Die Wahrheit
wirklich bei John melden.«
Ed nickte ernst. »Das werde ich.«
Als Saras Hand den Türknopf berührte, hörte sie Ed fragen: »Lieben Sie meinen Sohn noch immer?«
Sara ging, ohne zu antworten.
In dem kleinen Café gegenüber dem Bürogebäude setzte Fiske sich an einen Tisch am Fenster. Er und McKenna bestellten sich Kaffee.
Zuerst ignorierte Fiske den FBI-Agenten völlig, der neben ihm stehen blieb, und beobachtete desinteressiert die Passanten, während er den Kaffee trank. Als die Sonne über das Dach des Gebäudes auf der gegenüberliegenden Straßenseite stieg und die Schatten beider Männer auf die Ziegelwand warf, setzte er seine Sonnenbrille auf.
McKenna aß schweigend ein paar Cracker, die er bestellt hatte, und drehte den Plastikbecher mit dem Kaffee zwischen den Fingern.
»Wie geht es Ihrem Magen? Tut mir leid, daß ich Sie so hart schlagen mußte.«
»Es tut Ihnen höchstens leid, daß Sie mich nicht härter geschlagen haben.«
»Nein, wirklich. Ich sah das Gewehr und bekam es mit der Angst.«
Fiske schaute zu ihm hoch. »Haben Sie befürchtet, ich könnte die Wagentür aufreißen, das Gewehr rausholen, in Anschlag bringen, mich zu Ihnen herumdrehen und einen Schuß abgeben - und das alles, bevor Sie mich aus einer Entfernung von höchstens zwei Metern wegpusten können?«
McKenna zuckte die Achseln. »Zu Ihrer Information, ich habe Ihre Personalakte gelesen. Sie waren ein guter Polizist. Jedenfalls bis zum Schluß.«
»Was soll das jetzt schon wieder heißen, verdammt noch mal?«
McKenna setzte sich an den Tisch. »Nichts. Nur, daß es bei dem letzten Vorfall in Ihrer Akte ein paar Fragen gab. Wollen Sie mich darüber aufklären?«
Fiske nahm die Brille ab und schaute den Mann durchdringend an. »Warum schießen Sie mir statt dessen nicht eine Kugel in den Kopf? Das würde mir vermutlich mehr Spaß bereiten.«
McKenna lehnte seinen Stuhl nach hinten gegen die Wand und zündete sich eine Zigarette an. »Wenn Sie so versessen darauf sind, Ihre Unschuld zu beweisen, sollten Sie allmählich ein bißchen kooperativer sein.«
»Sie sind überzeugt davon, McKenna, daß ich meinen Bruder getötet habe. Warum sollte ich mir also die Mühe machen?«
»Ich habe im Lauf der Jahre viele Fälle bearbeitet. Die Hälfte der Zeit hat meine ursprüngliche Theorie sich als falsch erwiesen. Meine Philosophie lautet: Sag niemals nie.«
»Mann, Sie hören sich ja echt aufrichtig an.«
McKenna schlug einen freundlicheren Tonfall an. »Hören Sie, John, ich mache das jetzt wirklich lange genug, okay? Saubere, ordentliche, eindeutige Fälle sind nun mal nicht die Regel. Bei diesem gibt es Ungereimtheiten, und die werde ich nicht ignorieren.« Er hielt kurz inne. »Wieso hat Ihr Bruder sich für Rufus Harms interessiert?« fragte er dann so beiläufig, wie er konnte. »Und was genau stand in dem Berufungsantrag?«
Fiske setzte die Sonnenbrille wieder auf. »Das paßt aber nicht in Ihre Theorie, daß ich meinen Bruder getötet habe.«
»Das ist nur eine meiner Theorien. Und der gehe ich nach, indem ich hier nach Ihrer plötzlich verschwundenen NeunMillimeter-Pistole suche. Und während ich auf die Waffe warte, betrachte ich den Fall aus einem anderen Blickwinkel: Rufus Harms. Ihr Bruder hat den Antrag an sich genommen, und es sieht so aus, als hätte er Harms im Gefängnis besucht.«
»Das hat Chandler Ihnen gesagt?«
»Ich habe viele Quellen. Sie und Sara Evans haben in Harms’ Vergangenheit herumgeschnüffelt. Er war in einem Militärgefängnis im Süden Virginias inhaftiert. Und Sie beide sind gestern abend mit einem Charterflugzeug in diese Gegend geflogen. Warum erzählen Sie mir nicht darüber? Wo waren Sie, und warum waren Sie dort?«
Fiske lehnte sich verblüfft zurück. McKenna hatte ihn und Sara beschatten lassen. Das war zwar nicht ungewöhnlich, und doch hatte Fiske an diese Möglichkeit nicht einmal im Traum gedacht. »Warum fragen Sie mich, wenn Sie sowieso schon so viel wissen?«
»Vielleicht haben Sie Informationen, die mir noch fehlen, um diesen Fall aufzuklären.«
»Bevor Chandler ihn löst?«
»Spielt es eine Rolle, wer dieser Sache als erster Einhalt gebietet, wenn Menschen umgebracht werden?«
Dieser Einwand war allerdings logisch. Zumindest oberflächlich. Doch es spielte in der Tat eine große Rolle. Die verschiedenen Behörden, die die Einhaltung der Gesetze überwachten, führten Buch, wie alle anderen Behörden und Unternehmen auch. Fiske stand auf. »Sehen wir mal nach,
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