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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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Reiseerlaubnis gekommen sei. Er meinte damit nicht die Genehmigung, durch Russland zu fahren, sondern die Erlaubnis, die USA zu verlassen . »Können Sie einfach herausfahren, wann immer Sie wollen?«, wollte er wissen. Zu den Lügen, die man ihm im sowjetischen Kommunismus erzählt hatte, gehörte auch die, dass auf der ganzen Welt die Menschen ihre Länder nicht verlassen dürften, und wenn sie es täten, dann dürften sie nicht zurück. Meine Antwort schien ihn nicht zu überraschen. Wahrscheinlich hatte er ähnliche Antworten auch von den ausländischen Seeleuten gehört, deren Schiffe in der Bucht von Nachodka ankerten. Aber seine Frage illustriert meine Argumente: Einwanderer und Besucher öffnen den Blick für die Außenwelt, und das kann letztlich nur von Nutzen sein.
    Konfuzius schrieb: »Ist es nicht herrlich, Freunde zu haben, die aus weit entfernten Gegenden kommen?«
    Das war vor 2500 Jahren. Freunde aus weit entfernten Gegenden zu haben, ist nicht nur herrlich, sondern absolut notwendig für Länder mit alternder Bevölkerung. Singapur steht in dieser Hinsicht nicht allein. Europa altert rapide. Wir sehen das sogar in Amerika. Dies ist ein Problem in großen Teilen der entwickelten Welt, und die Gesellschaften wissen, dass sie sich anpassen müssen. Rentner bauen keine Fabriken, gründen keine Unternehmen und schaffen keine Arbeitsplätze. Sie sind nicht diejenigen Mitglieder der Gesellschaft, die Kapital generieren, und wir erwarten das auch gar nicht von ihnen. Alternde Bürger beziehen die Sozialleistungen, auf die sie ein Anrecht haben, und daher produzieren sie kein Kapital, sondern konsumieren es. Junge Menschen im Erwerbsalter produzieren Kapital.
    Die Geburtenraten in der entwickelten Welt sind mit steigendem Wohlstand gesunken. Menschen mit Geld brauchen keine Kinder, die sie im Alter unterstützen oder die sich um sie kümmern. Und in einer modernen Industriegesellschaft brauchen die Leute auch keine Kinder, die auf den Farmen arbeiten. Kinder aufzuziehen kostet eine Menge Geld. Warum sollte man es ausgeben, um ein zweites oder drittes Kind auf eine Privatschule in Manhattan zu schicken, wenn man es auch für eine Reise auf die Bahamas verwenden kann? Sogar ohne großes Vermögen können sich die Menschen heute in ein soziales Sicherheitsnetz fallen lassen, das vor sagen wir mal 100 Jahren noch gar nicht existierte. Die Religion ist auch nicht mehr die starke Kraft, die sie einmal war. Katholiken waren immer dafür bekannt, viele Kinder zu haben, weil ihre Kirche das guthieß. Heute weisen zwei überwiegend katholische Länder, Italien und Spanien, mit die niedrigsten Geburtenraten der Welt auf.
    Ohne Einwanderung hat ein Land nur eine Möglichkeit, seinen Bedarf an jungen Leuten zu decken, und das ist eine höhere Geburtenrate. Vielleicht gibt es eine weitere Chance – in einer demografischen Neuausrichtung von Jonathan Swifts berühmter Satire Ein bescheidener Vorschlag könnte man die alten Leute als Nahrungsmittel verkaufen. Aber niemand schlägt diesen Plan B vor. Japan ist der Testfall. Die Geburtenrate in Japan gehört zu den niedrigsten, die Lebenserwartung dagegen zu den höchsten der Welt. In Japan gibt es mehr Haustiere als Kinder. Das Land ist auf dem Weg zu einem Altersheim, wo es viele alte Leute gibt, aber niemanden, der sie versorgt. Die japanische Regierung schätzt, dass in 50 Jahren 40 Prozent der Menschen dort 65 Jahre oder älter sein werden. Japans notorische Abgeschlossenheit verschärft das Problem noch; es ist eines der fremdenfeindlichsten Länder der Welt. Der Rassismus dort sei »tief verwurzelt«, berichteten die Vereinten Nationen 2005. Das Land zeigt sich bei der Förderung der Einwanderung ungefähr so eifrig wie bei der Umsetzung von Plan B.
    Jede Diskussion über die Freiheit, sich in einem anderen Land niederzulassen, führt notwendigerweise zum Nachdenken über die Freiheit selbst. Und inmitten der Veränderungen, die in der Welt stattfinden, befinden sich nur wenige Dinge so sehr im Umbruch wie die Freiheit, die wir in den USA für selbstverständlich halten – oder hielten.

12. Land of the Free?
    »Die Macht der Exekutive, ohne durch die Gesetze begründete Anklage einen Menschen ins Gefängnis zu werfen, und vor allem, ihm das Urteil durch seine Mitbürger vorzuenthalten, ist in höchstem Maß widerlich und die Grundlage jeder totalitären Regierung, sei sie nationalsozialistisch oder kommunistisch.«
    Winston Churchill
    Als Präsident George W. Bush

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