Die Wahrheit
betastete, »da steckt ein Taschenmesser drin. Holen Sie es einfach raus, und bewahren Sie’s für mich auf. Aber geben Sie gut darauf acht, mein Junge. Ich hab’ nämlich eine Schwäche für dieses Messer.«
Gefreiter Brown beendete die Leibesvisitation und richtete sich auf. »Sie haben zehn Minuten, mehr nicht. Und ich gehe mit Ihnen ins Zimmer.«
»Wenn Sie mit mir reingehen, verlassen Sie Ihren Posten. Und ob Sie nun in der Army sind oder Reservist, mein Junge - wenn Sie Ihren Posten verlassen, werden Sie dort enden, wo jetzt mein Bruder ist.« Joshua betrachtete das jugendliche Gesicht des Mannes. Ein Möchtegern-Wochenendsoldat, ging es ihm durch den Kopf. Saß sich wahrscheinlich von Montag bis Freitag den Hintern auf irgendeinem Schreibtischsessel platt, zog dann den grünen Drillichanzug an, schnappte sich seine Knarre und machte sich auf die Suche nach Abenteuern. »Und glauben Sie mir, wer so aussieht wie Sie, sollte besser nicht zu den bösen Jungs im Knast gesteckt werden.«
Der Gefreite Brown schluckte nervös. »Zehn Minuten.«
Die beiden Männer blickten sich in die Augen. »Herzlichen Dank«, sagte Josh Harms, obwohl er dem Milchgesicht am liebsten in den Hintern getreten hätte.
Er betrat das Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
»Rufus«, sagte er leise.
»Hab’ nicht damit gerechnet, daß du so schnell kommst, Bruder.«
Josh trat an das Bett und schaute auf Rufus hinunter. »Du lieber Himmel, was haben die mit dir gemacht?«
»Das willst du bestimmt nicht wissen.«
»Es geht um den verdammten Brief, den du bekommen hast, nicht wahr?« Josh zog sich einen Stuhl ans Bett.
»Wie lange hat der Wachtposten dir gegeben?«
»Zehn Minuten. Aber der Hampelmann da draußen macht mir keinen Kummer.«
»Zehn Minuten reichen nicht, um dir alles zu erklären. Aber eins kann ich dir sagen. Wenn die mich nach Fort Jackson zurückschleifen, bringen die mich um, kaum daß ich ’nen Fuß in den Knast gesetzt habe.«
»Wer sind >die«
Rufus schüttelte den Kopf. »Wenn ich’s dir sage, bist du als nächster dran.«
»Ich bin doch hier bei dir, oder? Dieser Spielzeugsoldat da draußen ist zwar dämlich, aber so blöd ist er nun auch wieder nicht. Er wird mich auf die Besucherliste setzen. Das ist dir doch klar.«
Rufus schluckte mühsam. »Ich weiß, ich hätte dich wohl besser nicht herbestellen sollen.«
»Jetzt bin ich aber hier. Und nun erzähl endlich.«
Rufus dachte kurz nach. »Also gut, Josh. Dieser Brief von der Army ... als ich ihn bekam, fiel mir alles wieder ein, was in der Nacht damals passiert ist. Wirklich alles. Oh, Mann. Ich hatte das Gefühl, jemand hätte mir ’ne Kugel in den Kopf geschossen.«
»Du sprichst von dem Mädchen?«
Rufus nickte, noch bevor Josh den Satz beendet hatte. »Mir ist alles wieder eingefallen. Ich weiß, warum ich es getan habe ... und daß es gar nicht meine Schuld war.«
Sein Bruder schaute ihn skeptisch an. »Jetzt mach aber ’nen Punkt, Rufus. Du hast das kleine Mädchen umgebracht, da führt kein Weg dran vorbei.«
»Jemanden umbringen und jemanden umbringen wollen sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Auf jeden Fall habe ich meinen Anwalt von damals .«
»Du meinst dieses beschissene Würstchen? Diesen Möchtegern-Verteidiger?«
»Du hast den Brief gelesen?«
»Klar. Sie haben ihn ja schließlich an mich geschickt. War wohl die letzte zivile Anschrift, die unsere glorreiche Army von dir hatte. Die blöden Hunde wußten offenbar gar nicht, daß du in einem ihrer verfluchten Gefängnisse verrottest.«
»Na ja, Rider hat für mich etwas eingereicht. Bei Gericht.« »Was hat er eingereicht?«
»Einen Brief, den ich geschrieben habe.«
»Einen Brief? Wie hast du den denn aus dem Knast geschleust?«
»Genau so, wie du den Brief von der Army reingeschleust hast.«
Beide Männer lächelten.
»Im Gefängnis gibt’s ’ne Druckerei«, sagte Rufus. »In der Maschinenhalle ist es heiß, stickig, schmutzig. Da lassen sie einem ein bißchen Freiraum. Und da hab’ ich halt ein bißchen gezaubert.«
»Und du glaubst, das Gericht nimmt sich deinen Fall vor? Da würd’ ich nicht gerade mein Leben drauf verwetten, kleiner Bruder.«
»Hat aber ganz den Anschein, als würde das Gericht irgendwas unternehmen.«
»Mann, das ist ja ’ne tolle Überraschung.«
Rufus schaute an seinem Bruder vorbei zur Tür. »Wann kommen die Wachen aus dem Militärgefängnis zurück?«
»Morgen früh, hat der Kleine da draußen gesagt.«
»Okay. Das
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