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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Stamm gefallen«, erklärte Alois Schneidt spöttisch.
    Einige Gäste, die ihn und Klaras Vater gekannt hatten, lachten. Die Wirtin hingegen maß Klara mit einem kalten Blick. »Sie wird aber nicht draußen unter dem Vordach schlafen wie die Huren. Ihr Vater hat denen zwar nichts zu verdienen gegeben, aber man würde sie dort gewiss belästigen.«
    Klara schrumpfte ein wenig, als sie hörte, wie schlecht ihr Vater hier angesehen war. Dann aber sagte sie sich, dass jemand, der nur einen Krug Bier trank und ein wenig Eintopf aß und dann billig unter dem Vordach nächtigte, bei keinem Wirt in hohen Ehren stand. Sie erhielt einen kleinen Krug Bier und eine Schüssel Gemüseeintopf mit Fleischeinlage. Diese stammte, wie sie nach dem ersten Bissen feststellte, von einem sehr alten Huhn. Ein Trinkgeld, dachte sie, hatte die Wirtin sich mit diesem zähen Eintopf nicht verdient.
    Während Klara aß, beobachtete Tobias sie. Er war sich noch immer nicht im Klaren darüber, was er von ihr halten sollte. Zwar war sie mutig und geschickt, doch er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie sich als Wanderapothekerin würde durchsetzen können. Dafür brauchte es kräftige Ellbogen, und die hatte eine Frau im Gegensatz zu Männern nur selten. Auch er trank einen Krug Bier und aß eine dicke Scheibe Braten. Kurz erwog er, Klara ein Stück anzubieten. Aber so, wie er sie kannte, würde sie ablehnen und ihn vor allen Leuten wie einen Trottel dastehen lassen.
    »Es wird Zeit, dass sie ihren Starrsinn ablegt«, murmelte er und sah dann erschrocken auf, weil er fürchtete, sie könnte es gehört haben. Klara kämpfte jedoch gerade mit einem besonders zähen Stück Hühnerfleisch, zudem war der Lärmpegel in der Gaststube zu hoch, um die leisen Worte verstehen zu können.
    »Ich werde morgen in aller Frühe aufbrechen«, erklärte Alois Schneidt, während er die verbliebene Bratensoße mit einem Stück Brot vom Servierbrett aufwischte.
    »Du und früh aufbrechen!«, spottete die Wirtin. »Vor der neunten Stunde bist du selten fort, während dein Bruder meist bei Tau und Tag aufgebrochen ist und nicht einmal mehr die Morgensuppe bei mir gegessen hat.«
    Wenn die Morgensuppe genauso schmeckt wie der Eintopf, kann ich Vater verstehen, dachte Klara und spürte, wie die Tränen in ihr aufsteigen wollten. Seit anderthalb Jahren wurde ihr Vater vermisst, seit einem halben Jahr ihr Bruder. Nun klammerte sie sich an die Hoffnung, man könnte beide zu den Soldaten gezwungen haben. Der Franzosenkönig Ludwig sollte, wie sie gehört hatte, Krieg gegen das Reich führen, und Kaiser Karl – der sechste seines Namens – brauchte immer mehr Soldaten, um dem Feind widerstehen zu können.
    Ihre betrübte Miene rührte Tobias, und er fragte sich, ob er ihr nicht doch beistehen sollte, ihre Aufgabe zu bewältigen. Zwar glaubte sein Vater, Klara würde bereits nach wenigen Tagen begreifen, dass sie als Wanderapothekerin ungeeignet war, und nach Hause zurückkehren. Doch der Gedanke, dass sie sich dann als nutzlos und gescheitert ansehen würde, gefiel ihm ganz und gar nicht.
    »Du musst morgen in aller Frühe zum Markt gehen, damit du einen guten Platz findest«, sagte er zu ihr, um ihr Grübeln zu beenden.
    Während Klara nickte, holte ihr Onkel mit einer raumgreifenden Geste aus. »Der Frühjahrsmarkt hier hat mir stets gute Einnahmen beschert. Meinem Bruder ging es, wenn er an der Reihe war, nicht anders. Die erste und die letzte Stadt sind die einzigen Orte, die wir uns auf unseren Strecken geteilt haben. Wenn der eine hier anfing, konnte der andere seine Sachen auf dem Markt in Gernsbach verkaufen. Wenn mein Bruder noch Reste übrig hatte, übergab er sie mir, und ich konnte sie dort loswerden. Keiner von uns musste je auch nur ein einziges Salbentöpfchen mit nach Hause zurückbringen.«
    Alois Schneidt verschwieg, dass sein Bruder unterwegs so gut wie alles verkauft hatte und dessen Reff in den jeweiligen Marktstädten leer gewesen war. Er hingegen hatte immer genug übrig behalten, um es dem Bruder für die Märkte zu übergeben. Ärgerlich für ihn war nur gewesen, dass er dem Bruder dafür die Hälfte des Gewinns hatte überlassen müssen.
    Klara kannte die Geschichte von der Warte ihres Vaters aus und zog eine verächtliche Miene. Auch wenn ihr Onkel nun sein Geschick als Wanderapotheker kräftig herausstrich, so hatte er doch stets im Schatten ihres Vaters gestanden. Mit dem festen Vorsatz, diesem nachzueifern, lehnte sie sich

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