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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Eberhard.«
    »Ich fühle mich geehrt, als Gast geladen worden zu sein«, erklärte der Württemberger mit einem raschen Blick über den inneren Aufbau der wehrhaften Burg. Was er sah, schien ihm zu gefallen, denn er klopfte dem Arnsteiner anerkennend auf die Schulter und ließ sich von ihm in den Wohnturm führen. Hier halfen die Knechte ihm und seinen Gefolgsleuten aus den Überwürfen und den schweren Wintermänteln.
    Jetzt konnte Marie sehen, dass der Württemberger groß und breit gewachsen war und im Gegensatz zu vielen anderen in seinem Alter – Marie schätzte ihn auf Mitte vierzig – schlank geblieben war. Sein Gesicht wurde von einem dunkelblonden Bart umrahmt, der sich bereits grau färbte, und seine Augen blickten mit einer scheinbar durch nichts zu erschütternden Fröhlichkeit in die Welt. Sein Wams war in Schwarz und Gold gehalten, den Farben Württembergs, wobei das Gold etwas verwaschen wirkte und Marie zu ihrem Vergnügen an das Gelb ihrer Hurenbänder erinnerte. Die Hosen des Grafen waren von dunkelblauer Farbe und die Schamkapsel in einer Weise ausgepolstert, als hinge sein Rang als einer der hohen Herren im Herzogtum Schwaben davon ab.
    Im großen Saal war alles für die Gäste vorbereitet. Die Mägde schleppten bereits das Essen herbei, da der Graf und seine Begleiter nach diesem langen Weg durch die Kälte hungrig waren. Auch Marie musste beim Auftischen helfen, bis Frau Mechthild sie zu sich winkte.
    »Lass die Mägde arbeiten und setze dich neben mich. Ich sehe dir doch an, dass du vor Neugier fast vergehst. Außerdem habe ich eine Aufgabe für dich.« Die Burgherrin klang so fröhlich wie schon lange nicht mehr.
    Marie ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie stellte die Schüssel mit dem Schweinebraten, die sie gerade in Händen hielt, vor dem Württemberger auf den Tisch, band ihre Schürze ab, reichte sie einer Magd und nahm auf dem ihr zugewiesenen Hocker Platz. Hiltrud, die ebenfalls an der Tafel bediente, sah verwundert zu ihr herüber.
    Auch der Württemberger musterte sie interessiert, beugte sich vor und zupfte sie am Ärmel. »Du bist ein verdammt hübsches Frauenzimmer. Wie darf ich dich nennen?«
    »Das ist Marie. Sie ist eine Hübschlerin und wird sich um Eure Bedürfnisse kümmern, wenn Ihr dies wünscht«, antwortete Frau Mechthild an Maries Stelle.
    Graf Eberhards Augen leuchteten begehrlich auf, und Marie wurde klar, dass sie noch vor dem Abend in seinem Bett liegen würde. Einen Augenblick ärgerte sie sich, denn sie hatte nicht erwartet, von Frau Mechthild wie ein Geldstück behandelt zu werden, das man an den Nächsten weiterreichte, wenn man etwas dafür kaufen konnte. Dann lachte sie innerlich über ihre Naivität. Man hatte sie als Hure hierher gerufen, warum sollte man sie auf einmal anders behandeln?
    So schlimm traf es sie ja nicht, denn der Graf von Württemberg war ein angenehmerer Gast als Philipp von Steinzell, und er stank nicht so wie Jodokus. Außerdem war er ein Feind Konrads von Keilburg. Sie hatte inzwischen gelernt, dass sie sich keinen Illusionen hingeben durfte. Die hohen Herren taten nur dann etwas für andere, wenn es auch ihrem eigenen Nutzen diente. Einen Vorteil hatte das Arrangement für sie – sie durfte in Graf Eberhards Nähe bleiben und bekam alles mit, was er mit Ritter Dietmar und Frau Mechthild sprach.
    Während sie die Ohren spitzte, rief sie sich ins Gedächtnis, was sie über Graf Eberhard von Württemberg wusste. Mit dem Habsburger Friedrich, der neben seinem Stammland Tirol auch über Vorderösterreich gebot und im Elsass große Besitzungensein Eigen nannte, dem Markgrafen Bernhard von Baden und Konrad von Keilburg gehörte Graf Eberhard zu den mächtigsten und einflussreichsten Herren im alten Herzogtum Schwaben, dessen Titel seit dem Tod des letzten Staufers vakant geblieben war. Keinem der hohen Herren im Schwabenland war es bis jetzt gelungen, den Titel und die Würde eines Herzogs für sich zu erringen und damit Macht über die anderen Adelshäuser zu gewinnen. Marie fragte sich, ob der Württemberger die Absicht hatte, nach dieser Würde zu greifen. Doch nichts von dem, was sie zu hören bekam, deutete darauf hin.
    Zunächst unterhielten sich der Graf und Ritter Dietmar über allgemeine Dinge wie den ungewöhnlich kalten Winter und das Konzil, das im nächsten Herbst beginnen sollte. Graf Eberhard würde ebenfalls daran teilnehmen und lud den Burgherrn und dessen Gemahlin ein, ihn nach Konstanz zu begleiten. Erst später, als

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