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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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aber inkompetenten Leuten zur Verfügung stand, war die Basis der überaus fraglichen Finanzkonstruktionen, die diese Unternehmen zwangsläufig in die Pleite führten.
    Greenspan verhinderte, dass der Markt seine Arbeit tat. In seinem holzköpfigen Glauben, die Rettung seiner Freunde entspreche dem allgemeinen Nutzen, mischte er sich immer wieder ein. Hier spielte auch Wunschdenken eine wichtige Rolle. Er dachte kurzfristig und agierte panisch. (Dr. Greenspan glaubte, der Jahrtausendwechsel am 1. Januar 2000 sei der Untergang für uns alle, deshalb ließ er die Gelddruckerpressen bis nach Beginn des neuen Jahrtausends laufen.) Seine größten Stärken waren die eines Politikers. Zur Funktionsweise des Kapitalismus gehört, dass Menschen scheitern, wenn sie Probleme bekommen. Dann kommen kluge, kompetente Leute, übernehmen die Vermögensgegenstände, führen eine neue Organisationsstruktur ein und fangen von einer gesunden Basis aus neu an. Greenspan aber päppelte die Gescheiterten. Er und die Politiker nahmen das Geld der kompetenten Leute, gaben es den Inkompetenten und sagten ihnen: »Die Regierung steht an eurer Seite. Jetzt könnt ihr mit den kompetenten Leuten in Wettbewerb treten, und zwar mit deren Geld und unserer Unterstützung.« Das ist zunächst einmal moralisch höchst verwerflich (nicht dass sich Politiker und Bürokraten jemals groß um moralische Fragen geschert hätten), und außerdem ist es wirtschaftlich unvernünftig. Rezessionen, Bankrotte und Pleiten wirken wie Waldbrände. Sie sind zerstörerisch, aber sie beseitigen das Unterholz, das tote Holz. Wenn Wälder sterben, wachsen sie umso stärker nach und haben eine gesündere Grundlage.
    »Dieser Prozess der kreativen Zerstörung ist das Wesen des Kapitalismus. Er macht den Kapitalismus aus und jede kapitalistische Überlegung muss in diesem Rahmen leben«, schrieb der Wirtschafts- und Politikwissenschaftler Joseph Schumpeter 1942.
    Denken Sie an unsere alten Mobiltelefone, die viele Leute reich machten, nur um dann durch die Kreativität der Blackberrys vernichtet zu werden, die wiederum von Apple vernichtet wurden. Möchten Sie lieber wieder in einer Welt mit Überlandleitungen leben, in der sie ständig nach einem Telefon suchen müssen? Sogar Clark Kent ist heute gegen Telefonzellen.
    Hätte Greenspan während seiner Amtszeit dem Markt freien Lauf gelassen, vor allem 1998 und 1999, dann wäre uns die Dotcom-Spekulationsblase erspart geblieben. Die Firmen an der Wall Street hätten, bildlich gesprochen, ihre Waldbrände erlebt. Als die Blase platzte, druckte Greenspan wiederum Geld, was zu den Blasen am Immobilienmarkt und beim heimischen Konsum führte. Er konnte gar nicht genug von dem Zeug drucken. Greenspan war blind, was seine eigene Unfähigkeit betraf, aber er suchte und fand die Unterstützung der Intellektuellen für seine gescheiterte Politik. Und er nahm einen Akademiker von einer Elite-Universität mit an Bord, einen Professor von Princeton mit einem Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften; den Jasager, der ihm als Fed-Chef nachfolgte: Ben Bernanke.
    Nach seinem Eintritt in das Leitungsgremium der Fed 2002 beschrieb Bernanke vor dem National Economists Club in Washington seine Auffassung von Geldpolitik: »Die amerikanische Regierung verfügt über eine Technologie, die man Notenpresse nennt und ihr ermöglicht, praktisch kostenlos so viele US-Dollars zu drucken, wie sie will … In einem Papiergeldsystem kann eine entschlossene Regierung immer für höhere Ausgaben und positive Inflation sorgen.«
    Nennen wir ihn mal Greenspan den Jüngeren. Man muss sich das wie eine Dynastie vorstellen. Gemeinsam dirigierten diese beiden intellektuellen Giganten das Konzert, das 2008 zum weltweiten finanziellen Kollaps führte.
    Greenspan ermutigte jeden, Geld auszugeben, eine Hypothek mit variablem Zinssatz aufzunehmen und ein Haus zu kaufen – besser noch zwei oder drei Häuser –, ohne Eigenkapital und selbst dann, wenn der Käufer keinen Job hatte. Greenspan hielt die Zinsen niedrig, um den Kaufrausch zu fördern. Dies tat er aufgrund der absurden Annahme, dass die Häuserpreise niemals sinken könnten. Die Banken berechneten astronomische Gebühren für die schlechten Kredite. Dann verpackten sie sie neu und verkauften sie als Wertpapiere. So wälzten sie ihre Risiken ab – durch die Ermutigung Greenspans. 26-jährige Burschen in den Rating-Agenturen, junge Leute, die keine Ahnung von den Märkten hatten, zeichneten diese

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