Die Wanderapothekerin 3: Hexenjagd (German Edition)
Prankenhieb das Kreuz brechen.«
»Deshalb zieht Ihr auch das Donnerrohr einem Jagdspieß vor?« So ganz hatte Gontzau die Bemerkung mit der vollen Hose nicht verziehen und versuchte nun seinerseits zu spotten.
Seine Worte glitten jedoch an Teck ab wie ein Sommerregen. »Mit meiner Flinte habe ich schon so manchen armen Kerl davor bewahrt, das Opfer eines Bären zu werden. So ist es auch im Sinn meines Herrn, des Grafen Leinigen. Er wünscht, dass seine Jagdgäste beim Umtrunk danach noch vollzählig sind. Ich bekam die Flinte von Leinigen, weil ihre Anwendung kühles Blut verlangt. Es bringt nichts, wenn man statt dem Bären einem der Jäger oder Treiber eine Kugel aufbrennt.«
Karl von Teck lachte über seine eigenen Worte, doch Tobias und Ernst Wilhelm von Gontzau spürten die Verantwortung, die Graf Leinigen seinem Hofjäger damit aufgeladen hatte.
»Ich freue mich, dass Ihr mitkommt«, erklärte Gontzau und streckte dem anderen die Hand hin.
Teck ergriff sie fröhlich grinsend. »Das ist ein Wort! Aber um einen Bären zu stellen, braucht man wackere Jagdkameraden. Ihr scheint mir einer zu sein, und unser Jüngelchen biegen wir auch noch hin.«
»Das tun wir!«, erklärte Gontzau mit einem Seitenblick auf Tobias, der sich mit einem verkrampften Lächeln ankleidete.
»Ich werde alles tun, um kein Hindernis für Euch zu sein«, versprach der junge Mann, tauchte die Hände kurz in das Waschwasser und tupfte sein Gesicht ab.
»Wir können jetzt frühstücken«, meinte er dann.
»Dagegen haben wir nichts!« Karl von Teck lachte erneut, nahm dann seine Flinte und trug sie vorsichtig hinaus.
Tobias und Gontzau folgten ihm, Ersterer mit zwei gewöhnlichen Spießen, der andere mit einem, dessen Spitze so scharf geschliffen war, dass er sich damit hätte rasieren können.
Das Frühstück im
Goldenen Hirsch
war reichhaltig und schmeckte so gut, dass Tobias für einige Zeit den Bären vergaß. Dann aber dachte er an Klara und hoffte, dass der Kerkermeister sein Versprechen wahr machen und die gefangenen Mädchen besser versorgen würde als nur mit Wasser und Brot.
Gut mit Mundvorrat ausgestattet, brachen sie schließlich auf. Karl von Teck und Ernst Wilhelm von Gontzau wirkten dabei so munter, als ritten sie zum Tanz und nicht zu einer gefährlichen Jagd. Damit hoben sie auch Tobias’ Stimmung, und so konnte er über ihre Scherze herzhaft lachen. Seine beiden Begleiter interessierten sich aber auch für das Gewerbe eines Laboranten und nickten zustimmend, wenn er die eine oder andere Pflanze nannte, die sein Vater und er für Arzneien verwendeten.
»Bei der Jagd kommt es auch immer wieder zu Verletzungen, und da ist man um jede Salbe und jede Tinktur froh, die wirklich hilft«, erklärte Karl von Teck.
Wie es aussah, oblag ihm nicht nur der Schutz der Jagdgäste seines Herrn, sondern auch die Versorgung ihrer Wunden. Diese stammten eher selten von wilden Tieren. Ein ins Gesicht schnellender Ast, die scharfe Spitze eines abgebrochenen Zweiges oder ein Sturz vom Pferd kamen seinen Worten zufolge weitaus häufiger vor als der Biss eines Wolfes oder der Prankenhieb eines Bären.
»Aber auch bei der Konfrontation mit der Jagdbeute kann es zu Verletzungen kommen. Ein in die Enge getriebener Eber weiß seine Hauer zu gebrauchen, und die Stange eines Hirschs ist nicht weniger gefährlich als ein Spieß. Solange ein Jäger im Sattel sitzt, trifft es vor allem das Pferd. Aber ich habe auch schon Hirsche gesehen, die einen Reiter mit ihrem Geweih aus dem Sattel geholt haben. Wenn dabei drei oder vier Enden ins Fleisch dringen, ist das kein schöner Anblick«, fuhr Teck mit seinen Erläuterungen fort.
»Wir sollten von anderen Dingen reden, sonst verliert unser Freund noch den Mut«, warf Ernst Wilhelm von Gontzau lachend ein.
»Das tue ich nicht!«, widersprach Tobias. »Ich muss diesen Bären erlegen, sonst verurteilen sie Klara noch als Hexe, und mit dieser Nachricht kann ich nicht in meine Heimat zurückkehren. Sie ist die einzige Ernährerin ihrer Mutter und ihrer Geschwister, außerdem steht sie in der Gunst des Fürsten.«
»Wohl wegen außergewöhnlicher Dienste?«, fragte Karl von Teck anzüglich.
Tobias schüttelte empört den Kopf. »Nein! Sie hat einen wüsten Mörder und Mädchenschänder überführt.«
»Das musst du uns erzählen!«, forderte Karl von Teck ihn auf.
Froh, von etwas anderem reden zu können als von der Jagd, erzählte Tobias ihnen die Geschichte, wie Klara von dem Köhler Görch
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