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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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Müll-Derivate jede Woche mit Hunderten von AAA-Ratings aus. Während all dies geschah, sagten ich und Leute wie ich, dass der Kaiser keine Kleider trug.
    Ich habe schon 2003 vor der Immobilienblase gewarnt (siehe Die Abenteuer eines Kapitalisten ), aber wie in allen Börsenmanien finden Skeptiker wenig Gefolgschaft: Man macht sich entweder über sie lustig oder ignoriert sie. Ich hatte die Spekulationsblase nicht nur prognostiziert, sondern mein Geld auch entsprechend investiert. Die Leute konnten kaum glauben, dass ich Citibank (zu 50 Dollar je Aktie) und Fannie Mae (zu 60 Dollar je Aktie) leer verkauft hatte. Und als man mich fragte, wie tief diese Aktien sinken könnten, glaubte man mir auch nicht.
    »Ich werde meine Positionen zu fünf Dollar glattstellen«, sagte ich der Presse und verschiedenen Analysten.
    Natürlich fielen die Kurse beider Aktien unter einen Dollar.
    So viel zu meinem Trading.
    An den Finanzmärkten war der letzte Investor schon immer der Verlierer, die Zahl der Verlierer wächst und von da an geht alles bergab. Alan Greenspan, der Meister dieses Spiels, hätte die Lage noch verschlimmert, wenn er dies gekonnt hätte, aber seine Amtszeit bei der Fed endete, und er überließ Bernanke diesen Teil seines Jobs. Hinzu kamen Leute wie Hank Paulson.
    HANK PAULSON WAR Finanzminister, als 2008 die Subprime-Krise zuschlug und alle New Yorker Banker bei ihm anriefen und jammerten, die Welt werde untergehen. Natürlich ging ihre Welt unter, zumindest sah es so aus. Und wenn solche Leute kurz vor der Pleite stehen, rufen sie natürlich ihre Freunde in der Regierung an. Paulson wandte sich sofort an den Präsidenten, George W. Bush, und erklärte ihm, die nächste große Depression stehe kurz bevor. Bush, der von alledem keine Ahnung hatte und »Depression« nicht einmal buchstabieren konnte, sagte Paulson: »Tun Sie, was Sie tun müssen.« Er überließ die Verantwortung für das Wohl des Landes dem Mann, der noch zwei Jahre zuvor der CEO von Goldman Sachs gewesen war, und mit dieser Bank stand er nach wie vor in Verbindung. In seinen acht Jahren als CEO bei Goldman Sachs hatte er den Aufbau von Subprime-Hypotheken verantwortet. Das war genau der Müll, den man jetzt nicht mehr loswerden konnte und an dem seine früheren Kollegen bei Goldman Sachs gerade erstickten.
    Die Frage war damals nicht, ob man aus der Sache herauskommen könnte, sondern wie teuer es sein würde. Egal wie teuer – Paulson konnte auf die Unterstützung Bernankes zählen, des Ahnungslosen, der die Katastrophe erst angerichtet hatte, und auf die Hilfe von Timothy Geithner, dem Präsidenten der New Yorker Fed, der Institution, die das Bankensystem überwachen sollte, das gerade abgestürzt war. Der Mann wusste ganz offensichtlich noch weniger als Bernanke. Und der Mann, der noch weniger Verstand hatte als die beiden anderen, George W. Bush, hatte das Geld des Landes acht Jahre lang in ein Rattenloch geworfen: in fünf Jahren im Irak mindestens 845 Milliarden Dollar (in direkten kosten; die Gesamtkosten für das US-Finanzministerium beliefen sich auf geschätzte 3 Billionen Dollar). Weitere 700 Milliarden Dollar an zusätzlich notwendigen Steuergeldern waren ihm völlig egal. Er hatte als Kapitän das Staatsschiff längst auf ein Riff gesteuert, ging als Erster von Bord und verbrannte zuvor noch sämtliche Rettungsboote.
    Paulsons festgelegter Bonus-Pensionsplan bei Goldman Sachs vor der Rettungsaktion durch die Regierung entsprach nur einem Bruchteil seines Nettovermögens, das sich auf ungefähr 700 Millionen Dollar belief, ehe er das Ministerium verließ. Da er keiner richtigen Arbeit mehr nachgehen musste, nahm er einen Job im akademischen Bereich an. Geithner wurde für seine Unfähigkeit belohnt und zu seinem Nachfolger als Finanzminister ernannt. Die New Yorker Bankenszene übte diesbezüglich Druck auf die neue Regierung Obama aus, denn die Banker schätzten Geithner als kleinen, einfachen Waschlappen in der New Yorker Fed, der alles tat, was sie ihm sagten. Er war genau der Speichellecker, den sie in Washington brauchten, der Schwächling, der sie beschützte, wenn sie ihm sagten, dass ihnen der Himmel auf den Kopf falle. Was wusste Obama? Wahrscheinlich war er ebenso überrascht wie wir alle, als sich herausstellte, dass Geithner nicht einmal seine eigene Einkommensteuererklärung erstellen konnte. Und Bernanke wurde – bei all seiner Unfähigkeit – eine zweite Amtszeit als Chairman der Fed gewährt.

9. »Kapitalismus

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