Die Wanderhure
vorzubreiten. Man wollte gleichzeitig auch das Weihnachtsfest nachfeiern, das durch den Verrat des Bürggeners und die Geburt des Kindes beinahe unbemerkt verstrichen war.
Auch wenn es bis zur Taufe noch einige Wochen hin war, sah es zunächst nicht so aus, als würde man mit den Vorbereitungen rechtzeitig fertig. Aber als Frau Mechthild sich so weit erholt hatte, dass sie das Bett verlassen konnte, und das Heft wieder in die Hand nahm, ging ein Ruck durch das Gesinde. Die Knechteund Mägde lachten und scherzten trotz der harten Arbeit, und sogar die Soldaten langten beherzt zu, obwohl sie sich sonst zu gut für Knechtsarbeit dünkten. Frau Mechthild entgalt es ihnen mit viel Lob und ein paar Krügen Wein.
Der Januar verging, und der Festtag des heiligen Blasius mit der Lichtmessfeier kam heran. Da Bruder Jodokus verschollen blieb, hielt der Abt von St. Ottilien die Messe ab. Wie versprochen war Adalwig früh genug erschienen, um die Vorbereitungen zur Taufe in der Kapelle zu überwachen. Der Abt war ein guter Freund Ritter Dietmars und ein entschiedener Gegner des Keilburgers. Zwar bedrohte Graf Konrad das Kloster nicht direkt, doch er hatte bereits zweimal Grundstücke an sich gebracht, die von ihren früheren Besitzern der Abtei zugedacht gewesen waren. Die übrigen Gäste und das Gesinde nahmen schon an, Ritter Dietmar hätte ihn als Paten für seinen Sohn ausersehen. Doch Lichtmess ging vorüber, ohne dass der Abt den Taufsegen sprach. Zu aller Verwunderung ließ Ritter Dietmar das Fest verschieben und entschuldigte sich bei seinen Gästen mit dem Ausbleiben eines weiteren, wichtigen Gastes. Aber er sagte nicht, wen er erwartete.
Zwei Tage später meldete der Türmer einen größeren Reitertrupp, der sich der Burg näherte. Hartmut von Treilenburg und einige andere Herren fürchteten eine Hinterlist des Keilburgers und riefen ihre Männer zu den Waffen. Doch Ritter Dietmar beruhigte sie und gebot, die Burgtore weit zu öffnen. Im Festgewand, nur durch einen wollenen Mantel mit Fuchsbesatz gegen die beißende Kälte geschützt, trat er in den Burghof hinaus, um die neuen Gäste zu begrüßen. Frau Mechthild schloss sich ihm an und brachte eine Magd mit, die eine Kanne warmen Würzwein und etliche Becher für die Neuankömmlinge bereithielt. »Täusche ich mich, oder ist das das Wappen des Grafen von Württemberg?«, rief ein Gast verwundert aus, der nicht weit von Marie entfernt stand.
Der Mann hatte richtig gesehen. Das Banner zeigte den springenden Hirsch von Württemberg. Als die Reiter näher kamen, sah man, dass sie Schaffellüberzieher über den Mänteln trugen, um sich gegen die Kälte zu schützen. Die Pferde hatte man in Decken gehüllt und ihnen teilweise sogar die Beine bandagiert. Den Männern hing Eis an den Bärten, und aus den Nüstern der Pferde stoben weiße Wolken.
»Ritter Dietmar muss hoch in der Gunst des Grafen Eberhard stehen, wenn dieser mitten im Winter die lange Reise von Stuttgart hierher unternimmt«, raunte ein Gast Hartmut von Treilenburg zu. Dieser nickte mit offenem Mund, aber seine Miene drückte auch Zweifel aus, als wisse er noch nicht, was er von dem Ganzen halten sollte.
Graf Eberhard ritt durch das Tor und hielt sein Pferd vor dem Burgherrn und dessen Gemahlin an. Sofort eilten zwei Knechte zu ihm, um ihm aus dem Sattel zu helfen. Das war auch nötig, denn der Württemberger war trotz der Felle und seines pelzbesetzten Mantels steif gefroren. Dankbar nahm er den dampfenden Becher mit Würzwein entgegen, den Frau Mechthild ihm reichte, und trank ihn bis auf den Grund leer.
»Das tut gut«, sagte er dann, während die Magd seine Begleiter mit dem wärmenden Trunk versorgte. Graf Eberhard klopfte sich die Schneereste von seiner Kleidung, zog die Handschuhe aus und reichte Ritter Dietmar die Hand.
»Meinen Glückwunsch zu Eurem Sohn, Herr von Arnstein. In der heutigen Zeit kann man nicht genug wackere Burschen haben.«
»Ich danke Euch für Euer Kommen, Herr von Württemberg.«
Ritter Dietmar klang erleichtert, weil ihn der Graf als Gleichrangigen behandelte. Der bittere Kelch der Vasallenschaft, den Degenhard von Steinzell bei dem Habsburger Friedrich bis zur Neige würde austrinken müssen, schien an ihm vorüberzugehen. Auch Hartmut von Treilenburg empfand das so, denn sein finsteresGesicht hellte sich von einem Augenblick zum anderen auf. Er ging dem Württemberger entgegen und ergriff dessen ausgestreckte Hand. »Es freut mich sehr, Euch zu sehen, Graf
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