Die Wahrheit
Schublade, wühlte darin herum und blickte schließlich zu den beiden Männern auf. »Die Neunmillimeter war in dieser Schublade, verdammt. Ich hab’ sie noch an dem Tag herausgeholt, als du mir das von Mike erzählt hast, Billy.«
McKenna verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Fiske streng. »Na schön, hat sonst noch jemand Zutritt zu Ihrem Büro? Die Putzfrau, die Sekretärin? Lieferanten? Der Fensterputzer?«
»Nein, niemand. Nur der Vermieter hat einen zweiten Schlüssel.«
»Wie lange warst du weg?« fragte Hawkins. »Ungefähr zwei Tage?«
»Genau.«
McKenna blickte zur Tür. »Aber es gibt keine Spuren, die auf gewaltsames Eindringen schließen lassen.«
»Das hat doch gar nichts zu bedeuten«, sagte Hawkins. »Ein Profi kann dieses Schloß knacken, ohne daß man es überhaupt merkt.«
»Wer weiß, daß Sie hier eine Waffe aufbewahren?« fragte McKenna.
»Niemand.«
»Vielleicht hat einer Ihrer Mandanten sie gestohlen, um für seinen nächsten Banküberfall ordentlich ausgerüstet zu sein«, sagte McKenna.
»In diesem Büro habe ich nur selten Besuch von Mandanten, McKenna. Normalerweise rufen sie mich aus dem Gefängnis an.«
»Tja, dann scheinen wir hier ein kleines Problem zu haben. Ihr Bruder wurde von einer Neun-Millimeter-Kugel getötet. Und auf Ihren Namen ist eine Neun-Millimeter-SIG registriert. Sie gestehen, daß die Waffe vor ein paar Tagen noch in Ihrem Besitz war. Nun ist sie verschwunden. Sie haben kein Alibi für die Tatzeit, und der Tod Ihres Bruders hat Sie um eine halbe Million Dollar reicher gemacht.«
Hawkins warf Fiske einen fragenden Blick zu.
»Eine Lebensversicherung, die Mike abgeschlossen hat«, erklärte Fiske. »Sie war für Mom und Dad bestimmt.«
»Das behaupten Sie jedenfalls.«
Fiske trat näher an McKenna heran. »Wenn Sie glauben, ausreichend Beweise zu haben, um Klage gegen mich zu erheben, dann tun Sie’s. Wenn nicht, verschwinden Sie aus meinem Büro.«
McKenna blieb unbeeindruckt. »Wenn ich mich nicht irre, hat Officer Hawkins Ihre Erlaubnis, Ihr gesamtes Büro nach der Waffe zu durchsuchen, nicht nur den Schreibtisch, in dem Sie sie angeblich aufbewahrt haben. Ob der Officer nun Ihr Freund ist oder nicht, ich hoffe doch sehr, daß er seine Pflicht tut.«
Fiske trat zurück und schaute Hawkins an. »Nur zu, Billy. Ich gehe unten im Café an der Ecke was trinken. Soll ich dir was mitbringen?«
Hawkins schüttelte den Kopf.
»Ich könnte eine Tasse Kaffee vertragen«, sagte McKenna und folgte Fiske aus dem Büro. »Dabei können wir uns ja ein wenig unterhalten.«
Sara stoppte den Wagen und atmete tief durch. Der Buick stand auf der Auffahrt. Als sie ausstieg, stieg ihr der Geruch von frisch gemähtem Gras in die Nase. Die Wahrnehmung war tröstlich, entführte sie in die Vergangenheit, zu Footballspielen während ihrer Zeit an der High School, zu trägen Sommern im friedlichen Carolina.
Als sie anklopfte, wurde die Tür so schnell aufgerissen, daß Sara beinahe von der kleinen Veranda gefallen wäre. Ed Fiske mußte gesehen haben, wie sie zum Haus gekommen war. Bevor er ihr die Tür vor der Nase zuschlagen konnte, hielt sie das Foto in die Höhe.
Vier Personen waren darauf zu sehen: Ed und Gladys Fiske und ihre beiden Söhne. Alle lächelten strahlend.
Ed blickte Sara fragend an.
»Michael hatte das Bild in seinem Büro stehen. Ich wollte, daß Sie es bekommen.« »Und warum?« Sein Tonfall war noch immer kalt, doch wenigstens schrie er ihr keine Obszönitäten ins Gesicht.
»Weil es mir ... richtig vorkam.«
Ed nahm das Foto von Sara entgegen. »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
»Aber ich habe Ihnen eine Menge zu sagen. Ich habe jemandem etwas versprochen, und ich pflege meine Versprechen zu halten.«
»Versprochen? Wem? Johnny? Tja, dann können Sie ihm sagen, daß es keinen Zweck hat, Sie zu mir zu schicken, um die Dinge wieder hinzubiegen.«
»Er weiß nicht, daß ich hier bin. Er hat mir gesagt, ich solle nicht kommen.«
Ed schaute überrascht drein. »Und warum sind Sie dann hier?«
»Wegen meines Versprechens. Was Sie in dieser Nacht neulich gesehen haben, war nicht Johns Schuld, sondern meine.«
»Dazu gehören immer noch zwei. Jetzt erzählen Sie mir bloß nichts anderes.«
»Darf ich reinkommen?«
»Ich wüßte nicht, warum.«
»Ich muß mit Ihnen über Ihre beiden Söhne sprechen. Es ist wichtig. Ich glaube, Sie sollten einiges wissen. Was ich Ihnen zu sagen habe, läßt die ganze Sache vielleicht in einem
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