihr zu kommen. Das überraschte sie beträchtlich, denn normalerweise hielten die Richter am Mittwochnachmittag eine Konferenz ab, bei der sie die Fälle besprachen, die sie am Montag gehört hatten. Jeder Richter hatte zwei Sekretärinnen und einen persönlichen Assistenten. Als sie die Kammer der Knight betrat, begrüßte sie Harriet, die langjährige Sekretärin der Knight, welche die Richterin schon auf mehreren Stationen ihrer Laufbahn begleitet hatte. Normalerweise war Harriet fröhlich und freundlich, doch nun klang ihr Tonfall kalt. »Sie werden schon erwartet, Miss Evans.«
Sara ging an Harriets Schreibtisch vorbei und blieb an der Tür von Elizabeth Knights Büro stehen. Sie drehte sich um und sah, daß Harriet sie anstarrte. Schnell wandte die Sekretärin sich wieder ihrer Arbeit zu. Sara atmete tief ein und öffnete die Tür.
In dem Büro standen oder saßen Ramsey, Detective Chandler, Perkins und Agent McKenna. Elizabeth Knight saß hinter ihrem antiken Schreibtisch und fummelte nervös mit einem Brieföffner herum, als sie Sara sah.
»Bitte kommen Sie herein und setzen sich.«
Ihr Tonfall ist aber nicht gerade herzlich, dachte Sara.
Sie nahm in einem Ohrensessel Platz, der sorgfältig postiert worden war, wie sie dachte, denn sein Standort ermöglichte es allen Anwesenden, sie direkt anzusehen. Oder vielleicht zu konfrontieren?
Sie sah die Knight an. »Sie wollten mich sprechen?«
Ramsey trat vor. »Wir alle wollten Sie sprechen, oder genauer gesagt anhören, Miss Evans. Aber ich werde Detective Chandler die Ehre überlassen.« So ernst hatte Sara Ramsey noch nie gesehen. Er lehnte sich gegen den Kamin und sah sie weiterhin an. Nervös faltete er die Hände und öffnete sie wieder.
Chandler saß ihr gegenüber. Seine Knie berührten fast die ihren. »Ich muß Ihnen einige Fragen stellen, Miss Evans, und möchte, daß Sie wahrheitsgemäß antworten«, sagte er ruhig.
Sara sah sich im Raum um. »Brauche ich einen Anwalt?« fragte sie nur halb im Scherz.
»Nicht, wenn Sie nichts Falsches getan haben, Sara«, stellte die Knight schnell klar. »Doch Sie sollten die Entscheidung, ob Sie einen Rechtsbeistand hinzuziehen möchten, selbst treffen.«
Sara schluckte unter Schwierigkeiten und sah dann wieder Chandler an. »Was möchten Sie also wissen?«
»Haben Sie je den Namen Rufus Harms gehört?«
Sara schloß kurz die Augen. Ach, du Scheiße. »Lassen Sie mich erklären .«
»Ja oder nein, Miss Evans?« sagte Chandler. »Für Erklärungen haben Sie später Gelegenheit.«
Sie nickte. »Ja«, sagte sie dann.
»Woher genau kennen Sie diesen Namen?«
Sie rutschte auf ihrem Stuhl herum. »Ich weiß, daß er ein entflohener Häftling ist. Das habe ich in der Zeitung gelesen.«
»Wann haben Sie zum erstenmal von ihm gehört?« Als sie nicht antwortete, fuhr Chandler fort: »Sie haben sich im Postraum nach einem Berufungsantrag erkundigt, den Rufus Harms angeblich eingereicht hat. Und zwar, bevor er aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, nicht wahr? Wonach haben Sie gesucht?«
»Ich dachte . ich wollte .«
»Hat John Fiske Sie darauf angesetzt?« fragte die Richterin scharf. Sie betrachtete Sara forschend, und die Enttäuschung auf ihrem Gesicht bewirkte, daß Sara sich noch schuldiger fühlte.
»Nein. Ich habe mich aus eigenem Antrieb danach erkundigt.«
»Warum?« fragte Chandler. Aufgrund seines unverbindlichen Gesprächs mit Fiske in der Cafeteria des Gerichts ahnte er die Wahrheit bereits. Aber er mußte sie von ihr hören.
Sara atmete tief aus und ließ den Blick erneut über die Mächte gleiten, die sich gegen sie verbündet hatten. Sie wünschte sich, Fiske würde plötzlich auftauchen und ihr helfen, aber das würde nicht geschehen. »Ich habe irgendwann zufällig etwas gesehen, das wie ein Antrag mit Rufus Harms’ Namen darauf aussah. Im Postraum habe ich mich danach erkundigt, weil ich mich nicht entsann, ihn auf der
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