Die Wanderapothekerin 3: Hexenjagd (German Edition)
fast noch länger war als er selbst, und präsentierte sie den anderen.
»Das ist eine ausgezeichnete Arbeit!«, lobte der jüngere Mann. »Aber Ihr müsst über ein scharfes Auge und eine ruhige Hand verfügen, um einen Bären damit auf den ersten Schuss zu treffen.«
Die Tatsache, dass er den anderen trotz dessen Adelstitels wie einen Kameraden von gleich zu gleich ansprach, bewies Tobias, dass auch der Jüngere ein Herr von Stand war. Die beiden werden sich kaum mit einem Bürgerlichen wie mir abgeben, dachte er seufzend und musterte die übrigen Gäste. Von denen sah jedoch keiner so aus, als würde er sich nach einem Abenteuer sehnen, wie er es mutigen Männern bieten konnte. Daher wartete er noch ein wenig und lauschte dem Gespräch, das Karl von Teck und der jüngere Jäger führten.
»Ich persönlich ziehe den Jagdspieß vor, denn es ist edler, ein Tier auf mannhafte Weise zu töten«, sagte dieser gerade. »Doch wenn man einem Bären allein gegenübersteht, mag eine Flinte gelten!«
Karl von Teck warf ihm einen zornigen Blick zu. »Jüngelchen, findet Ihr nicht, dass Ihr arg keck daherredet? Ich habe schon Bären mit dem Hirschfänger niedergestochen, als Ihr noch an den Brüsten Eurer Amme genuckelt habt! Erzählt mir nicht, was bei einer Jagd mannhaft ist und was nicht.«
»Ich wollte Euch nicht zu nahe treten«, antwortete der Bursche lächelnd. »Erlaube, dass ich mich vorstelle. Ich bin Ernst Wilhelm von Gontzau und habe mit dreizehn Jahren meinen ersten Bären erlegt.«
»Mit dreizehn erst? Ich war noch keine zehn!«, trumpfte Karl von Teck auf.
»Mit dem Jagdmesser!«, konterte Ernst Wilhelm von Gontzau gelassen.
Ein Wettstreit schien sich anzubahnen, bei dem beide Herren sich mit ihren Taten gegenseitig überflügeln wollten. Als es begann, ins Lächerliche abzugleiten, stand Tobias auf, trat zu ihnen und hob seinen Becher.
»Ich freue mich, zwei so gewaltige Söhne Nimrods kennenlernen zu dürfen. Ihr habt ja große Taten vollbracht. Aber ich glaube nicht, dass Ihr dem Bären von Güssberg gewachsen seid!«
Karl von Teck hatte eben trinken wollen, verschluckte sich jetzt aber und hustete zum Erbarmen. Hilfsbereit klopfte Tobias ihm auf die Schulter.
»Geht es nun besser?«, fragte er, als der andere nicht mehr ganz so schlimm japste.
»Was hast du gesagt? Ich hätte Angst vor einem Bären?« Karl von Teck stand auf und legte Tobias die Hände auf die Schultern. Gleichzeitig drückte er diesen kräftig nach unten.
Nur mit Mühe gelang es Tobias, auf den Beinen zu bleiben. Trotzdem rang er sich ein Lächeln ab. »Ich sagte nicht, dass Ihr Angst hättet, sondern nur, dass Ihr dem Güssberger Bären nicht gewachsen seid. Der hat nämlich bereits mehrere Jäger des Grafen umgebracht.«
»Dann waren es dumme Kerle. Ein Karl von Teck erlegt jeden Bären, den er erlegen will!«
Zu Tobias’ Erleichterung lockerte der Mann nun seinen Griff und wies auf den Platz neben sich. »Setz dich, Bursche, und erzähle mir mehr über diesen Bären.«
»Mir auch!«, forderte Ernst Wilhelm von Gontzau Tobias auf. »Dieser Bär käme mir gerade recht, um diesem hier zu zeigen, wer der kühnere Jäger ist!«
Die beiden hatten angebissen, das spürte Tobias. Nun konnte er nur hoffen, dass sie auch hielten, was sie versprachen, und nicht nur simple Maulhelden waren. Doch welche Wahl hatte er? Um einen großen Trupp an Jägern anzuheuern, fehlte ihm das Geld.
»Also, was ist mit dem Bären?«, fragte Karl von Teck.
»Er soll riesig sein und trägt ein weißes Abzeichen über der Schnauze. Deshalb halten die Leute in Güssberg ihn für einen Geisterbären. Er hat dort etliche Schafe gerissen und später drei Jagdknechte getötet.«
»Das sagtest du schon«, warf Gontzau ein.
Tobias nickte und berichtete nun das, was er unterwegs erfahren hatte. Bei der Erwähnung des Namens Benno von Güssberg verzog Karl von Teck das Gesicht.
»Diesen Mann habe ich einmal auf der Jagd in den Forsten meines Herrn erlebt. Damals ging es auf Wölfe. Der Kerl hat sich sehr betont im Hintergrund gehalten, tat aber hinterher so, als hätte er die Meute ganz alleine zur Strecke gebracht.«
»Dieser Graf Benno wollte eine Frau dem Bären zum Fraß vorwerfen?« Ernst Wilhelm von Gontzau konnte dies kaum glauben.
Doch als Tobias ihm den Rest der Geschichte erzählte, klopfte er gegen den Hirschfänger an seiner Seite. »Das ist eine üble Tat für einen Edelmann, zeigt aber auch dessen Feigheit, von der Ihr, Freund Teck, bereits
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