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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hatte zu Hause nicht nur als Kräuterfrau heilende Tees zubereiten, sondern auch die eine oder andere Verletzung behandeln müssen. Klara hatte ihr dabei öfter geholfen. Doch eine Kugel herauszuholen, hatte sie nicht gelernt.
    Sie atmete tief durch, öffnete den Kasten und starrte die verschiedenen Zangen, Skalpelle, Lanzetten und die Säge an, die darin lagen. Welches Werkzeug zu welchem Zweck diente, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Ihr Blick wanderte wieder zu dem Verletzten. Die Wunde blutete nicht, aber sie roch schlecht.
    »Wenn der Brand hineingekommen ist, kann ich nichts mehr für ihn tun«, sagte sie und befahl, Seife, eine Schüssel und einen sauberen Lappen zu holen.
    »Außerdem brauche ich heißes Wasser – viel heißes Wasser! Dazu einen Tisch oder ein paar Schemel, auf die ich etwas stellen kann!«
    Der Leutnant trat sofort zum Zelteingang und rief einigen Soldaten zu, das Verlangte zu bringen.
    »Du musst schnell sein, denn uns bleibt nicht viel Zeit. Unser Trupp müsste längst am Rhein stehen!«
    »Ihr habt wohl Angst, dass man euch angreift!«, erwiderte Klara hämisch.
    »Wir haben Nachricht, dass der Friedensschluss kurz bevorsteht. Daher wird sich uns kein reguläres Regiment mehr in den Weg stellen. Aber es haben sich Freischaren gebildet, die sich jedem Befehl, Frieden zu halten, widersetzen werden. Wenn es dann zum Kampf kommt, werden sich wahrscheinlich auch die Soldaten der umliegenden Garnisonen einmischen, und das würde den Frieden gefährden. Solch eine Entwicklung aber wäre nicht im Sinne Seiner Majestät, Roi Louis Quatorze.«
    Klara spürte den Zwiespalt, in dem de Matthieux und die anderen Offiziere steckten. Um die Befehle ihres Königs zu befolgen, hätten sie diesen Landstrich längst räumen müssen. Ihr Oberst war jedoch zu schwer verwundet, um den Transport zu überstehen. Daher hatten sie sich entschlossen, zu bleiben und alles zu tun, um den Edelmann zu retten. Diese Treue rührte sie. Dann aber dachte sie an die niedergebrannten Dörfer, die sie unterwegs passiert hatte, und sagte sich, dass de Thornés Tod die richtige Strafe für dieses Gesindel wäre.
    Ein Soldat brachte das heiße Wasser, ein anderer eine Schüssel und einen Lappen, und zwei stellten Schemel bereit, auf die sie alles stellen konnte. Dann zogen die Männer sich zurück. Nur zwei Soldaten und einige jüngere Offiziere blieben und verfolgten mit den Händen an ihren Waffen alles, was die Wanderapothekerin tat.
    Klara säuberte sich gründlich die Hände, mischte dann eines ihrer Elixiere, das durch seinen Anteil an Beinwell, Ringelblume und Ruprechtkraut gegen Entzündungen und blutende Wunden half, in etwas Wasser und wusch die Verletzung aus. Schließlich nahm sie ein Skalpell zu Hilfe, um den Wundkanal wieder zu öffnen. Dabei stellte sie fest, dass die Kugel unter einer Rippe genau über dem Herz steckte. Das Geschoss hatte weder die Lunge noch eines der großen Gefäße verletzt, aber eine Entzündung an dieser Stelle konnte schnell zum Tod führen.
    Der Oberst biss vor Schmerzen die Zähne so zusammen, dass sie knirschten und die Wangenmuskeln sich verkrampften. Klara sah ihn kurz an und winkte Martha heran.
    »Du musst mir helfen! Steck ihm ein Stück Leder oder Holz in den Mund, sonst beißt er sich noch die Zähne aus!«
    Martha drehte sich um und fuhr den Leutnant an. »Hast du nicht gehört?«
    Während der Mann eilig hinauslief, goss Klara ein wenig von dem Elixier, das Rumold Just aus orientalischem Mohnsaft zubereitet hatte, in ein Glas, forderte einen der jüngeren Offiziere auf, es mit Wasser aufzufüllen, und reichte es dem Grafen.
    »Trinkt! Es nimmt Euch ein wenig die Schmerzen.«
    »Die Kleine versteht wirklich etwas!«, murmelte der Dragoner, der Klara hierhergebracht hatte.
    Sie musste dem Oberst den Trank einflößen, da er nicht in der Lage war, sich aufzurichten. Dabei hoffte sie, dass sie nicht zu viel von dem Mittel genommen hatte. Laut Justs Anweisung könnte das zum Tode führen. Sie hatte jedoch nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Nachdem die Wunde wieder offen und ausgewaschen war, nahm sie eine Zange mit langen Backen, die ganz vorne zwei löffelartige Enden besaß, und schob sie in die Wunde.
    Trotz seiner Betäubung schrie der Graf gellend auf. Sofort schien der Hauptmann ihr in den Arm fallen zu wollen, doch Leutnant de Matthieux hielt ihn zurück.
    »Lass sie! Wenn die Kugel nicht entfernt wird, stirbt der Comte.«
    Klara schwitzte Wasser und Blut, und sie

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