Die Wahrheit
mit juristischen Fachbüchern und Heftern mit Gerichtsakten gesäumt; an einer anderen Wand standen Holzschränke. Neben einem der Schreibtische, die beide mit Aktenstapeln beladen waren, stand ein Bücherrollwagen. Das Büro kam Chandler ziemlich unordentlich vor.
Perkins sah Chandler an. »Während Sie den Raum durchsuchen, muß jemand vom Gericht dabeisein. Hier gibt es viele vertrauliche Dokumente. Entwürfe von Urteilsbegründungen, Memos von Richtern und Assessoren und so weiter. Unterlagen über schwebende Verfahren.«
»In Ordnung. Wir werden nichts wegnehmen, was mit solchen Fällen zu tun haben könnte.«
»Woher wollen Sie denn wissen, ob es sich um ein solches Dokument handelt oder nicht?«
»Ich werde Sie fragen.«
»Das hilft Ihnen aber nicht weiter. Ich bin ja nicht mal Anwalt.«
»Tja«, sagte Chandler, »dann holen Sie jemanden her, der es mir sagen kann, denn ich werde dieses Büro durchsuchen.«
»Das geht heute wahrscheinlich nicht mehr. Kann es nicht bis morgen warten? Ich glaube, die Assessoren sind alle schon nach Hause gegangen. Chief Justice Ramsey war der Ansicht, daß sie nach den Vorfällen in letzter Zeit keine Überstunden machen sollten.«
»Ein paar Richter sind noch hier, Richard«, sagte Klaus.
Perkins warf Klaus einen unfreundlichen Blick zu, worauf Klaus zu Dellasandro hinüberschaute. »Ich wollte die Richter nicht in die Sache hineinziehen, wenn es nicht unbedingt nötig ist«, sagte er. »Aber ich will sehen, was ich tun kann. Bis ich zurück bin, muß ich diese Tür leider abschließen.«
Chandler trat einen Schritt auf Perkins zu. »Jetzt hören Sie mal gut zu, Richard. Ich bin von der Polizei, ja? Aber vielleicht habe ich Ihre Bemerkung falsch aufgefaßt, und Sie haben es gar nicht so gemeint, wie ich es verstanden habe.«
Perkins errötete, schloß die Tür aber nicht ab. Er bedeutete Klaus, ihm zu folgen, und die zwei Männer gingen davon. Dellasandro blieb zurück und unterhielt sich mit McKenna.
Chandler ging zu Fiske hinüber. »Ich habe das Gefühl, daß die sich schon ganz genau überlegt haben, wie sie uns abfertigen wollen.«
»McKenna kannte Ihren Namen bereits, bevor Sie ihm vorgestellt wurden.«
»Offensichtlich haben sie sich schon schlau gemacht, bevor wir hier eintrafen.«
»Tja, das kann man ihnen wohl nicht verdenken.«
»Ich gehe mal zu McKenna und rede mit ihm«, sagte Chandler. »Man weiß ja nie, wann man vom FBI mal eine Gefälligkeit braucht.«
Fiske lehnte sich an die Wand und schaute auf die Uhr. Er hatte seinen Vater noch immer nicht erreicht.
Die Tür des Büros, das sich schräg gegenüber vom Büro seines Bruders befand, wurde geöffnet, und ein junger Mann kam heraus.
Fiske nickte ihm zu. »Hier ist ja ganz schön was los.«
»Sind Sie von der Polizei?«
Fiske schüttelte den Kopf und streckte die Hand aus. »Bin nur ein Beobachter. Ich bin John Fiske. Mike war mein Bruder.«
Der junge Mann erbleichte. »O Gott, es ist schrecklich. Schrecklich. Es tut mir sehr leid.« Er gab Fiske die Hand. »Ich bin Steven Wright.«
»Haben Sie Mike gut gekannt?«
»Eigentlich nicht. Ich habe erst in dieser Sitzungsperiode hier angefangen. Bei Richterin Knight. Ich weiß aber, daß jeder hier eine sehr hohe Meinung von Ihrem Bruder hatte.«
Fiske schaute zu der Tür, aus der Wright gekommen war. »Ist das Ihr Büro?«
Wright nickte.
»Im Büro meines Bruders war wohl ziemlich viel los.«
»Das können Sie laut sagen. Den ganzen Tag ging es dort rein und raus.«
»Mr. Perkins und Chief Dellasandro?«
»Und der Herr da drüben.«
Fiske drehte sich in die Richtung, in die Wright zeigte. »Das ist Agent McKenna vom FBI«, sagte er.
Wright schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe nie jemanden gekannt, der ...« Er hielt inne und schaute verlegen drein.
»Schon gut. Ich weiß, was Sie meinen.« Plötzlich galt Fiskes ganze Aufmerksamkeit zwei Personen, die auf ihn zukamen. Genauer gesagt, einer dieser Personen. Obwohl die Frau gut aussah, kam sie Fiske wie der Wildfang von nebenan vor. Wie jemand, mit dem man Football oder Schach spielen konnte. Und gegen den man wahrscheinlich den kürzeren zog.
Sara Evans musterte Fiske. Sie hatte ihn gesehen, als er das Gebäude betrat, und hatte sich denken können, weshalb er gekommen war. Sie war in der Nähe geblieben - für den Fall, daß sie mit einem der Assessoren sprechen mußten. Deshalb hatte Perkins sie so schnell »gefunden«. Sara blieb direkt vor Fiske stehen, so daß auch Perkins
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