Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)
sich von Bolland ausgeliehen hatte, und zwinkerte Martha unternehmungslustig zu. »Das dort ist der angebliche Doktor Melampus aus Kronach, von dem ich dir erzählt habe«, raunte sie der Freundin ins Ohr.
»Dem werden wir einheizen, das verspreche ich dir!«, antwortete Martha mit einem Lächeln, das nur eine sehr naive Person freundlich genannt hätte. Sie half Klara, alles so weit herzurichten, nicht ohne die ersten Marktbesucher im Blick zu behalten.
Sofort begann der Theriak-Händler, sein Gebräu mit lauter Stimme anzupreisen. Klara und Martha schwiegen, bis sich eine Handvoll Neugieriger um den Theriak-Stand versammelt hatten und probierten.
»Der Theriak mundet ausgezeichnet! Wenn alle Medizin so schmecken würde, könnten die Apotheker sich vor Kundschaft nicht mehr retten«, rief ein Mann begeistert.
Obwohl er seinen guten Rock trug, hingen an diesem ein paar Hobelspäne und brachten Martha auf die richtige Spur. Sie ging auf ihn zu und sprach ihn an.
»Ihr seid gewiss ein guter Tischler, nicht wahr?«
»Das will ich meinen!«, antwortete der Mann mit einem gewissen Stolz.
»Darf ich Euch etwas fragen?«, fuhr Martha fort.
»Nur zu!«
»Wenn Ihr in Eurer Werkstatt steht und einen Tisch fertigt, so verwendet Ihr doch gewiss verschiedene Werkzeuge.«
»Aber natürlich!«, antwortete der Tischler. »Ich benötige eine normale Säge, eine Gehrungssäge, Bohrer, Hobel, Stemmeisen und noch einiges andere.«
»Dann wundert es mich, dass Ihr glaubt, alle Krankheiten des Körpers mit einem einzigen Mittel heilen zu können! Für einen Schnitt oder einen Riss braucht man eine andere Arznei als für einen schmerzenden Magen oder Atemnot in der Brust.« Martha lächelte sanft und wies dabei auf den Theriak. »Ich will diesem Likör nicht absprechen, dass er bei einer oder zwei Krankheiten ein wenig hilft, doch könnt Ihr ihn weder auf eine Wunde schmieren noch schmerzende Glieder damit einreiben.«
»Da hast du recht!«, stimmte ihr der Tischler zu und ging unwillkürlich zu Klaras Stand weiter. »Mich plagt gelegentlich ein Reißen in der Schulter. Hast du etwas dagegen?«
Klara nickte eifrig. »Da habe ich den ägyptischen Lebensbalsam oder diese Essenz hier, die man ebenfalls einreiben kann! Wenn Ihr probieren wollt?«
»Lasst das lieber! Das ist doch nur der Brei von Kraut und Rüben«, bellte der Theriak-Händler, doch der Tischler kümmerte sich nicht um ihn.
Nun sammelten sich auch andere um Klaras Stand und ließen sich von dieser ihre Arzneien erklären. Sie kauften einiges, und so nahm Klara ein hübsches Sümmchen ein, das ihrer Tante und ihrer Cousine helfen konnte, mit einer gewissen Sparsamkeit den Winter zu überstehen.
Der Theriak-Händler gab sich nicht geschlagen, sondern hetzte gegen sie und spottete über ihre Salben und Tränke. Da drehte sich Klara zu ihm um und wies mit dem rechten Zeigefinger auf ihn.
»Du preist ein angebliches Wundermittel an. Ich hingegen verkaufe Arzneien, die, so Gott will, den Kranken helfen können. Diese Essenz aus Kamille, Pfefferminze, Anis und Bibernelle hilft bei anhaltendem Husten, diese hier gegen den Durchfall bei kleinen Kindern, diese Salbe gegen unreine Haut …«
»Gegen unreine Haut? Die muss ich haben!«, rief eine junge Frau mit etlichen Pusteln im Gesicht.
Auch andere Frauen wollten von dieser Salbe, und so wurde der Topf rasch leer.
Während Klara sich vor Kundschaft kaum retten konnte, kaufte nun nur noch gelegentlich jemand ein kleines Fläschchen Theriak. Klara hielt sich nicht für nachtragend, freute sich aber über das dumme Gesicht, das der Theriak-Händler nun zog. Seine ganze Frechheit war verflogen, und er flehte die Menschen, die von ihr kamen, förmlich an, auch ihm etwas abzukaufen. Der Tischler tat es, weil, wie er sagte, der Theriak gut schmecken würde. Mehr Geld aber gab er bei Klara aus. Zuletzt kam sogar der Apotheker zu ihr, um an einigen ihrer Mittel zu riechen.
»Ein paar Arzneien könnte ich sogar für meine Apotheke brauchen«, meinte er. »Ich habe bereits mit Herrn Tobias Just gesprochen. Er will mir eine Kiste zukommen lassen.«
»Das wird er auch tun!«, versprach Klara, überwältigt von ihrem Erfolg.
Da sie diesen zu einem gewissen Teil Martha zuschrieb, beschloss sie, ein Viertel des hier erzielten Gewinns der Freundin zu geben. So sehr lag ihr die Verwandtschaft nicht am Herzen, zumal die Summe, die für diese blieb, immer noch weit über jener lag, die nach den Worten ihres Vaters auf diesem Markt
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